BMG-Datenaffäre

Verteidiger: Es gibt keinen Dieb

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Berlin -

Christoph H., ehemaliger Mitarbeiter eines externen IT-Dienstleisters, soll Daten aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) geklaut und weiterverkauft haben. Er muss sich als einer von zwei Angeklagten vor dem Landgericht Berlin verantworten. Doch nach Verlesung der Anklage gaben seine Anwälte eine erstaunliche Erklärung ab.

H. wird vorgeworfen zwischen 2009 bis 2012 Postfächer mit E-Mails im BMG ausgespäht und die Daten an Thomas Bellartz, heutiger Herausgeber von APOTHEKE ADHOC, verkauft haben. Die Staatsanwaltschaft geht von 40 Fällen aus, H. soll insgesamt 26.550 Euro erhalten haben. Im Prozess sind bislang 17 Verhandlungstage angesetzt, 27 Zeugen sind geladen.

Doch aus Sicht von H.’s Anwälten – Nikolai Venn und Diana Nadeborn von der Kanzlei Freyschmidt, Frings, Pananis und Venn – hat die Anklage überhaupt kein rechtliches Fundament. Selbst wenn die in der Anklage aufgeführten Vorwürfe stimmen würden, wäre dies kein Ausspähen von Daten im Sinne des §202a Strafgesetzbuch (StGB), so der Ansatz der Verteidigung.

Die Tathandlung setze nämlich die Überwindung einer besonderen Zugangssicherung voraus. Vereinfacht gesagt: Weil H. als Systemadministrator Zugang zu allen E-Mail-Fächern hatte, hätte er gar keine Daten stehlen können. Eine zweckwidrige Verwendung kann demnach zwar arbeitsrechtlich relevant sein, fällt aber eben nicht unter den Strafparagrafen.

Ein strafbarer Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz kann laut Stellungnahme von H.’s Verteidigern auch nicht infrage kommen. Denn Gesetzesentwürfe oder andere interne Dokumente aus dem Ministerium seien keine personenbezogenen Daten im Sinne des Gesetzes. Es liegen laut Verteidigung zudem auch gar keine Beweismittel vor, wer welche Daten wann und wie erlangt haben soll.

Venn und Nadeborn monierten in ihrer Stellungnahme aber auch die Ermittlungsbehörden. So sei dem Beschuldigten das Recht auf rechtliches Gehör verwehrt worden. Die Staatsanwaltschaft habe dem Angeklagten die Ergebnisse von vielen Monaten Ermittlungstätigkeit vorenthalten. Akteneinsicht sei immer wieder verwehrt worden, dann habe Staatsanwaltschaft in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Anklage erhoben. Angesichts der „schweren Verletzungen von Beschuldigtenrechten“ sei es „schwer, an bloße Inkompetenz zu glauben“.

Die Anklage wurde laut der Stellungnahme erhoben, bevor die Ermittlungen abgeschlossen waren. Die Anwälte wollen dies mit mehreren Berichten des LKA belegen, die zum Teil erst Monate nach Anklageerhebung in das Verfahren eingebracht worden seien. Und die spätere Vernehmung eines Zeugen sei bewusst ohne Beteiligung der Verteidigung durchgeführt worden, obwohl selbst das Gericht der Teilnahme der Anwälte zugestimmt habe. Die Verteidigung will auf die in der Erklärung monierten Punkte im Rahmen der Verhandlung eingehen.

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