Hüffenhardt

DocMorris-Unterstützer Neff bleibt Bürgermeister

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Berlin -

Walter Neff (SPD) bleibt Bürgermeister in Hüffenhardt. Der 52-Jährige erhielt am Sonntag 55 Prozent der gültigen Stimmen, sein Herausforderer Armin Hagendorn 44,5 Prozent. Im Wahlkampf hatte der Arzneimittelautomat der niederländischen Versandapotheke DocMorris eine Rolle gespielt. Hagendorn hatte Neff vorgeworfen, durch seine Unterstützung für DocMorris die Weiterführung der Dorfapotheke verhindert zu haben.

„Mir fiel ein sehr großer Felsbrocken vom Herzen“, sagte Neff laut Heilbronner Stimme nach er Bekanntgabe des Ergebnisses. Mit dem Ergebnis könne er leben, „mehr Stimmen wären schöner gewesen“. Hagendorn zeigte sich als fairer Verlierer: „So funktioniert die Demokratie. Es geht weiter im Leben“, zitiert ihn die Lokalzeitung.

Landrat Achim Brötel sagte in seinem Grußwort, dass erst die Kandidatur Hagendorns eine Wahl ermöglicht habe. Sein Ergebnis sei achtbar, so der Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises. In der Gemeinde habe es Aufregerthemen gegeben, sagte der Landrat, ohne umstrittene Punkte wie etwa den Windpark oder den DocMorris-Automaten zu erwähnen. Das Gemeinsame in der Gemeinde solle wieder in den Vordergrund rücken, sagte Achim Brötel. Das griff Walter Neff in seiner Rede auf. „Ich bin Bürgermeister von allen“, versprach er. „Jeder kann ins Rathaus kommen.“

Kurz vor der Wahl kursierten in Hüffenhardt Gerüchte und Spekulationen: Gab es vor dem Einstieg von DocMorris doch einen ernsthaften Interessenten für die Weiterführung der Apotheke? Laut einem Bericht der Heilbronner Stimme hatte Neff bei einer Wahlkampfveranstaltung seine frühere Aussage zum Apotheken-Dilemma bekräftigt: „Aber leider gab es keinen Bewerber, der die Räumlichkeiten nutzen wollte.“

Im Anschluss hatte sich jedoch der Hüffenhardter Alexander Artner an die Zeitung mit einer neuen, bislang unbekannten Version gewandt: Nach seinen Angaben habe er mit Bürgermeister Neff über die Übernahme der Apothekenräume gesprochen. Artners Vater, der eine Apotheke in Heilbronn führen soll, habe in Hüffenhardt eine Filiale betreiben wollen. Artner betonte gegenüber der Zeitung, er habe Neff gesagt, dass man die Apotheke übernehmen würde.

Als Voraussetzung habe Artner von Neff den politischen Willen für eine Kooperation mit dem Wohn- und Pflegezentrum in Hüffenhardt eingefordert. Nur mit diesem Abnehmer wäre es möglich, die Apotheke mit einer schwarzen Null zu führen, so die Zeitung. Diesen politischen Willen habe es aber nicht gegeben.

Neff bestätigt einen Kontakt zu Artner. Dieser habe aber lange vor der Zusammenarbeit mit DocMorris stattgefunden. Er habe natürlich keine Garantie für eine Kooperation abgeben können. Außerdem sei es nie zu einem Gespräch mit Artners Vater gekommen. Er wäre heilfroh gewesen, wenn es einen Apotheker gegeben hätte. Neff hat nach eigenen Angaben deshalb den Gemeinderat nicht über Artner informiert, weil es „nichts Konkretes“ gewesen sei. „Dann ist man ganz vorsichtig.“

Auf die Situation in Hüffenhardt aufmerksam geworden war DocMorris durch einen Medienbericht im Herbst 2014. Darin beklagte der Bürgermeister, keinen Nachfolger für den damals 66-jährigen Apotheker Reinhold Fuchs zu finden, der die Dorf-Apotheke seit 30 Jahren gemietet hatte und Ende März 2015 in den Ruhestand ging. Der in der Brunnen-Apotheke angestellte Apotheker sollte eigentlich die Apotheke weiterführen. Doch der junge Apotheker sprang plötzlich ab. Dann meldete sich DocMorris bei Neff.

„Seit einem Jahr ist die Apotheke geschlossen. Niemand hat sich dafür interessiert“, sagte Neff im Februar 2016. Es habe für die Nachfolge von Apotheker Fuchs nur wenige Bewerber gegeben, so Neff. Zu einem Abschluss sei es leider nicht gekommen. Auch Landesapothekerkammer und -verband hätten sich nicht für Hüffenhardt interessiert, beklagte Neff. Zudem hatte Neff stets betont, einem interessierten Apotheker den Vorzug gegenüber DocMorris einzuräumen, falls sich noch jemand melden sollte. Als DocMorris auf ihn zugekommen sei, habe er die Chance ergriffen, rechtfertigte der Bürgermeister die Kooperation mit der Versandapotheke.

DocMorris hatte am 19. April 2017 in seinen Abgabeautomaten eröffnet. Zwar ließ das Regierungspräsidium Karlsruhe das Terminal nach nur 48 Stunden wieder schließen. Zunächst konnte die OTC-Abgabe weiterlaufen. Inzwischen wurde der Automat zivilrechtlich komplett verboten. Gegen die Verbotsverfügung des Regierungspräsidiums klagt DocMorris vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe.

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