Nordrhein-Westfalen

Apotheker gegen Marktschreier

, Uhr aktualisiert am 21.09.2015 14:40 Uhr
Berlin -

Ein Set gegen Hornhaut zum Sonderpreis! 30 Euro statt 80 Euro in der Apotheke! So pries Ingo Lieberum am Wochenende sein Fußpflegeprodukt auf einem Handwerker- und Krammarkt im nordrhein-westfälischen Ahlen an. Apotheker Matthias Bußmann ließ sich das nicht gefallen. Er entwarf einen eigenen Flyer mit dem tatsächlich empfohlenen Verkaufspreis des in Apotheken erhältlichen Sets von Lopalmed: 15,99 Euro. Lieberum wehrt sich gegen den Vergleich.

Als er den Stand von Lieberum gesehen habe, sei er zunächst neugierig gewesen und habe sich zu den Zuschauern gesellt, erzählt Bußmann. „Das Präparat wurde über den grünen Klee gelobt. Es gebe es nur in der Apotheke – für 80 Euro – und hier am Stand.“ Einige Umstehende hätten ihn bereits erkannt und sich auf das weitere Geschehen gefreut – und sie wurden nicht enttäuscht.

Bußmann, der in Ahlen vier Apotheken betreibt, kritisierte, dass das Produkt mit dem guten Image der Apotheke beworben werde. Und hinterfragte, ob das Set in der Apotheke tatsächlich 80 Euro koste. Das schmeckte dem Händler nicht. In einer für Marktschreier üblichen Manier ging er Bußmann an. Los war er den Apotheker damit aber nicht.

Denn Bußmann schaute in seiner Apotheke nach, um was für ein Produkt es sich eigentlich handelte. Tatsächlich sind die Produkte von Lieberum in der Taxe gelistet – im Set allerdings zu einem deutlich kleineren Verkaufspreis. Bußmann druckte schnell einen eigenen Flyer mit seinem Angebot: Das Lopalmed-Set für „nur 15,99 Euro“.

Als der Apotheker damit zurück zum Markt kam, war Lieberum verschwunden. Der Händler am Stand nebenan erzähle Bußmann, dass der Lopalmed-Verkäufer nach dem Aufeinandertreffen mit dem Apotheker sofort verschwunden sei.

Bußmann schrieb Lieberum eine Mail und beschwerte sich über dessen Verkaufspraktiken. „Ihr Hauptverkaufsargument dabei war, dass Sie die angeblichen Preise der einzelnen Produkte in der Apotheke nannten, um zu dem Schluss zu kommen, dass diese Produkte dort zusammen 80 Euro kosteten“, so Bußmann.

Er kritisierte weiterhin, dass Lieberum den Hauptvertriebskanal seiner Produkte in Misskredit bringe – und damit die Hand beiße, die ihn füttere. Außerdem kündigte er Lieberum an, seinen Flyer um den Stand herum zu verteilen, „sollten Sie am morgigen Sonntag erneut Ihre Kunden in der gleichen Art und Weise belügen, wie Sie das heute getan haben“.

Bußmann hatte seinen Brief auch auf der Facebook-Seite seiner Apotheke veröffentlicht. Am nächsten Tag sollen zwar wieder viele Kunden zum Stand von Lieberum gekommen sein. Die meisten hätten aber nur gefragt, ob er derjenige sei, über den der Apotheker geschimpft habe, berichtet ein Händler.

Lieberum kritisiert, dass Bußmann einen falschen Vergleich gezogen hat: Denn in dem Set seien deutlich kleinere Packungen enthalten als er sie verkaufe. Die Entfernerlotion beispielsweise gebe es in dem Set in einer 50ml-Packung. Die einzelne 100ml-Packung aus der Apotheke koste 10 Euro – und er verkaufe am Stand eine Extra 200ml-Packung, die in seinem eigenen Shop rund 18 Euro koste.

Hinzu kämen eine Aufbau-Creme – ebenfalls in einer größeren Packung als in dem Set – im Wert von 10 Euro, Natur-Watte für 2 Euro und ein Hornhautschaber. Der kostet in Apotheken 5 Euro – wird aber derzeit nicht ausgeliefert. Zu beziehen gibt es den, ebenso wie einen Nagelhautschieber, nur über Lieberums Shop für 15 Euro. Zu dem Set, das Lieberum auf Märkten verkauft, gehören außerdem eine Hornhaut-Reduziercreme und eine Glasnagelfeile.

Er habe während seines Vortrags betont, das sich die 80 Euro darauf beziehen, wenn man die Produkte einzeln kaufen würde, so Lieberum. Er kritisiert, dass sich Bußmann echauffiert, obwohl er erst kurz vor Ende des Vortrags dazu gestoßen sei. Er selbst verkaufe seine Produkte bereits seit zehn Jahren, vor allem über Apotheken, seinen eigenen Onlineshop und Stände. Dort verweise er auch immer darauf, dass die Produkte in Apotheken nachgekauft werden könnten.

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