Schweiz

Doch keine Joints aus der Apotheke

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Berlin -

Ein Pilotprojekt sollte Kiffern in ausgesuchten Schweizer Großstädten vom Beginn des kommenden Jahres an den legalen Zugang zu Cannabis in der Apotheke ermöglichen. Doch daraus wird vorerst nichts. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verweigerte der Universität Bern aus rechtlichen Gründen die Erlaubnis zur Durchführung der damit verbundenen Studie.

Die Studie sollte die Auswirkungen eines regulierten Cannabisverkaufs in Apotheken analysieren. Bis zu 500 Kiffer der Hauptstadt sollten den Stoff im Rahmen eines auf drei Jahre beschränkten Modellversuchs legal in der Offizin erhalten. Hätte sich die kontrollierte Abgabe bewährt, hätte das den Weg für eine Legalisierung von Verkauf und Konsum in der Schweiz ebnen können. Die Ethikkommission des Kantons hatte schon im März grünes Licht gegeben. Die Städte Biel, Luzern und Zürich wollten sich anschließen.

Das BAG schob dem jetzt einen Riegel vor. „Für wissenschaftliche Forschungsprojekte oder für die beschränkte medizinische Anwendung können Anbau, Herstellung und Inverkehrbringen von Cannabis ausnahmsweise bewilligt werden“, schreibt die Behörde. „Der Konsum zu Genusszwecken, wie ihn die vorliegende Studie vorsieht und voraussetzt, bleibt aber in jedem Fall verboten und kann nach Betäubungsmittelgesetz nicht bewilligt werden, auch nicht im Rahmen von wissenschaftlichen Studien.“

Gefordert sei jetzt die Politik, denn es bestehe „das gesundheitspolitische Anliegen, mit solchen Studien neue Formen des gesellschaftlichen Umgangs mit Cannabis zu erforschen“. Das Betäubungsmittelgesetz müsse dafür um einen Experimentierartikel ergänzt werden. „Damit könnte das Verbot des Konsums von Cannabis zu Genusszwecken während einer bestimmten Zeit und beschränkt auf bestimmte Orte und einen bestimmten Adressatenkreis für wissenschaftlich begleitete Studien außer Kraft gesetzt werden.“

Die Universität Bern als Antragstellerin hat jetzt 30 Tage Zeit, gegen die Entscheidung Beschwerde einzulegen. Noch ist offen, ob sie dies tun wird. Die Studie hätte wichtige Daten geliefert für die spätere Entscheidungsfindung, wie die Gesellschaft mit Cannabis umgehen sollte, ob mehr oder weniger Regulierung nötig sei. „Es wäre ein wichtiger Baustein gewesen, um die Politik mit zuverlässigen Daten zu unterstützen“, so Sven Trelle, Co-Leiter des klinischen Studienzentrums der Uni Bern gegenüber dem SRF.

Die zuständige grüne Sozialdirektorin Franziska Teuscher plädierte dafür, alle politischen und juristischen Mittel auszuschöpfen. Die Stadt Bern habe mit zwei Rechtsgutachten aufgezeigt, dass eine Bewilligung des Projekts auch im Rahmen der jetzigen Gesetzgebung möglich gewesen wäre. Das weitere Vorgehen solle nun mit den anderen an der Studie interessierten Städten besprochen werden.

Die Vorbereitungen zu der Studie liefen bereits seit knapp zwei Jahren. Verantwortlich zeichneten Wissenschaftler des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) und des klinischen Studienzentrums (CTU) der Universität Bern.

Bei der Studie hätten nur Cannabiskonsumenten ab 18 Jahren teilnehmen können, die keine psychoaktiven Medikamente einnehmen und nicht in psychiatrischer Behandlung sind. Sie sollten mit einer Haarprobe belegen, dass sie regelmäßig konsumieren, einen Fragebogen ausfüllen und eine Schulung absolvieren. Das Experiment sollte von Ärzten begleitet werden, die bei problematischem Konsum die Notbremse gezogen hätten.

Bei Zulassung wäre es den Studienteilnehmern möglich gewesen, in ausgewählten Berner Apotheken Cannabis mit einem THC-Gehalt von voraussichtlich 12 Prozent zu beziehen. Pro Besuch wären 8 Gramm erlaubt gewesen, maximal hätte ein Konsument 24 Gramm im Monat kaufen dürfen. Die Preise sollten laufend angepasst werden, damit der Stoff nicht zu höheren Preisen auf dem Schwarzmarkt landet. Der Konsum wäre nur in den privaten vier Wänden erlaubt gewesen. Die für das Experiment nötigen 600 Kilogramm Cannabis sollten in Bauernbetrieben oder Gärtnereien des Kantons produziert werden.

Mit dem Versuch wollten die Wissenschaftler herausfinden, ob Kiffer nach einer möglichen Freigabe mehr oder weniger konsumieren, häufiger straffällig werden, den Verkehr gefährden oder wie sich ihre Einstellung zu Drogen verändert. Die Forscher waren von keinen nennenswerten Folgen für Konsumenten und Gesellschaft ausgegangen. So wäre ihrer Auffassung nach die Kriminalisierung von Cannabisverkauf, -besitz und -konsum kaum mehr zu rechtfertigen gewesen.

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