Zytostatika

Aut-idem: Ärzte im Visier des Staatsanwalts

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Berlin -

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt gegen eine große onkokologische Praxis, weil diese außergewöhnlich häufig bei der Verordnung das Aut-idem-Kreuz zugunsten eines bestimmten Herstellers eingesetzt haben soll. „Der Verdacht liegt darin begründet, dass es zu einer Häufung im Gebrauch der Aut-idem-Regel bei diversen Rezepten in dieser Praxis kam“, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Ermittelt wird seit Mitte 2017. Wer den Hinweis auf die Aut-idem-Häufung gegeben hat, verrät die Staatsanwaltschaft nicht. Gegen eine Apotheke wird in diesem Zusammenhang aber nicht ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat Anfang vergangener Woche die Räume der onkologischen Gemeinschaftspraxis in Niedersachsen durchsucht. Die Praxis unterhält mehrere Standorte und zwar in Leer, Papenburg und Emden.

Ein Anfangsverdacht besteht gegen zwei Ärzte der Gemeinschaftspraxis. Den Angaben zufolge wurden Praxisräume und auch Privaträume durchsucht und Material beschlagnahmt. Nähere Angaben zur Art der beschlagnahmten Unterlagen macht die Staatsanwaltschaft Osnabrück nicht. Der Anfangsverdacht lautet auf Bestechlichkeit im Gesundheitswesen entsprechend § 299a Strafgesetzbuch. Möglicherweise sei ein Pharmaunternehmen bei der Verordnung von Medikamenten in unlauterer Weise bevorzugt worden.

Die auffällige Häufung im Gebrauch der Aut-idem-Regel bei diversen Rezepten könne den Verdacht nähren, „dass die Verschreibungen nicht medizinisch indiziert waren, sondern es vielleicht eine Vereinbarung gegeben hat zwischen dem Hersteller und dem verschreibenden Arzt über den expliziten Wirkstoff, der verwendet werden sollte.“ Der Ermittlungszeitraum reicht zurück bis Mitte 2016, dem Inkrafttreten des Antikorruptionsgesetzes im Gesundheitswesen.

Innerhalb eines Jahres sollen von der onkologischen Praxis Rezepte „im dreistelligen Bereich“ mit Aut-idem-Kreuz ausgestellt worden sein. Auf diese Weise wurden die Präparate eines bestimmten Herstellers auffällig oft verschrieben. Wie hoch die mögliche Schadensumme ist, sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Ermittelt wird durch die Zentralstelle zur Bekämpfung der Korruption.

Sollte sich der Anfangsverdacht erhärten und es zu einer Anklage kommen, sieht das Antikorruptionsgesetz einen Strafrahmen zwischen Geldstrafe und drei Jahren Freiheitsstrafe vor. Es wäre nach dem neuen Recht das erste Urteil. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück werden einige Zeit benötigen: Es sei „diverses potenzielles Beweismaterial sichergestellt“ worden.

Zum Prozessauftakt um mutmaßlich gestreckte Krebsmedikamente durch den Bottroper Apotheker Peter S. hatte SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach bereits die grundlegende Neuordnung der Zyto-Versorgung gefordert: Chemotherapien sollen nur noch in spezialisierten Kliniken zubereitet und durchgeführt werden dürfen, forderte Lauterbach. Der Fall des Bottroper Apothekers zeige ein wichtiges Systemversagen. In keinem Bereich der Medizin werde mit so hohen Gewinnmargen gearbeitet wie in der Krebsmedizin. Einzelne Apotheken machen mit Chemotherapeutika „dreistellige Millionenumsätze“. Betrüger könnten leicht Millionengewinne machen. Daraus ergebe sich politischer Handlungsbedarf.

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