Österreich

Medikationscheck: 120 Euro pro Stunde

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Berlin -

Nicht nur in Deutschland ist die Beratung bei Patienten mit Polymedikation ein Thema. Auch in Österreich wird überlegt, wie Medikationsmanagement in Apotheken umgesetzt werden kann. Kammerpräsident Max Wellan plädiert für eine regelmäßige Überprüfung der Arzneimittel. Beim Honorar sieht er die Krankenkassen in der Pflicht und hat bereits ein konkretes Honorar im Blick.

Laut Wellan sollten Patienten, die mehr als fünf Arzneimittel einnehmen, jedes halbe Jahr von einem Apotheker beraten werden. „Das intensive Beratungsgespräch dauert etwa eine Stunde und hat einen Wert von 120 Euro“, sagte er dem Internetportal presse.com. In Wien gebe es dazu bereits Pilotprojekte. „Wir wollen, dass dies die Krankenkasse zahlt“, fordert der Kammerpräsident. In fünf bis zehn Jahren sollte der Service flächendeckend in Österreich angeboten werden.

Die größten Einsparungen, zu denen Apotheken beitragen könnten, gebe es beim Thema Polymedikation. Insbesondere bei älteren Kunden mit sehr vielen Medikamenten fielen oft Probleme an, so Wellan. Würden die Medikamente optimal miteinander abgestimmt und eine größere Therapietreue erreicht sowie Folgekosten minimiert, könnten in Österreich laut IMS Health jährlich über eine Milliarde Euro eingespart werden.

Bei fast jeder zehnten Verordnung handele es sich um Doppelverschreibungen. Das seien keine bewussten Fehler, sagt Wellan. Patienten besuchten oft mehrere Ärzte. Stelle der Apotheker fest, dass Arzneimittel nicht zueinander passten, würden die betroffenen Ärzte kontaktiert.

Wellan hatte bereits im Oktober eine Honorierung für den Medikationscheck gefordert. Dabei diente auch das Modellprojekt ARMIN in Sachsen und Thüringen als Vorbild, bei dem für den Erstaufwand 94,50 Euro und danach 21 Euro pro Patient und Quartal abgerechnet werden können. Medikationsmanagement sei eine umfassende Beratungsleistung der Apotheker, die viel Zeit und Know-how erfordere und für den Patienten bessere therapeutische Erfolge und für das Gesundheitssystem finanzielle Vorteile bringe, sagte er.

Die Kammer bildet Apotheker im Bereich Medikationsmanagement weiter. Bis Ende 2015 sollen 1000 Apotheker die Ausbildung absolviert haben. In Österreich gibt es insgesamt rund 5800 Pharmazeuten in rund 1350 Apotheken. Zusätzlich arbeiten rund 350 Apotheker in Kliniken.

Wellan hob außerdem den Stellenwert der Beratung in der Vor-Ort-Apotheke im Vergleich zu Callcentern von Versandapotheken hervor. Die persönliche Ansprache zähle mehr, sagte er gegenüber dem Portal. Eine Kollegin habe kürzlich im Nachtdienst einem Mann mit Magenschmerzen keine Arzneimittel gegeben, sondern ihn ins Krankenhaus geschickt. Dort habe man festgestellt, dass die Beschwerden ein Anzeichen für einen Herzinfarkt gewesen seien. Der Rat der Apothekerin sei lebensrettend gewesen, sagte er.

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