AOK-Schattenretaxierung

Defektbeleg folgt auf Brandbrief

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Berlin -

Die AOK Rheinland/Hamburg macht sich in den Apotheken derzeit wenig Freunde: Weil die Kasse seit Monatsbeginn für jeden Defekt einen doppelten Großhandelsbeleg oder Geständnis des Herstellers verlangt, ist der Aufwand in der Offizin massiv gestiegen. Doch die Apotheken wehren sich und schalten die Politik ein.

Ist ein Rabattarzneimittel nicht lieferbar, müssen die Apotheker dies mit einem Sonderkennzeichen auf dem Rezept vermerken und den Ausfall gegenüber der Kasse belegen. Laut AOK waren diese Angaben aber in der Vergangenheit „nicht immer deckungsgleich“ mit den Defektmeldungen oder Zeiträumen der Hersteller. Deshalb verlangt die Kasse jetzt einen Beleg des Herstellers oder die verbindliche Erklärung des Großhändlers, dass der Hersteller nicht lieferfähig ist. Dritte Möglichkeit: Die Kasse gibt sich zufrieden, wenn mindestens zwei Großhändler bestätigen, dass sie das Rabattarzneimittel nicht an Lager haben.

Fehlt der Nachweis dagegen ganz, will die Kasse ab September in solchen Fällen retaxieren, trotz Sonder-PZN. Zur Warnung wurden Ende August bereits „Schattenretaxierungen“ für das vierte Quartal 2015 an die Apotheken verschickt. Die Kasse hat diesen Begriff selbst geprägt, weil diese Retaxationen nicht umgesetzt werden sollen. Die AOK geht einem Sprecher zufolge davon aus, „dass ein pharmazeutisches Unternehmen selbstverständlich bereit ist, schriftlich eine Lieferunfähigkeit beziehungsweise einen Lieferengpass zu bestätigen“.

Diese Aussage des AOK-Sprechers gegenüber APOTHEKE ADHOC hat einen Apotheker aus NRW zum öffentlichen Gegenschlag bewogen: Als der Generikahersteller Aurobindo seinen längeren Engpass bei Quetiapin nicht bestätigen wollte, schrieb der Apotheker persönlich an den Vorstandsvorsitzenden der AOK Rheinland/Hamburg, Günter Wältermann. Eine Kopie des Briefes schickte er an den Hersteller sowie NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen) und den Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis.

Die Apotheke hat nach eigenen Angaben Anfang Juni die letzte Lieferung von Quetiapin Aurobindo erhalten. Die Aufforderung, dies bitte zu bestätigen, schickte die Apotheke mit an den AOK-Chef. Der Hersteller habe sich nicht einmal gemeldet. Der Apotheker wollte daher wissen, wie der AOK-Sprecher zu seiner Aussage kommt und warum die Kasse nicht selbst die Einhaltung ihrer geheimen Rabattverträge überwachen kann.

Der AOK-Chef soll auch erklären, „warum Vertragsbrüche der pharmazeutischen Unternehmen bei Lieferunfähigkeit nicht bei den entsprechenden Unternehmen, dafür aber bei den in diesen Fällen schuld- und hilflosen Apotheken geahndet werden sollen“.

Von der AOK hat der Inhaber noch nichts gehört. Dafür hat der Brief zumindest in diesem Fall Wirkung gezeigt: Aurobindo bestätigte nunmehr schriftlich, dass die fragliche PZN 1339522 derzeit nicht lieferbar sei. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Lieferfähigkeit des Produktes in dieser Packungsgröße wieder herzustellen. Ein voraussichtliches Lieferdatum können wir Ihnen derzeit leider noch nicht nennen“, heißt es in dem Schreiben.

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