Hauptstadtkongress 2018

Gesundheitspolitik: Eitel Sonnenschein ohne Apotheker

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Berlin -

Ein Vierteljahr ist die neue Bundesregierung jetzt im Amt und dank eines polarisierenden Gesundheitsministers erhält sein Ressort mehr Aufmerksamkeit als bisher. Es ist also Zeit, Bilanz zu ziehen, dachte man sich beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit und lud die gesundheitspolitischen Sprecher aller Bundestagsfraktionen zur Debatte. Der mangelte es trotz üppigen Gesprächsstoffs aber erstaunlicherweise an Kontroversen – und die Apotheken scheinen derzeit überhaupt keine Rolle zu spielen.

„Nach dem, was ich gerade gehört habe, muss ich doch sehr zufrieden sein“, eröffnete Karin Maag (CDU) ihr Statement. Dabei wurde die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion zuvor nicht etwa von Parteifreunden gelobt, sondern sollte ganz im Gegenteil Stellung beziehen zur Kritik, die die Opposition auf dem Podium an den gesundheitspolitischen Inhalten des Koalitionsvertrages übte. Doch die fiel mau aus.

Denn im Wesentlichen scheint bei den Bundestagsparteien überraschend viel Einigkeit zu herrschen, was die wichtigsten gesundheitspolitischen Fragen angeht. Vom Abschmelzen der Krankenkassenrücklagen über die Reform des Morbi-RSA bis zur Verbesserung der Pflege wirken zumindest in der Stoßrichtung alle einig, Disput gab es wenn überhaupt in Detailfragen. Dabei hatte Moderator Robert Paquet zu Beginn versprochen, dass es „dieses Mal nicht so bequem wie in der letzten Legislatur“ werde. „Es gab da nicht so viele Überraschungen, das ist mit Herrn Spahn aber anders.“

„Herr Spahn wird den Koalitionsvertrag sehr selbstbewusst und eigenständig interpretieren. Das wird noch für Friktionen sorgen“, prophezeite auch Harald Weinberg von der Linken. Er räumte aber im selben Atemzug ein: „Der Koalitionsvertrag hat uns an einigen Stellen positiv überrascht.“ So eine Überraschung dürfte das Rx-Versandverbot sein, das seinen Weg in den Vertrag fand, seitdem aber sorgsam umschifft wird. Denn da liegen Linke und CDU auf einer Linie. Das Thema wurde jedoch totgeschwiegen, weder der Onlineversand, noch Honorarfragen oder die Versorgungssicherheit waren Themen bei der gesundheitspolitischen Debatte – der Begriff Apotheke fiel kein einziges Mal.

Stattdessen beeilte sich SPD-Politikerin Sabine Dittmar, Einigkeit zu demonstrieren. So sei der Beschluss, das Abschmelzen der Milliardenüberschüsse bei den Krankenkassen auf die Zeit nach einer Reform des Morbi-RSA zu vertagen, einhellig gefällt worden. Es sei schade für die Versicherten, dass das nun etwas länger dauert, aber man sei sich einig, dass es so vernünftiger sei. Dafür erhielt sie sogar Zustimmung aus der FDP. Der Morbis-RSA sei derzeit zu manipulationsanfällig und bevorzuge einzelne Kassen, das müsse vorher geändert werden, so Christine Aschenberg-Dugnus. Kritikwürdig erschien ihr vielmehr die Erhöhung der Ärzte-Sprechstunden von 20 auf 25. Die meisten Ärzte würden ohnehin viel mehr arbeiten, deshalb sei das „Placebo-Politik“ und „Regieren ins Bestellbuch“.

Kleinere Geplänkel gab es auch zwischen Grünen und FDP. Die Grüne Maria Klein-Schmeink stichelte gegen ihre FDP-Kollegin, dass die maßgeblichen Versäumnisse bei der Entwicklung der elektronischen Gesundheitskarte in die Legislatur von Schwarz-Gelb gefallen seien, worauf diese aber nicht weiter eingehen wollte. Vivy, die neue elektronische Gesundheitsakte, die mehrere Krankenkassen ab Juli einführen wollen, findet hingegen breite Zustimmung.

Grundlegende Fragen wurden nur in Ansätzen diskutiert. Als etwa AfD-Politiker Axel Gehrke monierte, dass das deutsche Gesundheitssystem „in der Bürokratisierung erstickt“ und sich „seit 1945 in einem fließenden Übergang von der Markt- zur Planwirtschaft“ befinde, musste Weinberg naturgemäß dagegen halten. Das Gegenteil sei nämlich der Fall. Es gebe in den letzten Jahren eher eine verstärkte Tendenz zum Markt, die im Übrigen falsche Anreize setze. „Wir müssen den Preiswettbewerb eindämmen, um einen Qualitätswettbewerb zu haben“, so Weinberg. Statt die Vorlage zu nutzen, die Union in diesem Zusammenhang auf ihre Zusage zum Rx-Versandverbot festzunageln, folgte aber: nichts.

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