Botox-Streit mit Merz

Galderma warnt vor Rabatt-Dammbruch

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Berlin -

Galderma ist gegen Merz vor Gericht gezogen. Der Vorwurf: Der Konkurrent auf dem Botox-Markt unterwandere zusammen mit der Europa Apotheek die Preisbindung. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hatte keine Probleme mit dem Rabattmodell. Galderma warnt vor einem Dammbruch bei der Preisbindung, sollte das Urteil Bestand haben.

Merz hatte sein Botox-Präparat Bocouture unter Umgehung der Preisbindung an die niederländische Versandapotheke Europa Apotheek verkauft, damit diese es wiederum rabattiert an Ästhetik-Ärzte in Deutschland weiterverkauft. „Dies widerspricht unserer Vorstellung einer fairen und transparenten Preisgestaltung für verschreibungspflichtige Arzneimittel und benachteiligt unsere inländischen Apotheken, denen eine solche Rabattierung nicht möglich ist“, begründet eine Galderma-Sprecherin auf Nachfrage das eigene Einschreiten.

Zudem würden auch die Ärzte durch die Intransparenz benachteiligt. „Merz könnte, ebenso wie wir, einfach die offiziellen Preise senken, um damit eine transparente und einheitliche Preisgestaltung zugunsten aller Apotheken, Ärzte und Patienten zu schaffen. Dies ist aber anscheinend nicht gewollt“, so die Galderma-Sprecherin. Auch das OLG habe in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai die naheliegende Frage aufgeworfen, warum Merz nicht einfach seine Preise senkt. „Merz hat hierzu geschwiegen“, berichtet der Konkurrent aus dem Gerichtssaal. Auch gegenüber APOTHEKE ADHOC hat sich Merz noch nicht zu den Hintergründen der Rabattaktion geäußert.

Mit der Entscheidung des OLG kann man bei Galderma nicht zufrieden sein. Wie schon in der Vorinstanz beim Landgericht Düsseldorf wurde der Hersteller zurückgewiesen. Zwar sei das OLG hinsichtlich der deutschen Vorschriften den vorgetragenen Argumenten gegenüber „aufgeschlossen“ gewesen. Das Gericht habe aber „befürchtet, dass der EuGH in letzter Instanz auch diese Entscheidung kippen könnte“. Politisch sei die Klage gegen den Konkurrenten darüber hinaus „im Einklang mit den jüngsten Vorstößen des Bundesgesundheitsministeriums, welches durch gesetzliche Neuerungen die Apotheken vor Ort stärken möchte“.

Der Hersteller aus Düsseldorf will sich aber noch nicht geschlagen geben: „Die Entscheidung ist unserer Meinung nach ein großer Nachteil für die Apotheken vor Ort und die Preistransparenz. Nach Erhalt der schriftlichen Urteilsgründe werden wir diese im Einzelnen analysieren und die Einlegung möglicher Rechtsmittel prüfen“, so die Sprecherin. Denn bei Galderma macht man sich über die Auswirkungen des Urteils auf den Markt keine Illusionen: „Die Entscheidung, wird sie denn rechtskräftig, bedeutet unserer Meinung nach einen erheblichen Nachteil unserer inländischen Apotheken, da diese – im Gegensatz zu den ausländischen Versandhändlern – noch immer an die Preisbindung gebunden sind.“

Und bei Galderma ist man überzeugt, dass es um mehr als Botox geht, denn das Urteil hätte Auswirkungen auf sämtliche verschreibungspflichtige Arzneimittel: Hersteller könnten gezielt Ware für den deutschen Markt mit Rabatten an ausländische Versandhandelsapotheken verkaufen und die Preisbindung kurzerhand umgehen. Hierzulande seien die Unternehmen weiter zum einheitlichen Festpreis gezwungen. „Die Preisbindung würde durch das Urteil in Frage gestellt werden. Dies hätte einen Preiskampf bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Folge“, warnt Galderma.

Dass eine solche Entwicklung schnell Dynamik entfalten könnte, weiß auch die Politik: Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) 2015 entschieden hatte, dass die Preisbindung nicht für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt, die in Teilmengen abgegeben werden, besserte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nur ein Jahr später nach und machte die Vorlage einer ärztlichen Verordnung zur Bedingung. Dennoch gibt es Beispiele, vor allem aus dem Bereich der Selbstzahler: So fußte das PrEP-Projekt des Kölner Apothekers Erik Tenberken maßgeblich auf der Verblisterung und den damit verbundenen Preisabschlägen. Auch bei der Abgabe von Spiralen werden Apotheker von den Herstellern zum Auseinzeln angehalten. Über seine eigene Apotheke bot Eurim-Chef Andreas Mohringer Frauenärzten in ganz Deutschland jahrelang diverse Präparate mit Naturalrabatt an. Seine Firma war es auch, die 2009 vergebens versuchte, beim BGH die Möglichkeit eines Last-Minute-Rabatts für Botox-Präparate mit kurzer Restlaufzeit durchzusetzen.

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