Digitalisierung

Wer schlecht ist, fällt auf

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München -

Die Agenturen haben ein Problem: Die Hersteller fordern von ihnen digitale Konzepte, die Zielgruppen sind längst auf und davon. Doch vielen Dienstleistern fehlen die Ideen, um ihre Kunden auf dem Weg in die neue Zeit zu begleiten. Bei der Expopharm in München waren sich die Experten einig, dass sich die Branche der Digitalisierung stellen muss. Über das Wie scheiden sich die Geister.

Werner Kern, Geschäftsführer der im Pharmamarkt führenden Mediaagentur MW Office, strich gleich zu Beginn der Veranstaltung die Segel. Das sei nicht sein Spezialthema, räumte er ein. „Gemessen an dem ganzen Bohei ist der Anteil digitaler Formate an den Werbespendings bescheiden“, sagte er.

Aus seiner Sicht haben sich in der Vergangenheit viele Erwartungen an die digitale Welt nicht erfüllt. „Es gibt viele digitale Rohrkrepierer.“ Das liege aber nicht an den digitalen Medien an sich, sondern am Umgang mit ihnen. „Wenn man nicht Klavier spielen kann, nützt einem auch das beste Instrument nichts.“

Laut Kern ist das Internet mittlerweile ein zentraler Kommunikationskanal, bei den Apothekern noch mehr als bei den Ärzten. Um diesen nutzen zu können, müsse man aber seine Hausaufgaben machen. Online-Medien hätten – neben der hohen Reichweite – viele Vorteile: Der Erfolg sei messbar, redaktionelle und werbliche Inhalte ließen sich verknüpfen und man habe die einmalige Chance, Zielgruppen direkt und ohne Streuverluste anzusprechen. Dazu müsse man aber die Daten verstehen, relevante Inhalte liefern und einen Plan sowie genügend Ressourcen haben.

Als Dienstleister müsse man eine permanente Lernbereitschaft mitbringen. „Wir sind bei unseren Marketingüberlegungen viel zu weit entfernt, digitale Kanäle voll zu integrieren“, so Kern. „Wir müssen noch viel dazulernen, damit etwas Erfolgreiches dabei herauskommt.“

Martin Dess, Inhaber der Agentur Jäger von Röckersbühl, ist begeistert von der Transparenz, die Online-Medien bieten. Durch Wissen bekomme der Kunde die Macht, sagte er. Hersteller könnten nicht verhindern, dass auch für sie unangenehme Themen an die Öffentlichkeit kämen. „Die Zeit, sich mit einem schlechten Job verstecken zu können, ist vorbei.“

Er glaubt nicht nur, dass die Hersteller und ihre Außendienstmitarbeiter durch Befragungen der Kunden transparenter werden, sondern auf lange Sicht auch die Apothekenmitarbeiter selbst. „Wer glaubt, dass die Digitalisierung nicht mit Riesenschritten kommt, ist völlig schief gewickelt.“ Man dürfe nicht die Augen vor der Wirklichkeit verschließen: „Die Besten werden die Chance sehen und verstehen, dass sie ihre Daten nur verstehen müssen, um noch besser zu werden.“ Nur so könne man auch aus schlechten Themen positive Wirkungen schlagen.

Laut Andreas Kierndorfer, Chef von Aoki, sind die Praxen derzeit das Schlusslicht bei der Digitalisierung – Medikationsplan hin oder her. Das habe nichts damit zu tun, dass Ärzte Internetmuffel seien, sondern dass sie ein erhöhtes Bedürfnis nach Datensicherheit hätten. Außerdem würden sie nie zugeben, dass auch sie gelegentlich Informationen bei Google, Wikipedia & Co. einholen müssten.

So habe sich der elektronische Arztbrief seit der Einführung 2014 überhaupt nicht durchgesetzt. Kierndorfer ist aber sicher, dass sich die Einstellung bald dramatisch verändern wird, auch weil die nächste Generation der Ärzte nachwächst. Sie hätten ein Interesse, digital über neue Entwicklungen informiert zu werden. Die Einführung interaktiver Werbeformate in der Praxis-EDV stehe unmittelbar bevor.

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