Heilpflanzenporträt

Fresh-up: Schöllkraut

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Berlin -

Aufgrund der neuen Warnhinweise bei Iberogast reden alle über Schöllkraut. Doch was ist das eigentlich für eine Pflanze, die zurzeit dafür sorgt, dass Bayer beinahe genauso schlechte Schlagzeilen erntet wie nach dem Kauf von Monsanto? Und ist Schöllkraut wirklich so gefährlich für die Leber? Ein Überblick.

Die mehrjährige krautige Pflanze Chelidonium majus gehört zur Familie der Mohngewächse (Papaveraceae). Das stickstoffliebende Schöllkraut wächst oft an Straßenrändern und Häuserwänden, in Mauerspalten und auf Schuttplätzen. Der gelbe ätzende Milchsaft enthält verschiedene Alkaloide, deren Konzentration im Herbst besonders hoch ist.

Diese Isochinolinalkaloide sind der Grund für ihre Verwendung als Heilpflanze, aber auch für ihre Giftigkeit. In der Homöopathie wird Schöllkraut unter anderem für die Therapie verschiedener Augenleiden genutzt. Für diese Verwendung im Altertum deuten die Volksnamen Augenklar oder Ogenwurz hin. Der berühmte römische Pharmakologe und Verfasser der „Materia medica”, Pedanios Diaskurides, berichtete, dass Schwalben die noch verklebten Augenlider ihrer gerade geschlüpften Jungen mit dem Milchsaft betropfen, wodurch sich die Augen öffnen können. So erhielt das Schöllkraut vermutlich seinen Namen, der wohl vom römischen „Chelidon” der Schwalbe hergeleitet wird.

Bekannter ist das Schöllkraut, das im Mittelalter auch als Feigwarzenkraut bezeichnet wurde, für seine Verwendung als traditionelles Warzenmittel. Die Alkaloide aus dem Milchsaft wirken toxisch auf Bakterien, Pilze und Viren. Der Saft soll regelmäßig direkt auf die Warze aufgestrichen werden, kann aber auf gesunder Haut auch Hautreizungen verursachen. Bei „echten” Warzen, die durch Viren hervorgerufen werden, kann diese Art der Behandlung tatsächlich auch Erfolge zeigen. Stielwarzen, die nicht auf eine virale Infektion zurückzuführen sind, zeigen sich dagegen resistent auf den Einsatz des orange-grünen Milchsafts.

Das naturheilkundliche Hauptanwendungsgebiet dieser vielseitigen Pflanze liegt jedoch im Magen-Darm-Trakt. Dort wirkt sie spasmolytisch, cholagog, beruhigend, schmerzlindernd, wundheilungsfördernd und entzündungshemmend. Das ist auch der Beitrag, den das Schöllkraut in der Iberogast-Rezeptur leistet. Besonders stark wirkt der spasmolytische Effekt des Extraktes auf die glatte Muskulatur des oberen Verdauungstrakts.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Nebenwirkungen nach der Einnahme von Schöllkraut-haltigen Arzneimitteln bekannt. Diese bezogen sich überwiegend auf Störungen der Leberfunktionen. Dabei wurden ebenfalls Gallestauungen und akuten Hepatitiden gemeldet. Diese Beschwerden waren allerdings reversibel. Trotzdem wurde aufgrund der Hepatotoxizität in höheren Dosen die Tagesdosierung im Jahre 2008 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf maximal 2,5 mg Gesamtalkaloide beschränkt. Auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) bewertete bereits 2012 das Nutzen-Risiko-Verhältnis von pflanzlichen Präparaten aus Schöllkraut negativ.

Dies war der Grund, warum die Schweizerische Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte (Swissmedic) bereits Anfang 2018 neue Warnhinweise für Iberogast in die Patienteninformation aufnahm. Wenn eine Lebererkrankung vorliegt oder dies früher einmal der Fall war oder wenn Arzneimittel eingesetzt werden, die die Leber beeinträchtigen können, sollten die Verbraucher vor Einnahme ihren Arzt befragen. „Achten Sie auf Anzeichen und Symptome, die auf eine Störung der Leberfunktion hinweisen können.“ Abgesetzt werden soll die Therapie, wenn Appetitverlust, ungewöhnliche Müdigkeit, Schmerzen im rechten Oberbauch, Gelbfärbung der Haut/des Augenweißes, ungewöhnlich dunkler Urin und heller Stuhl auftreten.

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