Rx-Versandverbot

ABDA-Präsident Schmidt: Windmühlen statt Mauern

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Berlin -

Eine Woche vor der entscheidenden Mitgliederversammlung hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt seine Hoffnung auf einen positiven Ausgang des Ringens um das Rx-Versandverbot offenbar aufgegeben. Die Apotheker könnten „nicht die Augen davor verschließen, dass im Laufe der Zeit die Chancen zur Umsetzung des Verbotes nicht größer, sondern geringer geworden sind. Weite Teile der Gesellschaft betrachten es als unzeitgemäß“, schrieb Schmidt an einen Apotheker. Angesichts des starken Gegenwindes müsse sich jetzt jeder entscheiden, „für den Bau einer Mauer oder die Errichtung einer Windmühle“ zu votieren.

Mehr als zwei Jahre hat sich die Apothekerschaft „mit großer Verve“ für die Wiederherstellung einheitlicher Abgabepreise bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eingesetzt. Dabei sei der ABDA stets klar gewesen, dass ein Rx-Versandhandelsverbot das beste und sicherste Mittel zur Erreichung dieses Ziels sei. An dieser Einschätzung habe sich nichts geändert.

In der Politik treffe diese Forderung aber auf „Skepsis von Grünen, FDP und SPD, aber auch weiten Teilen der CDU und sogar Protagonisten der CSU“, schreibt Schmidt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) scheue die Umsetzung des Verbotes, „eine parlamentarische Mehrheit im Gesetzgebungsprozess muss als fraglich gelten“, so der ABDA-Präsident. Und auch ein umgesetztes Verbot würde umgehend wieder vor dem EuGH landen.

Vor diesem Hintergrund habe das Bundesgesundheitsministerium der Apothekerschaft ein Angebot zur offenen Diskussion darüber gemacht, wie das Arzneimittelversorgungssystem in Zukunft gestaltet, die Präsenzapotheke abgesichert und die Rolle des Apothekers in der Gesundheitsversorgung aufgewertet werden könnten. Schmidt: „Es ist ein Gebot politischer Daseinsvorsorge, diese Diskussion zu führen und zu sehen, welche Chancen und Optionen sie für den Berufsstand beinhaltet. Wer seine Optionen nicht kennt, kann keine vernünftigen Entscheidungen treffen.“

Sich stattdessen in der politischen „Schmollecke“ zu verschanzen, hieße, seiner Verantwortung für eine gute Zukunft nicht gerecht zu werden, ist Schmidt überzeugt. Dass ein Rx-Versandverbot keine rückhaltlose Unterstützung erhalte, liege im Übrigen gar nicht daran, dass Politik und Öffentlichkeit den Wert und die Vorteile der Apotheke vor Ort nicht erkannt und verstanden hätten — im Gegenteil. In der Bevölkerung würden Apotheken heute weit mehr als früher in ihrem heilberuflichen Profil wahrgenommen und genössen mit die höchsten Vertrauenswerte aller Berufsgruppen. „Ironischerweise trägt gerade diese hohe Meinung erheblich dazu bei, dass Politik und Gesellschaft unserer Argumentation in Sachen Gleichpreisigkeit und unserer Folgenabschätzung hinsichtlich des Versandhandels in Teilen nicht folgen. Man traut uns viel zu — sogar, dass wir im Wettbewerb mit dem Versandhandel bestehen können“, so Schmidt weiter. In dieser Gemengelage, „in der uns politisch und wettbewerblich ein harter Wind entgegenbläst, müssen sich nun alle Kolleginnen und Kollegen fragen, ob sie für den Bau einer Mauer oder die Errichtung einer Windmühle votieren“.

Der mit Schmidt korrespondierende Apotheker ist mit dessen Mauer/Windmühlen-Bild nicht einverstanden: „Uns bläst kein Wind entgegen, sondern man gräbt uns das Wasser ab. Und nein, als Alternative zu einem Damm, den wir fordern, ist nicht der Bau von Wassermühlen, denn solche betreiben wir längst. Vielmehr bleibt in diesem Fall lediglich die immer weitere Absenkung des eigenen Kosten- und damit Qualitätsniveaus, damit das verbliebene Wasser (der Umsatz) weiter in unsere Richtung läuft.“ Dass die Politik und die Bevölkerung uns dermaßen großartig fände, dass Sie uns den uneingeschränkten Preiswettbewerb mit dem internationalen Versandhandel zutraue, findet der Apotheker zynisch und fragt: „Sollten wir diesem Treiben wirklich so hilflos ausgeliefert sein, wie es Ihr Schreiben vom Tenor her nahelegt?“ Sollte die Lage tatsächlich so aussichtslos sein, wie der ABDA-Präsident sie offenbar einschätze, „dann muss das schleunigst auch von der ABDA offen nach allen Seiten kommuniziert werden.“

Dann müsse im nächsten Schritt die Politik angehalten werden, die Gesellschaft für diesen Systemwechsel auch bezahlen zu lassen und einen Plan für das sozialverträgliche Ableben tausender Familienexistenzen zu entwickeln. Es könne doch nicht sein, dass einerseits betrügerische Banken vom Steuerzahler gerettet würden und andererseits kleine vollhaftende Kaufleute, die auf ein bestehendes System vertraut haben, den internationalen Finanzhaien zum Fraß vorgeworfen würden. Der Apotheker: „Mit solchen Bildern sollten Politik und Öffentlichkeit konfrontiert werden. Karabinerhaken hingegen interessieren in der Regel nur Bergsteiger.“

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