Landapotheken

Samstagnachmittag: Apotheker organisiert Methadon für Krebspatientin

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Berlin -

Wenn Rezepte an einem Samstag nicht vorliegen, ist eine Belieferung der verschreibungspflichtigen Arzneimittel nur in engen Grenzen erlaubt. Falls der Arzt nicht erreichbar ist, steht die Apotheke mit gebundenen Händen da. Doch mit Organisationstalent und einer großen Portion Sachverstand lässt sich auch am Wochenende dieses Problem zu lösen. Das zeigt Dr. Sven Simons (Apotheke am Stadttor, Neuenrade) an einem Fall in seiner Landapotheke – ein Paradebeispiel für die pharmazeutische Patientenversorgung.

Was war passiert? Am Samstag um 12.15 Uhr rief ein Pflegeheim aus der Nachbarschaft an und bat Simons dringend um Hilfe. Denn eine neue Patientin war mit einem unbegleiteten privaten Fahrdienst aus einem Krankenhaus aus einer größeren Stadt angekommen. Die Krebspatienten hatte weder ihre Medikamente aus dem Krankenhaus dabei, noch wurden ihr von dort Verordnungen mitgegeben. Lediglich eine Kopie des Einnahmeplans hatte sie bei sich. Doch die schwerkranke Frau brauchte zum einen Basal- und Normalinsulin, zum anderen Methadon.

Angenommen alles wäre vorrätig: Zwei kühl zu lagernde Arzneimittel und ein Betäubungsmittel noch am Nachmittag ausliefern, ohne dass die Rezepte vorliegen? Dürfte nach Arzneimittelgesetz (AMG) eher schwierig sein. Simons versuchte das Unmögliche: Er rief einen lokal ansässigen Hausarzt an, von dem er die Handynummer hatte. „Wir kennen uns nicht privat, wissen aber, dass er auch Patienten dieses Heims betreut”, sagt der Apothekeninhaber. „Wir hatten einen ähnlichen Fall an Heiligabend vor rund zwei Jahren.“ Schon damals habe sich der Mediziner kooperativ gezeigt und wie im aktuellen Fall in seiner Freizeit Rezepte ausgestellt, so dass dem Patienten kurzfristig geholfen werden konnte.

Doch die schnell ausgestellten Verordnungen helfen dem besten Apotheker nicht, wenn der Großhandel nicht mitmacht. Glücklicherweise war das nicht der Fall: Simons konnte von seinem Großhandel in Herne noch ein Sonderfahrzeug mit den fehlenden Arzneimitteln anfordern, nach etwa einer Stunde kam die gewünschte Lieferung an. „Logistik ist die eine Sache, aber hier spielte der pharmazeutische Sachverstand eine große Rolle”, versichert Simons. Denn er habe unter anderem die Tropfengröße umgerechnet und dem Heimpersonal Hinweise zur Einnahme gegeben.

Normalerweise schließt die Apotheke am Stadttor samstags um 14 Uhr, an diesem Tag hatte die Apotheke zufällig auch noch Notdienst. „Auch ohne Dienst hätten wir das gemacht”, sagt Simons. Denn bereits um 14.30 Uhr konnte er die dringend benötigten Medikamente „persönlich und sicher” im Heim abgeben. Das Pflegepersonal war „erleichtert”. Sein Fazit: „Der Dreiklang aus Apotheke-Arzt-Heim hat sehr gut funktioniert.“

Innerhalb von nur rund zwei Stunden nach dem Anruf des Heims konnte die Landapotheke der Krebspatientin helfen. Bei einer Versandapotheke hätte das in der Form nicht geklappt, ist sich Simons sicher: „Ich wüsste nicht, wie sie das machen könnte.” Seiner Ansicht nach funktioniert so etwas nur in einem eingespielten und vertrauten Netzwerk vor Ort. „Solche Strukturen müssen bestehen bleiben und dafür gilt es sich einzusetzen.”

Dieser Meinung ist unter anderem auch Apotheker Christian Redmann (Stadt-Apotheke, Ebermannstadt). Aus diesem Grund startete er Anfang Mai eine Petition mit dem Titel „Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel – Stellungnahme zum Koalitionsvertrag“. Bislang haben 44.601 Personen unterschrieben. Unterstützer haben noch zwei Monate Zeit, sich an der Petition zu beteiligen. Redmann erhofft sich durch ein Rx-Versandverbot die Stärkung der Apotheke vor Ort. „Helfen Sie mit, dass die schnelle Versorgung und eine gute Beratung durch das Versandverbote nachhaltig bestehen bleiben”, schreibt er in seiner Petitionsbegründung.

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