Bargeld in Apotheken

Kornhaus-Apotheke: Keine Kassendifferenzen mehr

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Berlin -

Wenn der letzte Kunde am Abend die Kornhaus-Apotheke verlässt, können auch die Mitarbeiter und Inhaber Dr. Robert Stenz ziemlich schnell in den Feierabend folgen. Noch vor wenigen Tagen wären sie nach Geschäftsschluss mit dem Zählen der Tageseinnahmen beschäftigt gewesen und vor allem mit dem langwierigen Aufspüren von entstandenen Abweichungen in der Kasse. Das ist Vergangenheit. Der Grund: In der Apotheke wurde ein Bargeldmanagementsystem des japanischen Technikanbieters Glory installiert. Damit bekommt das Cashguard-System einen Konkurrenten im Apothekenmarkt.

Nach wie vor ist Bargeld das beliebteste Zahlungsmittel der Deutschen, besonders in bestimmten Handelssegmenten wie im Supermarkt, in der Bäckerei oder auch in der Apotheke. Jedoch sind Einzelhändler durch das Bargeld mit einigen Herausforderungen konfrontiert – etwa mit aufwendigen manuellen Kassenübergaben, Abrechnungsdifferenzen oder Betrugsversuchen durch Falschgeld.

Eine Verbesserung versprechen Lösungen, mit denen die Kosten und Risiken der Bargeldhandhabung reduziert werden sollen. Das Stichwort heißt automatisierte Bezahlsysteme. Dabei werden Banknoten und Münzen entweder vom Kunden selbst oder vom Personal in das System einbezahlt, auf Echtheit geprüft und das Wechselgeld wird automatisch ausgegeben. Während sie beispielsweise in Skandinavien bereits seit vielen Jahren beim Einkaufen zum Alltag gehören, setzen sich solche Geräte in Deutschland nur langsam durch. In Apotheken haben sie noch Seltenheitswert.

Bisher handelte es sich um die Geräte von Cashguard. Nun bekommt der schwedische Anbieter Konkurrenz aus Japan. Als erste Apotheke in Deutschland hat die Kornhaus-Apotheke eine Bezahllösung aus dem Cashfinity-Portfolio des Technikkonzerns Glory einbauen lassen. Dabei handelt es sich – wie bei der Konkurrenz – um eine Bargeldautomatik, die an vorhandene Kassen angeschlossen wird.

Ausschlaggebend für seine Entscheidung für ein Bargeldmanagementsystem sei der Wunsch gewesen, endlich Kassendifferenzen in den Griff zu bekommen, berichtet Stenz. Die Erfahrung habe gezeigt, dass hier immer wieder Fehler entstehen. „Die Mitarbeiter müssen sich den ganzen Tag stark konzentrieren“, so der Apotheker. Die Aufmerksamkeit lasse allerdings im Laufe eines Arbeitstages nach. „Und schon passiert ein Flüchtigkeitsfehler“, erklärt er. Am Ende des Tages stimmt dann die Kassen nicht und man begebe sich auf Ursachenforschung statt nach Hause zu gehen.

Wie schnell eine Abweichung entsteht, verdeutlicht der Apotheker mit einem Beispiel, das sich erst vor Kurzem in der Kornhaus-Apotheke ereignet hat. „Bei uns kann man mit EC-Karte, bar oder auf Rechnung zahlen“, erläutert er. „In dem Fall wollte der Kunde den Rechnungsbetrag von 350 Euro auf Rechnung zahlen, die Mitarbeiterin hatte aber die Summe als bar gezahlt eingebucht.“ Solche Beträge seien eher selten. In der Regel würden Kleinbeträge zwischen 10 und 20 Euro fehlen. „Aber wie es so schön heißt, Kleinvieh macht auch Mist“, so der Apotheker.

Schon wenige Tage nach der Installation ist Stenz von dem System restlos überzeugt. „Ich bereue nur, so etwas nicht schon früher eingebaut zu haben“, sagt er. „Es ist alles sehr viel entspannter geworden.“ Ein weiterer Vorteil der Bezahllösung sei, dass man mehr Zeit für die Beratung der Kunden habe. Auch das sehr zeitaufwendigen Einrichten der insgesamt sechs Kassen am Morgen, das Auffüllen beziehungsweise Abschöpfen am Mittag und der Kassenabschluss am Abend seien weggefallen. „Das geht nun innerhalb weniger Minuten“, berichtet Stenz. „Der Tagesabschluss ist auch mit einem Knopfdruck erledigt.“ Differenzen gebe es nicht mehr.

Anders als es im Einzelhandel üblich ist, sind die Automaten nach hinten gerichtet und müssen weiterhin von den Apothekenmitarbeitern bedient werden. Denn sonst, so die Befürchtung des Apothekers, könnte der Kassiervorgang zu lange dauern. „Wir haben eben auch viele ältere Kunden, die sich mit solchen Systemen schwer tun“, erklärt Stenz seine Entscheidung. „Dann verbringen die Mitarbeiter viel Zeit damit, den Kunden jedes Mal das System zu erklären und bei der Bedienung zu helfen.“ Ein anschauliches Beispiel habe er bereits in einer Apotheke in Stuttgart erlebt, die das Konkurrenzprodukt CashGuard hat. Dort musste der Automat von Kunden bedient werden. „Ich sah nur, wie die Apothekenmitarbeiterin sich über den HV-Tisch beugen musste, um der Kundin bei der Bedienung zu helfen“, so Stenz. „Solche Verrenkungen wollte ich meinen Mitarbeiterinnen ersparen.“

Für drei Bezahlautomaten, die an jeweils zwei Kassenplätze angeschlossen sind, hat der Apotheker eigenen Angaben nach eine stolze Summe von 42.000 Euro bezahlt. „Die Zinsen sind gerade niedrig und ich kann die Investition auf fünf Jahre abschreiben“, winkt Stenz ab. „Andere Menschen kaufen sich eben ein neues Auto, ich investiere in meine Apotheke.“ Und es kommen auf ihn weitere Kosten zu. Denn damit das Glory-System mit der Apotheken-EDV kompatibel wird, musste erst eine Schnittstelle entwickelt werden. „Bis das umgesetzt wurde und das System einwandfrei lief, dauerte es etwa ein Jahr“, so Stenz. „Dafür können wir uns über einen bisher störungsfreien Betrieb freuen.“ Noch hat er keine Rechnung von seinem Software-Anbieter bekommen, geht aber davon aus, dass die Schnittstelle mit paar tausend Euro zu Buche schlagen wird.

Auch angesichts der Tatsache, dass das bargeldlose Bezahlen auf dem Vormarsch ist und von den Banken forciert wird, bereut der Apotheker seine Entscheidung nicht. Bis es in Deutschland tatsächlich flächendeckend bargeldlos gezahlt wird, dauerte es noch, ist er überzeugt. „Wir sind noch nicht soweit wie beispielsweise in Skandinavien“, so der Apotheker. „Und wenn es in zehn Jahren tatsächlich soweit sein sollte, dann haben ich und meine Mitarbeiter eben entspannte zehn Jahre gehabt.“ Das sei ihm die investierte Summe wert.

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