Probleme mit Klimaanlage

Berliner Hauptbahnhof-Apotheke geschlossen

, Uhr aktualisiert am 30.07.2018 09:48 Uhr
Berlin -

In der Berliner Hauptbahnhof-Apotheke herrscht Ausnahmezustand. Inhaber Michael Marquardt musste seinen Betrieb am Freitag schließen. Der Grund: Die Klimaanlage ist ausgefallen und die Räume wurden über 25 °C warm. „Die Behörde hat alles unter Quarantäne gestellt“, sagt der Apotheker. Mit zwei mobilen Klimaanlagen kühlt er die Offizin derzeit runter. Wie hoch der Schaden ist, kann er noch nicht absehen.

15 Apothekenmitarbeiter sind derzeit vor Ort. Mit Hochdruck wird daran gearbeitet, dass die Apotheke bald wieder öffnen kann. Wann genau, steht noch nicht fest. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 2006 ist die Apotheke fast nonstop für ihre Kunden da und wirbt mit dem Spruch „24 Stunden geöffnet“. Die Probleme der Klimaanlage hätten mit dem heißen Wetter zu tun, sagt Marquardt. Konkretes weiß er jedoch nicht.

Die Anlage habe es nicht mehr geschafft. „So eine extreme Lage hatten wir noch nie.“ Der Inhaber hat von der Aufsicht bescheinigt bekommen, dass seine Apotheke unter diesen Umständen „nicht mehr betriebsfähig ist.“ Aktuell liegt die Temperatur Marquardt zufolge bei 23,9 °C. Zwischenzeitlich sollen es 30 °C in der Apotheke gewesen sein. Zu viel, denn laut § 4 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) muss für Arzneimittel „eine Lagerhaltung unterhalb einer Temperatur von 25 °C möglich sein“.

In der Apotheke lagern allein rund 20.000 Arzneimittel. Die Aufsicht hat Marquardt vorgeschrieben, eine Risikobewertung abzuliefern. Das heißt, der Inhaber soll bescheinigen, welche Arzneimittel eine Toleranzgrenze bis 30 °C aufweisen, auch wenn sie offiziell bis 25 °C angegeben ist. „Wir müssen jetzt die Firmen anrufen.“ Die Hersteller sollen bestätigen, bei welchen Produkten eine sichere Anwendung gewährleistet werden kann.

Die Apotheke habe laut Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (LAGeSO) auf Eigeninitiative des Apothekers geschlossen. „Er hat eine Schließungsgenehmigung bei uns eingeholt“, sagt ein LAGeSO-Sprecher. Zuvor habe es Kundenhinweise auf die warmen Temperaturen in der Offizin gegeben. „Diesen Hinweisen wären wir selbstverständlich auch nachgegangen, wäre der Inhaber nicht aktiv auf uns zugekommen.“ Die Apothekerkammer wurde heute informiert.

Laut der Aufsichtsbehörde gibt es im Moment in den mehr als 800 Berliner Apotheken keine Hinweise, dass es in einem Betrieb zu heiß ist. „Die Klimaanlagen scheinen überall zu funktioneren“, so der Sprecher. „Aufgrund der Hitze gehen wir nicht verstärkt in die Apotheken. Das schaffen wir logistisch und personell gar nicht.“

Kunden, die in der Hauptbahnhof-Apotheke etwas bestellt haben und es auf dem Weg zum Zug abholen wollten, müssen zu Marquardts zweiter Apotheke fahren. Sie werden gebeten, die Medikamente in der Apotheke im Bahnhof Zoo abzuholen. Der Standort liegt knapp vier Kilometer entfernt im Berliner Westen und ist gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.

In der Apotheke im Hauptbahnhof trifft sich Berlin mit der Welt. Zwischen Koffern und Aktentaschen wird rund um die Uhr beraten. Für die Mitarbeiter das Normalste der Welt. „Wir sind eine normale große Apotheke, aber mit besonderen Öffnungszeiten“, beschreibt Apothekenleiterin Antje Berg ihren Arbeitsplatz. Das ist Gesundheit 24/7. Marquardt hat die Öffnungszeiten frei gewählt. „Eine Stadt wie Berlin braucht eine Apotheke, die rund um die Uhr geöffnet hat.“

Die normalerweise hochfrequentierte Apotheke besticht nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch ihr gut sortiertes Warenlager. Rund um die Uhr werden hier Kunden mit Arzneimitteln und Kosmetikprodukten versorgt und beraten. Gearbeitet wird „im Sinne des Kunden, er steht im Mittelpunkt“, so Berg. „Wir wollen jeden Kunden stets zufriedenstellen.“

Vor allem in der Nacht arbeitet das Team eng mit den Notdienst-habenden Apotheken zusammen. Berg beschreibt die Hilfe untereinander als „sehr angenehm“. Einige Kollegen hätten sogar die Telefonnummer der Apotheke im Hauptbahnhof gespeichert oder am Telefon kleben, um nachfragen zu können, wenn ein Produkt im eigenen Lager nicht vorrätig ist.

Das große Warenlager im Hauptbahnhof ist in Berlin und über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Hoteliers und Taxifahrer wissen, wo sie nach Feierabend noch Arzneimittel und Apothekenexklusives besorgen können. Jetzt hat die Apotheke Zwangspause. Bis mindestens Dienstag müssen sich die Kunden in Geduld üben.

Die Temperatur in der Apotheke muss überwacht werden. Wie der Betrieb gekühlt wird, ist nicht vorgeschrieben. Inhaber können je nach Standort auf Klimaanlage, Markisen oder Lüftung setzen. Die technische Regel für Arbeitsstätten setzt eine Maximaltemperatur von 26 °C am Arbeitsplatz fest. „Führt die Sonneneinstrahlung durch Fenster, Oberlichter und Glaswände zu einer Erhöhung der Raumtemperatur über 26 °C, so sind diese Bauteile mit geeigneten Sonnenschutzsystemen auszurüsten. Störende direkte Sonneneinstrahlung auf den Arbeitsplatz ist zu vermeiden.“

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