EU-Verordnung

Neue Regeln für bilanzierte Diäten

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Berlin -

Am 22. Februar tritt die delegierte Verordnung (EU) 2016/128 für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (LBMZ, „bilanzierte Diäten“) in Kraft. Verabschiedet wurde diese mit einer entsprechenden Übergangfrist bereits im September 2015. Ziel der Neuerung ist es, die bestehnde Verordnung (EU) 609/2013 mit Hinblick auf besondere Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen zu ergänzen und die Vorschriften zu hamonisieren. Zahlreiche Präparate aus der Apotheke sind betroffen. Beispiele sind Fresubin (Fresenius Kabi), Orthomol, Alflorex (Medice) oder Tromcardin Complex und Keltican (Dermapharm). Was ist neu?

LBMZ sind unter ärztlicher Aufsicht oder mit Unterstützung anderer kompetenter Angehöriger von Gesundheitsberufen anzuwenden. Die Produkte werden für die Ernährung von Patienten entwickelt, die aufgrund von Krankheiten, Störungen oder Beschwerden ihren Ernährungsbedarf durch den Verzehr von Lebensmitteln nicht decken können und an einer Mangelernährung leiden. Daher ist es wichtig, „grundlegende Vorschriften über den Vitamin- und Mineralstoffgehalt von LBMZ zu erlassen, damit der freie Verkehr von Erzeugnissen unterschiedlicher Zusammensetzung und der Schutz der Verbraucher gewährleistet sind“. Die Vorschriften für Präparate, die als diätetisch vollständig – also zur Deckung des besonderen Ernährungsbedarfs – gelten, sollten Mindest- und Höchstgehalte enthalten. Für Produkte, die als diätetisch unvollständig gelten, sollten hingegen lediglich Höchstgehalte angegeben werden.

Die Verordnung gibt in Artikel 2 Zusammensetzungsanforderungen vor. Dazu werden die Präparate in drei Kategorien aufgeteilt:

  1. diätetische vollständige Lebensmittel mit einer Nährstoff-Standardformulierung, die als einzige Nahrungsquelle des Patienten dienen
  2. diätetisch vollständige Lebensmittel mit einer für eine bestimmte Krankheit, Störung oder bestimmte Beschwerden spezifisch angepassten Nährstoffformulierung, die als einzige Nahrungsquelle dienen
  3. diätetisch unvollständige Lebensmittel mit einer Standardformulierung oder einer für eine bestimmte Krankheit, Störung oder für bestimmte Beschwerden spezifischen angepassten Nährstoffformulierung, die sich nicht als einzige Nahrungsquelle eignen.

Produkte aus den Gruppen 1 und 2 können auch ergänzend zu einer normalen Ernährung eingesetzt werden. Vorgaben zur Zusammensetzung von LBMZ in Bezug auf Vitamine und Mineralstoffe, die nicht für Säuglinge bestimmt sind, sind in Tabelle 2 der Verordnung zu finden. Sie enthält minimale und maximale Grenzwerte.

Artikel 3 regelt die Anforderungen bezüglich Pestiziden in LBMZ, die für die Säuglinge und Kleinkinder entwickelt wurden. Alle Vorgaben für bilanzierte Diäten, die für die Ernährungsanforderungen von Säuglingen entwickelt wurden, treten erst ab dem 22. Februar 2020 in Kraft; außerdem gilt eine Übergangsfrist von vier Jahren. Die Kommission bemängelt, dass in den vergangenen Jahren vermehrt Produkte für Säuglinge auf den Markt gebracht wurden, deren Werbung direkt an den Verbraucher gerichtet war. Um Missbrauch und Verunsicherung einzudämmen und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, sollten zusätzliche Beschränkungen in puncto Kennzeichnung, Aufmachung, Werbung und Verkaufsförderung für LBMZ für Säuglinge entwickelt werden.

In Deutschland müssen die entsprechenden Präparate laut EU-Verordnung als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)“ deklariert werden. Außerdem sind folgende Angaben verpflichtend:

  • Hinweis, ob das Präparat unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden muss
  • Angabe, ob das Produkt als einzige Nahrungsquelle geeignet ist
  • gegebenenfalls Hinweis auf Altersgruppe
  • gegebenenfalls Hinweis, dass das Präparat die Gesundheit gefährden kann, wenn es von gesunden Personen angewendet wird
  • Hinweis „Zum Diätmanagement bei ...“
  • gegebenenfalls Hinweis auf Vorsichtsmaßnahmen und Kontraindikationen
  • Beschreibung der Eigenschaften und/oder Merkmale, denen das Erzeugnis seine Zweckdienlichkeit in Bezug auf die Krankheit, die Störung oder die Beschwerden verdankt, für deren Diätmanagement es vorgesehen ist, gegebenenfalls, hinsichtlich der besonderen Verarbeitung und Formulierung, mit Angaben zu Nährstoffen, die vermehrt, vermindert, eliminiert oder auf andere Weise verändert wurden, sowie die Begründung für die Verwendung des Erzeugnisses
  • wenn nötig eine Warnung, dass das Produkt nicht parenteral angewendet werden darf gegebenenfalls Anweisungen für die sachgerechte Zubereitung, Verwendung und Lagerung nach dem Öffnen.

Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über LBMZ sind nicht zulässig. Die Nährwertdeklaration muss folgende Angaben enthalten:

  • Menge, aller in Anhang I aufgeführten Mineralstoffe und Vitamine, die im Produkt enthalten sindItalienische
  • Menge an Proteinen, Kohlenhydraten, Fetten und sonstigen Bestandteilen
  • gegebenenfalls Angaben zu Osmolalität oder Osmolarität
  • Quelle und Art der enthaltenen Proteine und/oder Proteinhydrolysate
  • der Natriumgehalt ist zusammen mit den anderen Mineralstoffen anzugeben und kann neben dem Salzgehalt wie folgt wiederholt werden: „Salz: X g (davon Natrium: Y mg)“

Die Nährwertdeklaration ist für alle bilanzierte Diäten verpflichtend, unabhängig von der Größe der Verpackung oder des Behältnisses.

LBMZ, die nicht den Anforderungen der ab 22. Februar in Kraft tretenden Verordnungen entsprechen, dürfen nicht mehr in den Verkehr gebracht werden.

Von Orthomol sind drei Produkte – Orthomol Immun, Arthroplus und AMD extra – betroffen. An der Zusammensetzung der Rezepturen der Mikronährstoff-Kombinationen ändert sich nichts. Lediglich der Wortlaut der Zweckbestimmung wird entsprechend den Vorgaben angepasst. „Die Produkte müssen mit dem Hinweis ,Zum Diätmanagement bei...‘, ergänzt durch die jeweiligen Beschwerden oder Krankheitsbilder gekennzeichnet werden.“ Die neuen Packungen ersetzen bereits seit Januar sukzessiv die bisherigen. Diese können aber noch uneingeschränkt weiter verkauft werden.

Entwarnung gibt auch Medice für Alflorex. „Da bis zur Erschöpfung der Bestände die Vermarktung und der Vertrieb gemäß der alten Rechtslage erfolgen kann, werden wir nicht adhoc, sondern etwas später umstellen“, teilt ein Sprecher mit.

Auch Fresenius Kabi ist gut vorbereitet. Das komplette Sortiment der enteralen Ernährung ist von den Neuerungen betroffen. Denn die Produkte unter der Dachmarke Fresubin fallen unter die Kategorie Food for Special Medical Purpose. „Alle Vorbereitungen wurden getroffen und alle Vorgaben werden fristgemäß umgesetzt“, teilt ein Sprecher mit.

Dermapharm ist ebenfalls gut vorbereitet. „Wir bestätigen, dass beide bilanzierten Diäten Tromcardin complex und Keltican forte an die neuen EU-Verordnungen (609/2013/EG, 2016/128/EG, 1169/2011/EG etc.) angepasst wurden. Seit letztem Jahr werden die Produkte bereits in den neuen Packmitteln produziert.“ Ware in alter Aufmachung, die sich noch im Markt befindet, sei weiterhin verkehrsfähig und dürfe abverkauft werden.

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