Wenn Kunden klauen

Ein niedlicher Apothekendieb

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Berlin -

Ein eingefrorenes Honorar, fiese Retaxationen und schlechte Einkaufskonditionen machen den Apothekern das Leben wirtschaftlich schwer. Und dann auch noch klauende Kunden. In einer Berliner Apotheke hat sich der Dieb freiwillig gestellt – und böse sein konnte man ihm auch nicht.

Die Kundin kam etwas verlegen in die Apotheke und legte eine Packung Bonbons auf den HV-Tisch: „Ich glaube, das gehört Ihnen.“ Ihr anderthalbjähriger Sohn hatte die Süßigkeit offenbar bei vorherigen Besuch aus dem Regal gefischt und unten im Kinderwagen versteckt. Seiner Mutter war der selbstständige Einkauf des Sohnemanns erst zu Hause aufgefallen.

„So einen niedlichen ‚Dieb‘ hatten wir wirklich noch nie“, erzählt die Filialleiterin. Da die Apotheke an recht prominenter Stelle und in Lauflage ist, wird leider auch viel geklaut. Und meistens ist das einfach nur ärgerlich, weil Schaden entsteht und die Bestände nicht stimmen.

In der Hauptstadt – und nicht nur dort – gibt es spezialisierte Banden, die mit großen Einkaufstaschen in die Apotheke kommen und in einem unbeobachteten Moment ganze Regalmeter abräumen. Selbst wenn die Angestellten etwas mitbekommen, können sie oft nichts ausrichten: Der Dieb hat zwei bis drei Komplizen vor der Tür, die das Personal einschüchtern und dann gemeinsam schnell verschwinden.

Den Angestellten bleibt in solchen Fällen meist nur, mit der Polizei zu drohen und diese auch möglichst schnell zu verständigen. Außerdem ist das Personal in dieser Berliner Apotheke angewiesen, immer mindestens zu zweit vorne zu sein.

Die Berliner Apotheke hat darauf reagiert und hochwertige Nahrungsergänzungsmittel von der Frei- in die Sichtwahl umgezogen. Hinter den HV-Tisch hat sich zumindest bislang kein Dieb gewagt. Einige Hersteller bieten den Apothekern daher Leerpackungen für die Sichtwahl an, die beim Kauf gegen Originalpräparate eingetauscht werden können.

Diesen Trick können Apotheker natürlich auch selbst vornehmen. Ein Kollege hat alle Tiegel hochwertiger Kosmetik aus den Packungen geräumt und nur noch Dummys in der Sichtwahl stehen. Weil sich leere Packungen für die Kunden nicht schön anfühlen, hat er Steine eingefüllt. Das bedeutet zwar einigen Aufwand, wenn die separat gelagerten Packungen hervorgeholt werden müssen, schützt aber zumindest vor Verlust. Und wenn doch einmal ein Kunde zugreift, kann der sich zu Hause schön ärgern.

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