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Apotheker löchert Spahn

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Berlin -

Er hat Jens Spahn (CDU) ganz für sich: Apotheker Dr. Philipp Kircher interviewt den Bundesgesundheitsminister in der neuen Ausgabe von „Frag Spahn“. Nach Gesprächen über die Pflege und Organspende sind nun die Apotheker an der Reihe. Kircher spricht mit Spahn natürlich über den Versandhandel, der aus seiner Sicht viel weniger leisten kann als eine Apotheke vor Ort. 13 Fragen hat der Apotheker an den Minister. Hier geht es zum vollständigen Video.

Kircher ist Inhaber der St. Ulrich Apotheke in Peißenberg gelegen in Oberbayern. Am vergangenen Montag tauschte er allerdings den HV-Tisch gegen eine Kamera. In der aktuellen Folge „Frag Spahn“ debattieren der Minister und der junge Apotheker über Themen, die die Apotheken zu Zeit beschäftigen.

Zentrales Thema ist der Versandhandel. Kircher hinterfragt, ob therapie-entscheidende Maßnahmen, welche sich oftmals erst in der Apotheke im Beratungsgespräch ergeben, auch über den Versandhandel möglich seien. Da hier auch die non-verbale Kommunikation zwischen Personal und Patienten eine große Rolle spiele, sei dies über eine simple Telefonberatung nicht so möglich wie in den Apotheken vor Ort. Kircher sagt, dass man Telefongespräche nicht mit Präsenzgesprächen vergleichen kann. Ebenso ist ihm auch die Schulung zu Hilfsmitteln wichtig, welche er zum Beispiel bei einem Pulverinhalator direkt übernehmen kann.

Laut Spahn hat der Patient die Wahl, ob er online bestellt oder in die nächste Apotheke geht. Dabei nimmt er auch Bezug auf die Diskussionen mit den Ärzten zum Thema Online-Sprechstunden. Man will diese Möglichkeiten nicht verbieten, aber die Entscheidung, welchen Weg der Versorgung und Kommunikation der Patient wählt, liege bei jedem Einzelnen. Die vor Ort Apotheken sollen „aktiver“ werden, damit die Patienten und Kunden auch merken, dass der Service und die Dienstleistungen gegeben sind und es auch nutzen.

Über vermehrte digitale Angebote wie zum Beispiel die Videotelefonie denken laut Spahn neben den ausländischen Versendern auch deutsche Versender nach. Ein digitales Angebot werde rund um das e-Rezept aufgebaut. Kircher sieht diese Vorschläge als Ergänzung zur öffentlichen Apotheke. Seine Zweifel liegen bei den Konsumenten. Die der Patient als medizinischer Laie sei nicht in der Lage, die Probleme in der Arzneimitteltherapie zu sehen und einzuschätzen. Die Compliance müsse weiterhin gefördert und der Patient engmaschig betreut werden. Diese Möglichkeit der Versorgung sieht der Apotheker nicht beim Versandhandel. Spahn stellt die Frage, ob es europarechtlich erlaubt werden kann, den Versandhandel abzuschaffen oder es die bessere Maßnahme wäre, innerhalb der richtigen Rahmenbedingungen den Patienten selbst entscheiden zu lassen. Diese Bedingungen möchte er gerne mit der Apothekerschaft definieren.

Kircher bezieht sich auch auf die Rezeptur, „wo die Pharmazie zur Hochform auflaufen kann“ und den Patienten viel besser versorgen kann. Wie der Versand das darstellen solle? Wiederholt rät Spahn, dass die Apotheken ihre Leistungen in die Waagschale werfen sollen. Der Patient würde sich dann schon für das bessere Angebot entscheiden, so sein Kernargument.

Spahn will den Apotheken mit seinem Paket die Möglichkeit geben, mehr Dienstleistungen rechtssicher anbieten zu können. „Wenn man das klug kombiniert, ist doch das Angebot vor Ort unschlagbar, also das E-Rezept mit dem Botendienst und dem Angebot vor Ort, da muss sich doch keine Apotheke verstecken“, so Spahn. Allerdings gebe es in der Vertretung der Apothekerschaft auch Vorbehalte gegen Ausweitungen des Angebots.

Der Minister verweist auch darauf, dass er den Versandhandel nicht eingeführt habe. Das hat bekanntlich die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) vor 15 Jahren. Es sei eine andere Debatte, ob man den Versandhandel erlaubt oder ihn jetzt wieder verbietet, so Spahn.

Kircher hat Sorge, dass die Apotheken auch im Rx-Bereich irgendwann von der Lawine überrollt werden. Spahn hätte das mit einer 5-Prozent-Hürde beim Marktanteil regeln wollen, wobei Kircher zurecht die juristischen Bedenken gegen dieses Vorhaben ins Feld führt. „Ich traue das meinen Juristen im Ministerium schon zu“, so Spahn.

Den von ihm geplanten Boni-Deckel verteidigt Spahn so: „Wir kommen heute aus Wild West und ich will dem ganzen einen Rahmen geben, der es zurückfährt und nicht vergrößert.“ Gong. Ende. Das war‘s.

Kircher kommt aus einer Apotheker-Familie: Bereits sein Großvater war Apotheker und übernahm 1951 die älteste Apotheke im Ort. Daraufhin übernahm Kirchers Vater die St. Barbara Apotheke in Peißenberg, welche nach 103 Jahren Betriebszeit den Standort wechselte und nun als St. Ulrich Apotheke im Preißenberger Rigi Center weiterexistiert. Sein Studium absolvierte er an der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Er promovierte an der Universität in München ab, wo er 2016 den Doktortitel erhielt. Neben der Tätigkeit in der Apotheke arbeitet Kircher auch als Dozent für Arzneimittellehre an einer Hebammenschule einer Frauenklinik in der Münchener Umgebung. Zudem ist er auch als Referent im „Begleitenden Unterricht für Pharmazeuten im Praktikum“ und als Sprecher bei der Bayrischen Landesapothekerkammer tätig.

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