Verschreibungspflicht

Einmal die Pille, ich bin Zahnarzt!

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Berlin -

Kein Rezept, aber einen Arztausweis: Für den Eigenbedarf von Ärzten bedarf es keiner Verschreibung in schriftlicher Form, wenn der Mediziner mit einem Arztausweis Gewissheit über seine Approbation schafft. Am HV gibt es jedoch immer wieder Diskussionen; zum einen über die Gültigkeit des Arztausweises und zum anderen über den Verantwortungsbereich.

Verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen nur bei Vorlage einer gültigen ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Verschreibung abgegeben werden. Dabei dürfen Mediziner jedoch nur in ihrem Verantwortungsbereich rezeptieren. Dies gilt auch für den Eigenbedarf oder den „Freundschaftsdienst“ für die Familie und die netten Nachbarn. Streit am HV gibt es oftmals um hormonelle Kontrazeptiva.

Zahnärzte dürfen nur im Rahmen ihrer Approbation verordnen. Hierzu zählen jedoch keine Hormonpräparate, Antidiabetika oder Dermatika. Denn der Bereich der Dentalheilkunde umfasst lediglich Dentalpharmazeutika, Analgetika, Antibiotika, Sedativa und Rachentherapeutika, sofern es der Erkennung oder Heilung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten dient. Alle anderen Arzneimittel außerhalb der Zuständigkeit sind also tabu.

Was aber, wenn der Zahnarzt der netten Patientin in Not helfen will und doch das Kontrazeptivum zu Lasten der Kasse verordnet? Aufschluss bietet der Kommentar zu § 1 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) und § 17 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Apotheker haben eine Prüfpflicht, ob der Arzt entsprechend seiner Approbation verordnet. So handelt es sich um eine nicht gültige Verschreibung im Sinne der AMVV, wenn das Rezept von einer nicht befugten Person ausgestellt wurde. Somit darf dieses nicht beliefert werden. Beachtet die Apotheke das Verbot nicht, läuft sie Gefahr, von der Kasse retaxiert zu werden.

Gemäß § 1 Absatz 1 des Zahnheilkundegesetzes (ZHG) bedarf es einer Approbation als Zahnarzt, wenn man die Zahnheilkunde ausüben will. Die Zahnheilkunde wird wiederum nach § 1 Absatz 3 ZHG wie folgt definiert: als „berufsmäßige auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnis gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund und Kieferkrankheiten“. Somit ist das Indikationsgebiet und entsprechend der Verordnungsspielraum streng festgelegt. Das ZHG selbst zieht die Grenzen und steckt den Bereich, in dem Dentisten tätig sein dürfen. Über allem steht der Schutzgedanke der Verschreibungspflicht.

„Der Apotheker, der die Herausgabe eines Medikaments berechtigterweise verweigert, kann folglich gar nicht anders handeln. Tut er’s trotzdem, verstößt er gegen seine Berufspflichten“, schreibt die Zahnärztekammer Niedersachsen.

Fachärzte wie Kardiologen oder Orthopäden dürfen hingegen verschreibungspflichtige Arzneimittel auch außerhalb ihres Fachbereichs verordnen und für den Eigenbedarf erwerben. Pille, Dermatika oder Schilddrüsenhormone sind für Humanmediziner folglich nicht tabu.

Auch Tierärzte dürfen nur im Rahmen ihres wissenschaftlichen Gebiets verordnen. Zulässig sind auch Humanarzneimittel, wenn kein entsprechendes Tierarzneimittel im Handel ist. In der Praxis gilt: Erkennt das pharmazeutische Personal die Überschreitung des Verantwortungsbereiches, kann die Rezeptbelieferung verweigert werden.

Hebammen und Entbindungshelfer sind ebenfalls in ihrer Verordnung eingeschränkt. Für sie gelten Ausnahmeregeln für insgesamt vier Rx-Arzneimittel, die sie für ihren Beruf benötigen. Dazu zählen nicht etwa Kontrazeptiva, sondern Fenoterol zur Hemmung vorzeitiger Wehen, Lidocain zur Behandlung von Dammschnitten sowie Oxytocin und Methylergometrin zur Therapie von Nachgeburtsblutungen.

Auch Heilpraktiker dürfen verschreibungspflichtige Medikamente erwerben. Diese dürfen jedoch nur im Notfall eingesetzt werden, wenn kein Arzt schnell genug vor Ort ist. Im Koffer für den Ernstfall sind beispielsweise Dexamethason und Epinephrin zu finden, die für die Behandlung eines anaphylaktischen Schocks eingesetzt werden könnten.

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