Anhörung zum TSVG

BMG und Phagro: Anti-Rabatt-Allianz gegen Apotheken

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Berlin -

Das viel beschworene gemeinsame Boot von Großhandel und Apotheken könnte demnächst nur noch ein Lippenbekenntnis sein. Gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will der Phagro Rabatte und Skonti zu Lasten der Apotheken deutlich begrenzen. Dadurch können Apotheken mehrere 10.000 Euro Rohertrag pro Jahr verloren gehen. Das wurde in der gestrigen Anhörung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) im Bundesgesundheitsministerium deutlich: BMG und Phagro wollen Rabatte nur noch aus dem variablen Teil der Großhandelsmarge zulassen. ABDA, VAD, BVDAK und MVDA hielten dagegen.

Nach Angaben von Teilnehmern gab es in der Anhörung eine Diskussion über das von Spahn vorgeschlagenen Rabattverbot auf das 70 Cent-Fixum des Großhandels. „Es wird gesetzlich klargestellt, dass der pharmazeutische Großhandel bei der Arzneimittelabgabe den Festzuschlag von 70 Cent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers nach der Arzneimittelpreisverordnung zwingend aufschlagen muss und auf diesen Betrag keine Rabatte oder Skonti gewähren darf“, heißt es im Referentenentwurf. Der Phagro zeigte sich nach Angaben von Teilnehmern mit dieser Festlegung zufrieden und sieht keinen Änderungsbedarf. Die Festlegung auf die maximale Gewährung von Rabatten und Skonti aus dem 3,15 prozentigen Margenanteil sei „abschließend“.

Dem Vernehmen nach stellte das BMG in einer sich an die Anhörung anschließenden informellen Diskussionsrunde klar, dass dies auch dem politischen Willen des BMG entspreche und Rabatte wie Skonti zusammen 3,15 Prozent künftig nicht überschreiten dürfen. In der Anhörung selbst hatte sich ein BMG-Vertreter dazu nur ausweichend positioniert. In der Praxis gibt es nach Angaben von Insidern tatsächlich aber Nachlässe von in der Spitze bis zu sieben Prozent. Bezogen auf einen Rx-Umsatz von einer Millionen Euro verliert so eine Apotheke bis zu 30.000 Euro.

„Die Lage ist außerordentlich ernst“, berichtete ein Teilnehmern der Anhörung: „Das ist eine erhebliche Bedrohung für die Existenz der Vor-Ort-Apotheken. Das würde viele Apotheken treffen.“ Bereits in ihren schriftlichen Stellungnahmen hatte nicht nur die ABDA gefordert, dass handelsübliche Skonti weiter zugelassen sein müssten. Zur Vermeidung von „Fehlinterpretationen“ müsse klar sein, dass der Großhandel weiterhin Skonti einräumen könne, so die ABDA in ihrer Stellungnahme. In der Anhörung wiederholte die ABDA diese Position.

Andere Apothekergruppierungen wurden in ihren Stellungnahmen und auch im Rahmen der Anhörung deutlicher. „Die Abschaffung der marktüblichen Skonti würde den pharmazeutischen Großhandel deutlich stärken“, heißt es beispielsweise beim Bundesverband Deutscher Kooperationsapotheken (BVDAK). Denn der Großhandeln werde auch weiterhin von den Arzneimittelherstellern Rabatte und Skonti einfordern und diese auch erhalten: „Somit würden Ertragsverluste bei den Apotheken zu Ertragsgewinnen beim Großhandel führen.“

Es sei die kaufmännische Entscheidung des Großhandels, geschickt handelnden Apotheken Konditionen einzuräumen. Der Wettbewerb zwischen den Großhändlern sei sehr intensiv, dies deute aber nicht auf Marktversagen hin. Großhändler eröffneten weiterhin Niederlassungen und eroberten mit innovativen Belieferungskonzepten Marktanteile. Dies sei Ausdruck eines funktionierenden Wettbewerbs. Aufgrund der daraus resultierenden Vorteile könnten die Apotheken die Versorgung der Bevölkerung bundesweit zu einem angemessenen Qualitätsniveau sicherstellen.

Die Beschränkung von Rabatt- und Skontimöglichkeiten auf 3,15 Prozent „würde letztlich dazu führen“, dass der heute „funktionsfähige Wettbewerb zwischen den Großhändlern entfiele“. Insider sehen in darin den Versuch des Phagro, den vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verlorenen Skonti-Prozess gegen AEP im Nachgang umzukehren.

„Für die meisten Vor-Ort-Apotheken würde dies zu einer Ertragsminderung von 2 bis 3 Prozent führen“, warnt der BVDAK. Dies widerspreche dem erklärten Willen des Gesetzgebers, die Vor-Ort-Apotheken zu stärken und würde Unternehmen Vorschub leisten, die kein Interesse am Fortbestand des Fremd- und Mehrbesitzverbots hätten. BVDAK, VAD, MVDA fordern eine Streichung des entsprechenden Artikels oder hilfsweise eine Klarstellung, das Rabatte und Skonti mit Ausnahme der 70 Cent auf den Rechnungsbetrag für Rx-Arzneimittel weiterhin gewährt werden dürfen.

In Kürze dürfte die Sache klar sein: Denn das BMG drückt beim TSVG weiter aufs Tempo. Bei der Verbändeanhörung bestätigte der Abteilungsleiter Gesundheitsversorgung, Ulrich Orlowski, den eng getakteten Zeitplan. Heute haben die üblichen Bund-Länder-Gespräche zum Referentenentwurf stattgefunden. Kurzfristig soll auch die Auswertung der Verbändeanhörung durch das zuständige Referat erfolgen. In rund drei Wochen soll dann der Kabinettsentwurf vorliegen.

Der Ausgang der Rabatt- und Skonti-Frage ist auch vor den im Herbst erwarteten gesetzlichen Reglungen für den Apothekenmarkt von Bedeutung. Zusammen mit der Entscheidung über die Umsetzung des Rx-Versandverbots könnte dabei die Großhandelsmarge noch einmal aufgerufen werden. Der Phagro fordert seit Jahren eine Erhöhung des Fixum von 70 Cent auf 96 Cent. Sollte Spahn dieser Forderung nachkommen, könnte er auf der anderen Seite den variablem Margenanteil von 3,15 Prozent senken. Der GKV-Spitzenverband schlug in seiner Stellungnahme zum TSVG vor, das Fixhonorar auf 96 Cent zu erhöhen und den variablen Anteil auf 0,53 Prozent, höchstens jedoch 6,36 Euro zu begrenzen. Damit könnte sich der Rabatt- und Skontirahmen des Großhandels weiter verringern.

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