Securpharm

Peterseim: Hersteller betreiben Panikmache

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Berlin -

Kürzlich hatten die Verbände der Arzneimittelhersteller das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wegen seiner Zustimmung zur Massenverifizierung scharf kritisiert. Jetzt hält der Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA) dagegen und stellt sich im Streit um die Umsetzung der Fälschungsrichtlinie in Krankenhäusern hinter das BMG. Die Äußerungen von BAH, BPI, ProGenerika und vfa seien lediglich „verbandspolitisch motivierte Panikmache“, so der BVKA-Chef Klaus Peterseim.

„Anstatt dem Bundesgesundheitsministerium haltlose Vorwürfe zu machen, sollten die Verbände dringend dazu übergehen, ihre Mitgliedsunternehmen vollständig zu informieren“, kritisiert Peterseim die Herstellerverbänden. Es sei höchste Zeit, dass sich Arzneimittelhersteller, Apotheker und Krankenhäuser auf die besonderen Bedingungen der Krankenhausversorgung einstellen könnten, um am 9. Februar 2019 einen reibungslosen Übergang auf das Securpharm-System zu gewährleisten. Der BVKA unterstütze daher die Haltung des Gesundheitsministeriums zu den warenbegleitenden Datenlieferungen, die im Einklang mit der geltenden europäischen Rechtslage stehe.

Es sei bereits seit dem Erlass der delegierten Verordnung der EU-Kommission im Jahr 2015 klar gewesen, dass im Krankenhaus die Prüfung der Sicherheitsmerkmale zeitlich nicht an die Abgabe an den Patienten geknüpft sei und Großlieferungen vom Hersteller mit einer zusammenfassenden Prüfnummer versehen werden können („aggregierter Code“), so Peterseim. Im Februar 2018 habe die EU-Kommission darauf erneut hingewiesen und aufgezeigt, dass die Hersteller den aggregierten Code auch „auf einem sicheren Weg“ an Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken übermitteln können, damit diese die Deaktivierung durchführen können, ohne die Packungen physisch scannen zu müssen.

Jetzt gehe es darum, möglichst schnell die dafür erforderlichen technischen und organisatorischen Schnittstellen zu schaffen, um die Umsetzung zum Stichtag auch in der Krankenhausversorgung sicherzustellen. Wenn die Industrieverbände jetzt beklagten, die Hersteller hätten sich darauf verlassen, keine Vorkehrungen für die Krankenhausversorgung treffen zu müssen, sollten sie die Schuld dafür nicht bei anderen suchen. „Man kann nicht in einem Atemzug Wettbewerbsverzerrungen anprangern und sich dann praktikablen Branchenlösungen verweigern“, so Peterseim.

Der BVKA sei bereit, eng mit DKG, ADKA und Securpharm bei der Entwicklung entsprechender Pilotprojekte mit interessierten Herstellern zusammenzuarbeiten. Die Behauptung, es gehe den Industrieverbänden bei ihrem Vorstoß um Fragen der Arzneimittelsicherheit, wies Peterseim scharf zurück und unterstrich: „Die krankenhausversorgenden Apotheken stehen uneingeschränkt hinter dem Securpharm-System und bereiten sich intensiv auf die Teilnahme vor. Das schließt auch das Einscannen von Prüfnummern ein. Aber wir brauchen eine praktikable Lösung für die Großlieferungen in der Krankenhausversorgung.“

Peterseim wies darauf hin, dass schon heute jede einzelne für das Krankenhaus bestimmte Packung auf ihre Identität und Integrität in der Apotheke überprüft werde, was künftig durch die neuen Sicherheitsmerkmale erleichtert werde. Die Verwendung aggregierter Codes für Großgebinde, wie sie bei Bündelpackungen von Securpharm bereits empfohlen werde, stelle kein Sicherheitsrisiko dar, denn sie dienten der beschleunigten Deaktivierung der Codes und seien daher – ebenso wie die damit ausgebuchten Packungen und deren deaktivierten Einzelcodes – für Fälscher wertlos. Peterseim warnte die Verbände davor, hausgemachte Informationsdefizite gegenüber ihren Mitgliedern auf dem Rücken der Krankenhäuser auszutragen und die Integrität des Securpharm-Systems aus verbandsinternen Gründen in Zweifel zu ziehen.

In einer gemeinsamen Erklärung hatten die Herstellerverbände dem BMG vorgeworfen, mit der Zustimmung zur Massenverifizierung die Arzneimittelsicherheit zu unterlaufen. „Das ist ein Skandal“, so BAH-Hauptgeschäftsführer Dr. Hermann Kortland. Die Herstellerverbände und Securpharm sehen darin ein Einfallstor für Fälschungen. „Securpharm und die Herstellerverbände BAH, BPI, Pro Generika und vfa haben mündlich und schriftlich an das Bundesministerium für Gesundheit gegen dieses Vorgehen schwere Bedenken geltend gemacht“, so die gemeinsame Erklärung.

Mit diesem Ansatz werde die Verifikation von der physischen Packung getrennt und damit das Risiko eröffnet, dass die auf dem Datensatz gespeicherten Daten von den gelieferten – aber im Einzelfall nicht mehr geprüften – Packungen abweichen. Fälschungen könnten so den Patienten erreichen, wenn nur die mitgelieferten mit den vom Hersteller hochgeladenen Daten übereinstimmen. Die geplanten Stichprobenprüfungen sind aus Sicht der Herstellerverbände nicht ausreichend.

Wenn zu keinem Zeitpunkt im Krankenhaus eine einzelne Packung verifiziert werde, sei auch nicht bekannt, welche Seriennummern der im Bulk gelieferten Datensätze tatsächlich bereits verbraucht seien und welche nicht. „Aus Sicht der Herstellerverbände wird die Systemsicherheit mit diesem Vorgehen insgesamt kompromittiert“, so die Erklärung. Ein mitgelieferter USB-Stick mit den Verifizierungsdaten könne nur allzu leicht in falsche Hände geraten und der Inhalt manipuliert werden. An einem geplanten Pilotversuch zur Massenverifizierung wollen sich die Herstellerverbände nicht beteiligen.

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