Arzneimittelversorgung

DAV: Höhere Zuzahlungen trotz höherer Rabatte

, Uhr
Berlin -

Nur jedes fünfte Rabattarzneimittel ist ganz oder teilweise von der gesetzlichen Zuzahlung befreit. Vor einem Jahr war noch jedes vierte Rabattarzneimittel zuzahlungsfrei. Das zeigen aktuelle Berechnungen des Deutschen Apothekerverbandes (DAV). Demnach sind ab 1. August 2019 nur noch 4915 von 23.484 Rabattarzneimitteln (20,9 Prozent) von der gesetzlichen Zuzahlung komplett oder hälftig befreit. Am 1. August 2018 waren es noch 5652 von 22.999 Medikamenten (24,6 Prozent).

Jede einzelne Krankenkasse hat das Recht, auf die gesetzliche Zuzahlung zwischen fünf und zehn Euro zur Hälfte oder in Gänze zu verzichten, wenn sie einen entsprechenden Rabattvertrag mit einem Hersteller abgeschlossen hat. Die Apotheke ist grundsätzlich verpflichtet, das ärztlich verordnete Arzneimittel gegen das Rabattarzneimittel der Kasse des Versicherten auszutauschen, so der DAV.

„Die Krankenkassen schreiben immer wieder neue Rabattverträge aus, um alte zu ersetzen und damit noch mehr Geld zu sparen“, sagt Berend Groeneveld, Patientenbeauftragter des Deutschen Apothekerverbandes (DAV): „Die Kassen sammeln also einerseits immer mehr Rabatte von den Herstellern ein, während andererseits die Zuzahlungen der Versicherten steigen. Die Krankenkassen sollten besser einen größeren Teil der Zuzahlungen erlassen, um die Akzeptanz der Patienten für ständig wechselnde Präparate zu erhöhen und somit auch die Therapietreue zu verbessern.“

Groeneveld fügt hinzu: „Die Rabattverträge verursachen in den Apotheken immer wieder einen hohen Erklärungsaufwand. Unnötige Diskussionen über Zuzahlungen wären wirklich leicht vermeidbar. Darüber hinaus sollten die Krankenkassen ihre Rabattverträge mit mindestens zwei, besser noch drei Herstellern abschließen, um auch Lieferengpässe zu verhindern.“

Im Jahr 2018 haben die Krankenkassen rund 4,4 Milliarden Euro durch Rabattverträge mit pharmazeutischen Herstellern eingespart. 2017 waren es noch 4 Milliarden Euro gewesen. Auch die gesetzlichen Zuzahlungen der Patienten an ihre Krankenkassen für sämtliche ärztlich verordneten Arzneimittel sind gestiegen – von 2,15 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 2,18 Milliarden Euro im Jahr 2018. Wer wissen will, ob sein rezeptpflichtiges Medikament – egal ob Rabattarzneimittel oder nicht – garantiert zuzahlungsfrei ist, kann sich auf dem Portal aponet.de die jeweils aktuelle „Gesamtliste zuzahlungsbefreiter Arzneimittel“ anschauen und herunterladen.

Insgesamt leisteten Kassenpatienten im vergangenen Jahr Zuzahlungen von 4,2 Milliarden Euro, wie es kürzlich in einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Frage der Linke-Fraktion hieß. Der Großteil entfiel mit 2,25 Milliarden Euro weiter auf Arzneimittel und Verbandmaterial, 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Für Heil- und Hilfsmittel zahlten Versicherte den vorläufigen Zahlen zufolge 934 Millionen Euro dazu, für Krankenhausbehandlungen 694 Millionen Euro. Demnach stiegen die Zuzahlungen für Heil- und Hilfsmittel innerhalb von zwei Jahren um 18,4 Prozent.

Linke-Gesundheitspolitiker Achim Kessler forderte eine Abschaffung der Zuzahlungen. Sie bestraften diejenigen, die krank seien und einer ärztlichen Verordnung Folge leisteten. Auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisierte: „Es darf nicht sein, dass Versicherte durch immer mehr Zuzahlungen an die Grenze der Belastungsfähigkeit gebracht werden.“ Das Ministerium erläuterte, ein kompletter Wegfall der Zuzahlungen hätte Mehrausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung zur Folge – dies entspräche einer Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags von rund 0,3 Punkten. Im vergangenen Jahr hätten 5,4 Millionen Versicherte von Entlastungsregelungen beim Zusatzbeitrag profitiert.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
„Sinnvolle Ergänzung“
TK-App: E-Rezept kommt im 2. Quartal
Geld für Ärzte und Medizinstudenten
Kassen kritisieren „Ausgabensteigerungsgesetz“

APOTHEKE ADHOC Debatte