Hepatitis C

Sofosbuvir: Berufung gegen Gilead-Patent

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Berlin -

Sechs gegen einen: Der Patentstreit um Gileads Hepatitis C Arzneimittel Sovaldi (Sofosbuvir) nimmt kein Ende. Das Europäische Patentamt (EPA) hat im September zugunsten des Konzerns entschieden und den Versuch einiger Nichtregierungsorganisationen (NGO), das Patent zu Fall zu bringen, abgewiesen. Doch die NGO geben nicht auf und haben Berufung gegen die Entscheidung des EPA eingelegt, mit dem Ziel: „Der Missbrauch des Patentsystems durch Pharmaunternehmen muss aufhören.“

Im März 2017 hatten verschiedene Organisationen aus 17 Ländern beim EPA Einspruch gegen das Sofosbuvir-Patent eingelegt. Gilead genieße eine Monopolstellung in der Behandlung von Hepatitis C und könne exorbitant hohe Preise veranschlagen, was Millionen Menschen von der Behandlung ausschließe. „Aufgrund der überhöhten Preise, die Gilead für Sofosbuvir fordert, haben Millionen Menschen mit Hepatitis C in Europa und der ganzen Welt keinen Zugang zu diesem neuartigen Medikament. Was nützt medizinische Innovation, wenn sich Menschen und Gesundheitssysteme die daraus resultierenden Produkte nicht leisten können?“, fragt Gaëlle Krikorian (ÄoG).

„In einigen europäischen Ländern schlägt die zwölfwöchige Behandlung mit bis zu 43.000 Euro zu Buche, während derselbe Behandlungszyklus mit Generika außerhalb Europas nur 75 Euro kostet“, rechnet ÄoG vor. In den USA werden für eine Tablette etwa 1000 US-Dollar fällig. Obwohl die Kosten für die Herstellung laut Studien nur etwa einen Dollar betragen. In vielen Ländern sei das Arzneimittel zum Teil rationiert oder gar nicht verfügbar.

Dennoch konnte Gilead das Patent verteidigen. Gegen das Urteil des EPA haben Ärzte der Welt, Ärzte ohne Grenzen (ÄoG), Aides (Frankreich), Access to Medicines Ireland, Praksis (Griechenland) und Salud por Derecho (Spanien) Berufung eingelegt. Die NGO sind überzeugt, dass die notwendigen juristischen und wissenschaftlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. „Die Berufung zielt darauf ab, den Missbrauch des Patentsystems durch Pharmaunternehmen zum Zweck der eigenen Profitmaximierung zu stoppen“, teilt ÄoG mit. „Ein Erfolg würde sich auch außerhalb Europas auswirken, wo sich Patentämter oft an den Entscheidungen des EPA orientieren.“

Gilead hat „die für ein Patent maßgebliche Bedingung eines erfinderischen Schrittes nicht erfüllt“, so ÄoG. „Die EPA ist zu nachsichtig mit Pharmaunternehmen und gibt ihnen einen Freifahrtschein“, sagt Olivier Maguet, Leiter der Ärzte der Welt-Arzneimittelkampagne. „Es muss in Europa eine viel größere Kontrolle darüber geben, ob Pharmaunternehmen Patente verdienen oder nicht, sonst werden ungerechtfertigte Monopole weiterhin zu außer Kontrolle geratenen Medikamentenpreisen führen.“

Ein Gilead-Sprecher betonte im September, der Wirkstoff Sofosbuvir werde von vielen Patenten geschützt. Das Patent, um das es jetzt gehe, habe keinen Einfluss darauf, ob das Unternehmen den Wirkstoff in Europa exklusiv herstellen und verkaufen könne. Sollte das Einspruchsverfahren für Gilead negativ verlaufen, werde das Unternehmen dagegen vorgehen, weil Patente „das Fundament sind für pharmazeutische Innovationen“.

In den USA hat Sovaldi 2013 die Zulassung erhalten. Eine Tablette kostet 1000 US-Dollar. Ein Behandlungszyklus von zwölf Wochen kostet somit 84.000 US-Dollar. In den vergangenen fünf Jahren hat Sofosbuvir mehr als 58 Milliarden Dollar in Gileads Kassen gespült, so ÄoG.

Sofosbuvir ist ein pangenotypischer Inhibitor der RNA-abhängigen RNA-Polymerase NS5B des Hepatitis C Virus. Diese ist für die Virusreplikation essenziell. Das Nukleotid-Prodrug wird nach Metabolisierung zum wirksamen Uridin-Analgon-Triphisphat und mit Hilfe der Polymerase in die HCV-RNA eingebaut, was schließlich zum Kettenabbruch führt. Der Arzneistoff ist im Monopräparat Sovaldi enthalten sowie in den Kombinationspräparaten Epclusa (Sofosbuvir/ Velpatasvir), Harvoni (Sofosbuvir/Ledipasvir) und Vosevi (Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir).

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