Stomaversorgung

Sozialgericht: DAK-Ausschreibung ist okay

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Berlin -

Im Frühjahr hatte das Bundesversicherungsamt (BVA) die Barmer und die DAK-Gesundheit verpflichtet, ihre Heil- und Hilfsmittelausschreibungen zu Atemtherapiegeräten und zur Stomaversorgung sofort aufzuheben. Gleichzeitig untersagte die Aufsicht den Kassen, einen Zuschlag zu erteilen. Jetzt hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg in einem Eilverfahren die BVA-Entscheidung aufgrund einer DAK-Klage wieder aufgehoben. Bis zum Hauptsacheverfahren kann die DAK die Ausschreibung umsetzen.

Aus Sicht des BVA sei die durchgeführte Ausschreibung von CPAP-Geräten aufgrund des mit der Versorgung verbundenen hohen Dienstleistungsanteils nicht zweckmäßig, begründete ein BVA-Sprecher im März das Verbot. Das BVA hatte betont, dass bei Ausschreibungen mindestens zu 50 Prozent Qualitätskriterien berücksichtigt werden müssten. Den Vorwurf, bei Heil- und Hilfsmitteln auf Kosten der Qualität zu sparen, hatte die Kasse hingegen zurückgewiesen. In der Ausschreibung seien alle wichtigen Qualitätsanforderungen als Vorgabe an die Leistungserbringer in der Leistungsbeschreibung festgeschrieben.

Dem folgte jetzt das Landessozialgericht Hamburg: Das Gericht teilte nicht die Annahme des BVA, dass bei der Stomaversorgung ein übermäßig hoher Dienstleistungsanteil relevant ist. Weder der Gesetzgeber, noch die Rechtsprechung hätten bisher den unbestimmten Rechtsbegriff „hoher Dienstleistungsanteil“ konkretisiert, so dass andere Auslegungen möglich seien. Die DAK habe nach der Eilprüfung des LSG vertretbar dargelegt, dass die von Leistungserbringer geforderten Einweisungs-, Anwendungs- und Beratungsdienstleistungen im Wesentlichen nur postoperativ anfielen und umgerechnet auf die gesamten Versorgungsverlauf allenfalls 10 Prozent des Angebotspreises ausmachten.

Nach dem Gebot der „maßvollen Rechtsaufsicht“ dürfe das BVA nur einschreiten, wenn der Gesetzesverstoß klar auf der Hand liege. Dass das BVA zum unbestimmten Rechtsbegriff „hoher Dienstleistungsanteil“ nur eine andere Rechtsauffassung habe als die DAK, dessen Rechtsauffassung zumindest vertretbar ist, sei für ein Einschreiten nicht ausreichend.

Mit einem Appell an die Politik hat die Initiative „Faktor Lebensqualität“ auf die Entscheidung des LSG Hamburg: „Die Politik muss dringend die Lücke bei Ausschreibungen schließen, die sich durch die aktuelle Gerichtsentscheidung leider deutlich zeigt“, sagte Ben Bake, Sprecher der Initiative. Damit diese Auslegungslücke nicht genutzt werden könne, um auf Kosten der Patienten-Gesundheit Geld zu sparen, müsse die Politik hier schnell für Klarheit sorgen.

Sollte das Gericht am Ende die Ausschreibung zulassen, befürchtet die Initiative „Faktor Lebensqualität“, dass die Dienstleistungen auf ein Minimum reduziert werden. „Dieser Effekt hat sich leider bei vorherigen Beispielen in anderen Bereichen gezeigt“, sagte Bake. Sehr oft sei als Folge einer Ausschreibung eine Umstellung auf günstigere Produkte mit niedrigerer Qualität, eine Reduzierung von Versorgungsmengen oder gar die Forderung von Aufzahlungen von Patienten zur Aufrechterhaltung der vorherigen Versorgung zu beobachten.

Ein Sparen an der Qualität sorge letztlich nur für eine Verlagerung der Tätigkeiten: „Werden die für die gute Stoma-Versorgung notwendigen Dienstleistungen nicht mehr von den Homecare-Unternehmen erbracht, weil die Krankenkassen die Preise drücken, müssen Ärzte, Krankenhäuser und Pflegedienste einspringen. Angesichts des schon herrschenden Pflegenotstands kann das nicht die Lösung sein“, sagte Bake.

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