Rezepturtest

Hier entstehen Kapseln für die Apothekenaufsicht

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Schwielowsee -

Anfang vergangener Woche ging in der Theresia Apotheke in Schwielowsee bei Potsdam eine telefonische Bestellung ein: 30 Kapseln mit 2 mg Hydrochlorothiazid sollten für das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAGV) hergestellt werden; in einer Woche werde die Bestellung abgeholt. Am Sonntag stellte sich Inhaberin Theresia Weigel der Aufgabe. In dieser Bilderstrecke können Sie ihr über die Schulter sehen.

Schon nach kurzer Recherche wurde Weigel klar, dass die Rezeptur nicht einfach werden würde: Bei HCT-Kapseln gehen erfahrungsgemäß größere Mengen Wirkstoff verloren – ein Phänomen, dessen Ursache bislang nicht bekannt ist. Schon vor zehn Jahren war das Problem bei Ringversuchen aufgetreten.

Daher wird mittlerweile empfohlen, bis zur Überarbeitung der entsprechenden NRF-Vorschrift entsprechend den Vorgaben für pädiatrische Kapseln 10 Prozent mehr einzuarbeiten. Abweichungen in diesem Umfang sind zulässig.

Weigel bestellte die Ausgangsstoffe, das Pulver von Caelo schien ihre von der Mikronisierung her geeigneter. Die Ausgangsstoffe prüfte sie mittels NIR-Spektroskopie. Auch mit dem Hersteller des Geräts hatte sie vorab über den Wirkstoff gesprochen. Außerdem wurden Hartgelatinekapseln zum Befüllen bestellt.

Weil der Fagron ihr davon abriet, für die Rezeptur die Mischung aus Mannitol und hochdispersem Siliziumdioxid (Aerosil) zu verwenden, entschied sie sich, die Substanzen selbst zu verreiben. Auf die Anfertigung einer acetonischen Lösung des Wirkstoffs für die Imprägnierung des Füllstoffs verzichte sie.

Am Sonntag nahm sich Weigel in Ruhe für die Testrezeptur Zeit. Alles war vorbereitet, alle erforderlichen Zutaten standen bereit. Die Arbeitsgefäße waren zuvor sterilisiert worden. Fertig verkleidet ging es 10 Uhr in die Rezeptur. Auch Handschuhe, Mundschutz und Haube durften nicht fehlen. Desinfiziert wurden nicht nur die Hände, sondern auch die Flächen.

Zunächst wurden die Hilfsstoffe gemischt. Dabei musste das vorgeschriebene Verhältnis aus Mannitol und hochdispersem Siliciumdioxid eingewogen werden. Nun kam das Kapselfüllgerät zum Einsatz. Zunächst mussten die Leerkapseln in die Füllplatte gesteckt werden. Dann konnte die Füllstoffmischung eingegeben werden.

Nachdem alle Kapseln befüllt waren, wurden sie wieder geleert. Um die Poren zu verschließen und Wirkstoffverlust zu vermeiden, wurde die Fantaschale dann mit der Mischung ausgerieben. Nun ging es darum, den Wirkstoff einzuwiegen. Da die Kapseln für den Einsatz bei Kindern gedacht sein sollten, waren nur geringe Menge zu verarbeiten. Für 2 Milligramm pro Kapsel und 30 Kapseln mussten 60 Milligramm eingewogen werden – mit Aufschlag entsprechend 10 Prozent mehr. Jetzt kam die Analysenwaage zum Einsatz.

Der fertig eingewogene Wirkstoff stand nun zur weiteren Verarbeitung bereit. Nun ging es darum, den Wirkstoff mit der Füllstoffmischung auf das genaue Volumen zu verreiben. Anteilig wurden daher immer wieder Wirkstoff und Füllstoff vermischt. Auf diese Weise soll eine möglichst homogene Verteilung gewährleistet werden.

Soviel Sorgfalt kostete freilich Zeit. Auf Anreiben und Mischen folgte Anreiben und Mischen. Und immer wieder musste die Arbeit für Inprozesskontrollen unterbrochen werden. Nun konnten die Kapseln endgültig befüllt werden. Weil das Volumen an Hilfsstoff ersetzt wurde, das der Wirkstoff in Anspruch nahm, reichte die Menge nun exakt für alle Kapseln.

Nun wurden das Gerät und damit die Kapseln verschlossen. Nach zwei Stunden war die Arbeit getan: 30 Kapseln waren fertig, einen zweiten Ansatz stellte die Apotheker als Rückstellmuster her. Nun musste noch das Herstellungsprotokoll geschrieben werden. Auch die Etiketten mussten noch erstellt werden. Die Vorgaben hierfür stehen in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Da die Kapseln für die Behörde waren, wurden sie auf den Namen Max Mustermann ausgestellt. Weigel ist zuversichtlich, dass ihre Rezeptur den Anforderungen der Behörde genügt.

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