Antidiabetika

Vildagliptin ist zurück

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Berlin -

Das orale Antidiabetikum Vildagliptin feiert als Mono- und Kombinationspräparat sein Comeback. Seit 2007 ist der Wirkstoff für den deutschen Markt zugelassen. Die Nutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) bot Novartis eine denkbar schlechte Basis für die Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband. Der Konzern nahm schließlich zum 1. Juli 2014 Galvus (Vildagliptin) und Eucreas (Vildagliptin/Metformin) vom Markt. Jetzt sind die Arzneimittel zurück.

Galvus ist zu 50 mg auf dem Markt, Eucreas ist zu zwei Wirkstärken erhältlich – 50/850 mg sowie 50/1000 mg. Die Arzneimittel sind nach der Wiedereinführung zum 15. Oktober in den Apotheken verfügbar. „Mitte 2017 nahm der Gesetzgeber eine relevante Änderung in den gesetzlichen Regelungen zum AMNOG vor“, erklärt Novartis. Dieses „positiv zu bewertende Signal seitens des Gesetzgebers“ habe Novartis zum Anlass genommen, „die Situation für Galvus/Eucreas neu zu bewerten“.

Der Konzern hat nach eigenen Angaben proaktiv die Gespräche mit den Verhandlungspartnern aufgenommen und in Zusammenarbeit mit den Krankenkassen die Möglichkeit schaffen können, Vildagliptin auch in Deutschland wieder zur Verfügung zu stellen. Zurück sind auch Jalra (Vildagliptin) und Icandra (Vildagliptin/Metformin). Die Präparate werden in Deutschland von UCB vertrieben. Das Unternehmen hatte mit Novartis 2009 eine Lizenzvereinbarung für den deutschen Markt geschlossen. Inzwischen gehören die Arzneimittel zur ausgegründeten Sparte „UCB Innere Medizin“ und somit seit Ende September nicht mehr zum belgischen Konzern. Jalra und Icandra sind seit dem 3. Dezember verfügbar. Seit Wiederaufnahme der Produktvermarktung in Deutschland habe es keine neue Nutzenbewertung gegeben.

Vildagliptin wird zur Behandlung von erwachsenen Typ-2-Diabetikern eingesetzt. Möglich sind drei verschiedene Schemata. Das Gliptin kann als Monotherapie eingesetzt werden, wenn die Patienten durch Diät und Bewegung allein nicht ausreichend therapiert sind und Metformin nicht geeignet ist. Zum anderen ist eine orale Zweifach-Kombinationstherapie mit Metformin, einem Sulfonylharnstoff oder einem Thiazolindion möglich. Die dritte Möglichkeit ist eine orale Dreifach-Kombinationstherapie mit einem Sulfonylharnstoff und Metformin. Außerdem ist eine Anwendung in Kombination mit Insulin möglich. Vildagliptin/Metformin kann allein, in Kombination mit einem Sulfonylharnstoff oder als Dreifachkombi mit einem Insulin angewendet werden.

Gliptine zählen zur Arzneiklasse der Dipeptidyl-Peptidase-4-(DPP-4)-Inhibitoren und haben eine blutzuckersenkende Eigenschaft. Die Wirkstoffe hemmen selektiv und kompetetiv DPP-4 und fördern die Insulinfreisetzung und -synthese aus den Betazellen. Zusätzlich werden die Glukose-Empfindlichkeit der Zellen verstärkt und die Aufnahme von Zucker ins Gewebe gefördert. Die Alphazellen reduzieren ihre Glucagonsekretion und die Leber vermindert ihre Glukoseproduktion. Nebenwirkungen können Harnwegsinfekte, Erkältungen oder Kopfschmerzen sein.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) konnte weder Vildagliptin noch der Kombination mit Metformin einen Zusatznutzen aussprechen. Das negative Votum bezog sich auf alle Indikationen. Als zweckmäßige Vergleichstherapie gilt die Behandlung mit einem Sulfonylharnstoff. G-BA-Chef Josef Hecken hatte 2013 jede Kritik von sich gewiesen: „Die Studienlage zu Vildagliptin war derart lückenhaft, dass eine bessere Bewertung unter Evidenzgesichtspunkten nicht vertretbar war.“

2016 folgte der nächste Schlag gegen die Gliptine. Der G-BA hatte 2013 für Saxagliptin und Sitagliptin aufgrund des geringen Risikos einer Unterzuckerung im Vergleich zu Sulfonylharnstoffen einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen gesehen. Die Entscheidung war aber nur auf drei Jahre befristet, weil Daten zum kardiovaskulären Risiko fehlten. 2016 mussten die Hersteller Langzeitdaten für die Monopräparate sowie die Kombination mit Metformin vorlegen: AstraZeneca für Onglyza und Komboglyze, MSD Sharp & Dohme für Januvia und Janumet.

Bei Saxagliptin konnte der G-BA nach eigenen Angaben aufgrund der großen Relevanz der Entwicklung einer Herzinsuffizienz bei Diabetikern keinen Zusatznutzen aussprechen. Auch für die Kombination mit Metformin gab es laut G-BA keine Studienauswertungen, die die speziellen Anwendungsvoraussetzungen der Kombinationspräparate adäquat berücksichtigten. Ein Zusatznutzen gilt daher weder für Saxagliptin/Metformin noch für Sitagliptin/Metformin als belegt.

Bei Sitagliptin als Monosubstanz gibt es dagegen keine Herabstufung. Aufgrund der Unsicherheiten bezüglich der aufgetretenen Retinopathien und noch fehlender Daten zu Hypoglykämien in der kardiovaskulären Langzeitstudie wurde der Beschluss jedoch erneut befristet.

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