N-Nitrosodiethylamin

Valsartan von Mylan verunreinigt

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Berlin -

Valsartan-Skandal noch nicht beendet: Mehr als ein Dutzend Hersteller mussten seit Juli Valsartan-haltige Arzneimittel aufgrund einer Verunreinigung des Wirkstoffes mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA) zurückrufen. Im September der nächste Schock. Es wurde mit N-Nitrosodiethylamin (NDEA) eine zweite Verunreinigung entdeckt. Die Produkte von Mylan schienen sicher – bis gestern. Eine Übersicht der Rückrufe und einen Kundenflyer zum Thema Valsartan findet ihr als Download im LABOR von APOTHEKE ADHOC.

Valsartan aus den Mylan-Laboratorien in Indien darf nicht mehr zur Herstellung von europäischen Arzneimitteln verwendet werden, meldete die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) gestern Abend. In einigen Chargen der aktiven Substanz wurden die Verunreinigung NDEA nachgewiesen. Der Wirkstoff wurde im indischen Hyderabad von Mylan produziert.

Das Europäische Direktorat für Arzneimittelqualität (EDQM) hat dem Generikakonzern das Certificate of Suitability (CEP) entzogen und die Verwendung der aktiven Substanz für die Herstellung von Arzneimitteln untersagt. Die nationalen Behörden haben laut EMA mit dem Rückruf der betroffenen Arzneimittel begonnen. Zudem würden weitere Tests durchgeführt um das Ausmaß der Verunreinigung zu bestimmen. Bei der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) sind bislang keine Rückrufe zu finden. Mylan wird in Kürze Stellung beziehen. Man sei sich der Verantwortung bewusst.

Mylan produziert die aktive Substanz selbst in Indien, genauso wie die Bulkware. Die Fertigarzneimittel kommen nach eigenen Angaben aus eigener Herstellung in Europa. Entsprechend finden die Qualitätstests in Indien und Europa inhouse statt. Noch im August wurde die Produktion hochgefahren und die Preise angezogen.

Laut EMA besteht – wie bei den zuvor nachgewiesenen Verunreinigungen – kein unmittelbares Patientenrisiko. Daher sollten die Arzneimittel nicht ohne ärztliche Rücksprache abgesetzt werden, da das gesundheitliche Risiko höher sei als das mögliche Risiko durch die Verunreinigung. Anhand der durchschnittlichen Konzentration von 60 ppm NDMA bei Valsartan-Produkten mit dem Wirkstoff von Zhejiang Huahai schätzt die EMA ausgehend von 5000 Patienten, die über einen Zeittraum von sieben Jahren täglich mit der höchsten Valsartan-Dosis von 320 mg behandelt werden, dass es einen zusätzlichen Krebsfall geben könne.

NDEA ist ein Nitrosamin-Derivat, dem alkylierende, kanzerogene und mutagene Eigenschaften zugesprochen werden. Enthalten ist NDEA in Tabakrauch. Eingesetzt wird die Substanz als Benzin- und Schmiermitteladditiv oder Antioxidans und Stabilisator für Industriematerialien. Die DNA-Integrität wird vermutlich durch Alkylierung beeinflusst. NDEA findet in der experimentellen Forschung zur Induktion der Lebertumorigenese Anwendung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat NDEA als Karzinogen der Gruppe 2 – möglicherweise für den Menschen krebserregend – eingestuft. Vermutlich fällt die Verunreinigung infolge der Synthese des Tetrazolringes an.

Zhejiang Huahai Pharmaceutical war im Juli Ursprung des Valsartan-Skandals. Das Unternehmen ist einer von rund 40 Lieferanten für Valsartan weltweit. Die meisten Lohnhersteller der aktiven Substanz gibt es in Indien, hier liefern knapp 20 Firmen den Wirkstoff. In China und Japan sind jeweils ein halbes Dutzend Anbieter zu finden, Fabriken gibt es auch in Mexiko und Italien.

Eine Übersicht der Rückrufe und einen Kundenflyer zum Thema Valsartan findet ihr als Download im LABOR von APOTHEKE ADHOC.​​​​​​​

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