Streit um Skonto

AEP-Gutachten: 70 Cent-Fixierung ist verfassungswidrig

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Berlin -

AEP sieht sein Konditionenmodell auch nach der geplanten gesetzlichen Klarstellung als gesichert an. Dazu hat der Großhändler aus Alzenau ein Rechtsgutachten anfertigen lassen. Anwalt Bernhard Koch-Heintzeler kommt zu dem Schluss, dass die Gewährung von Skonti nichts mit der Rabattsperre zu tun hat. Er hält sogar die absolute Fixierung der 70 Cent aus der Großhandelsvergütung für verfassungswidrig.

Mit dem TSVG stellt der Gesetzgeber klar, dass die Großhändler aus dem fixen Teil ihrer Vergütung in Höhe von 70 Cent keine Rabatte an die Apotheken geben dürfen. Die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) wird wie vom Bundesgerichtshof (BGH) im Skonto-Prozess angeregt, an dieser Stelle klarer formuliert. Koch-Heintzeler stellt hierzu fest: „Ob Skonti dann, wenn der Verkauf – beispielsweise infolge von Rabattgewährung – zum geringst zulässigen Preis erfolgt, gewährt werden dürfen, beantwortet der Gesetzeswortlaut nicht.“

Der Gesetzgeber hatte die Begründung des ursprünglichen Referentenentwurfs noch einmal überarbeitet. Koch-Heintzeler findet das konsequent. Denn die ursprüngliche Formulierung sei „ersichtlich falsch und damit letztlich auch missverständlich“ gewesen. Ursprünglich hatte es geheißen, „dass der Großhandel den Festzuschlag von 0,70 Euro auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens zwingend aufschlagen muss und auf diesen Betrag keine Rabatte oder Skonti gewähren kann“. Erkennbar falsch laut Koch-Heintzeler schon deshalb, weil die Rabatte ja gar nicht auf die 70 Cent gewährt würden, sondern auf den Abgabepreis zu Lasten des Fixums.

Schwerer wiegt dem Anwalt zufolge aber das Missverständnis, dass in dieser Formulierung Rabatt und Skonto gleichgesetzt würden. „Es ist aber unbestreitbar, dass ein Skonto keine Preiskondition ist, sondern eine Zahlungskondition“, heißt es im Gutachten. Ein Rabatt sei eine „unmittelbare vereinbarte Reduzierung des Listenpreises“. Darauf beziehe sich auch die Rabattobergrenze. Skonto führe dagegen zu keiner Preisänderung, was sich auch im Bilanz- und Steuerrecht zeige: „Zahlt die Apotheke innerhalb der für die Skontoeinräumung vorgegebenen besonders kurzen Frist, so ist die Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und der unter Skontoabzug geleisteten Zahlung als Erlösschmälerung zu verbuchen. Das hat auch Konsequenzen für die monatlich von Großhandel anzumeldenden und an das Finanzamt abzuführende Umsatzsteuer“, so der Anwalt.

In der neu gefassten Begründung unterschiede der Gesetzgeber denn auch zwischen Rabatt und Skonto. Hier heißt es jetzt: „Rabatte und die im Handel allgemein üblichen Skonti können nur auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und Rabatte nur im Rahmen des prozentualen Zuschlags gewährt werden.“ Für Koch-Heintzeler ist damit klar, dass sich aus Gesetzeswortlaut und Begründung ergibt, „dass Skonti auch dann zulässig sind, wenn ihre Gewährung dazu führt, dass die Apotheken an den Großhandel unter dem Strich weniger zahlen, als den Herstellerabgabepreis zuzüglich 70 Cent.“

Koch-Heintzeler stellt klar, dass Skonti wirklich nur für den Fall besonders kurzfristiger Zahlung angeboten werden dürften, um dem Gesetzeswortlaut Rechnung zu tragen. Auch dürften die Skontosätze nicht beliebig hoch sein. Ins Gewicht fallen bei der Bewertung der Angemessenheit die Vorteile auf Seiten des Großhändlers, dies da sind: ein geringerer Vorfinanzierungsaufwand, erhöhte Kreditwürdigkeit, Verkürzung der Bilanzsumme und ein deutlich geringeres Risiko von Zahlungsausfällen.

Unabhängig von der Frage, wie Skonti und Rabatte abzugrenzen sind, hat Koch-Heintzeler Zweifel an der expliziten Festlegung einer Preisuntergrenze. Wenn der Gesetzgeber in der Begründung betone, der Festzuschlag diene einer flächendeckenden Belieferung der Apotheken, sei das in zweifacher Hinsicht falsch: Denn erstens seien die Großhändler selbst für ihre Konditionen verantwortlich und dürften nur solche anbieten, die der Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Arzneimittelgesetz (/AMG) nicht entgegenstehen. Mit anderen Worten: Kein Großhändler werde unternehmerischen „Selbstmord“ begehen. Sollte er es doch tun, würden andere Großhändler seine Aufgabe übernehmen.

Zweitens sei aber die Einhaltung der Preisuntergrenze ganz offensichtlich gar nicht erforderlich, um eine flächendeckende Belieferung der Apotheken zu garantieren. Denn diese existiere heute fraglos – und das ohne Rabattsperre. Der unternehmerische Handlungsspielraum werde mit der Fixierung damit unzulässig eingeschränkt.

Koch-Heintzeler verweist auf die unterschiedlichen im Markt üblichen Konditionenmodelle. So böten einige Großhändler den Apotheken kostenlose Schulungen, eine vielfache Belieferung pro Tag oder am Umsatz orientierte Genossenschaftsvergütung. „Wenn man Skonto als geldwerten Vorteil ansieht, was er angesichts des Gegenleistungscharakters aber gar nicht ist, so bedeutet ein Skontoverbot eine nicht tolerable Ungleichbehandlung derjenigen Großhändler, die Skonto für Zahlungen innerhalb kurzer Skontofrist anbieten, gegenüber anderen Wettbewerbern, die geldwerte Vorteile ohne Gegenleistung anbieten“, so Koch-Heintzeler.

Der Großhandelsverband Phagro hat selbst ebenfalls ein Gutachten in Auftrag gegeben, aber noch nicht veröffentlicht. Die Kanzlei Gleiss Lutz kommt zu dem Schluss, dass die Großhändler den Fixzuschlag von 70 Cent zwingend erheben müssen und auch Rabatte und Skonti insoweit gleich zu behandeln sind. Es steht zu erwarten, dass die Skonto-Frage erneut vor den Gerichten verhandelt wird.

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