Rezeptur

Fantaschalen: Glas und Edelstahl statt Melamin

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Berlin -

Die Herstellung von halbfesten Zubereitungen gehört zum täglichen Geschäft. Nicht alle Rezepturen können in einem geschlossenen Rührsystem hergestellt werden. Ist noch echte Handarbeit im klassischen Sinn gefragt, wird in einer Fantaschale hergestellt. Melamin-Schalen gehören jedoch der Vergangenheit an.

Strahlend weiße Fantaschalen sind Geschichte. Die aus Melaminharz gefertigten Schalen gehörten lange Zeit zur festen Rezepturausstattung. Mit der Resolution der Arbeitsgemeinschaft deutscher Pharmazieräte (APD) wurde jedoch ihr Aus im Jahr 2014 eingeleitet: Die weißen Schalen sollten durch Geräte aus Glas oder Edelstahl ersetzt werden.

Der Grund: Melaminharz birgt einige Gefahren. So sollen unter anderem verschiedene Arzneistoffe ad- und desorbiert werden. Zu den Problemwirkstoffen zählen beispielsweise Dithranol, Rifampicin, Clioquinol oder Steinkohlenteer. Zu erkennen waren die Inkompatibilitäten an den verschiedenen Verfärbungen, die nach der Herstellung zurückblieben. Clioquinol hinterließ gelbe und Steinkohlenteer braune Rückstände. Diese Verfärbungen sind nicht nur unschön, sondern können auch die Ursache für Kreuzkontaminationen sein. Kleine Risse im Melaminharz können außerdem zu Ablagerungen von Wirkstoffen führen, die bei der Herstellung anderer Salben wieder herausgelöst werden können. Die Folge können beispielsweise Allergien sein.

Melamin ist zudem nicht stabil gegenüber Säure- oder Hitzeeinfluss. Das Material kann nur bis zu einer Temperatur von 70 Grad eingesetzt werden. Das Wasserbad ist also in vielen Fällen tabu für die Fantaschalen. Aufgrund einer besseren Wärmeleitung wurden bei der Herstellung von halbfesten Zubereitungen, die ein Schmelzen fester Bestandteile erforderten, ohnehin Fantaschalen aus Edelstahl empfohlen. Zum einen sind sie hitzestabil und zum anderen ist das Kaltrühren erleichtert.

Glasfantaschalen adsorbieren keine Wirkstoffe, Kreuzkontaminationen können somit ausgeschlossen werden. Außerdem können Anreibungen von zum Beispiel Suspensionssalben besser beurteilt werden. Die weißen Schalen ließen zum Teil Pulveragglomerate nur schwer erkennen. Die Geräte aus Glas haben jedoch einen großen Nachteil – sie gehen häufiger zu Bruch als die plastikartigen Schalen.

Fantaschalen aus Edelstahl sind nicht für jede Herstellung geeignet. Aluminiumchlorid-Hexahydrat und Trichloressigsäure sollten vorzugsweise in der Glasschale verarbeitet werden. Edelstahl zeigt sich gegenüber stark oxidierenden Substanzen empfindlich. Für eine Verarbeitung von harten Pigmenten kommt das Modell aus Edelstahl ebenfalls nicht zum Einsatz, da die Gefahr des Metallabriebs besteht.

Melaminharze sind Kunststoffe, die im Wesentlichen aus Melamin und Formaldehyd hergestellt werden. Aufgrund ihrer glatten Oberfläche und Stabilität werden sie auch für Herstellung von Geschirr und Küchenutensilien verwendet. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat im Jahr 2011 gewarnt, dass Teller, Becher oder Schüsseln aus Melaminharz beim Kochen von säurehaltigen Lebensmitteln Melamin und Formaldehyd freisetzen können, die in die Nahrungsmittel übergehen können. Die Mengen lagen zum Teil über den festgelegten Migrationsgrenzwerten. Aus Sicht des BfR sind diese Küchenutensilien daher nicht zum Braten, Kochen sowie zur Verwendung in Mikrowellengeräten geeignet. Das Einfüllen von heißen Speisen in die Gegenstände aus Melaminharz sei jedoch unbedenklich, da die Temperatur dabei nicht über längere Zeit über 70 Grad liege.

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