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Apotheker verprellt Großinvestor

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Berlin -

Die Scheinwerfer sind aus, das VOX-Studio längst verwaist. Nur ein Mann sitzt noch allein auf dem Boden, die Knie fest umschlungen und schüttelt ungläubig den Kopf. Es ist ihm trotz allem Bemühen nicht gelungen, einen Investor für sein Geschäftsmodell zu finden. Jetzt muss er alles alleine stemmen. Er erhebt sich mühsam und schleicht aus dem Studio. Er trägt einen weißen Kittel.

Vor der Sendung war er noch voll überzeugt, die beste Geschäftsidee des Jahres zu haben: ein Ort, wo kranke Menschen Mittel einkaufen können, die sie wieder gesund machen. Aber es ist nicht leicht, in der „Höhle der Löwen“ zu bestehen. Die potenziellen Investoren stellen viele kritische Fragen – auch zum Konzept Apotheke.

Schon bei der Frage der Finanzierung geriet der Apotheker bei seiner Präsentation erstmals in Schwimmen. „Können Sie das mit der Null-Retaxation noch einmal erklären? Das klingt spannend und nach Action, aber ehrlich gesagt auch ziemlich absurd“, fand Jochen Schweizer. Doch zum Glück schluckte er die Geschichte mit dem Retax-Deal und fragte nicht weiter nach Zentrumspreisen. So wurde vorerst weiter verhandelt.

Ralf Dümmel hat unlängst in die Fahrradbeleuchtung eines gelernten Apothekers investiert und war daher ehrlich interessiert. Beim 5-Jahres-Plan hakte er nach: Sigmar Tengelmann Gabriel rechne noch, ob die Preise steigen dürften? Und die Rx-Preisbindung stehe unter dem Verdikt der Rotröcke in Luxemburg? „Das klingt aber alles nicht besonders zukunftssicher“, zeigte sich Dümmel kritisch. Als er dann noch erfuhr, dass sich die meisten Apothekenprodukte nur schwer in einer großen Handelskette platzieren lassen und selbst starke Marken wie Orthomol Probleme machen können, lehnte er sich sichtbar enttäuscht in seinem Sessel zurück.

Ein große Sorge der Investoren ist regelmäßig, dass die vermeintlichen Innovationen zu leicht kopiert werden können. Frank Thelen machte sich unter anderem Sorgen um die Online-Konkurrenz und Versandhändler. Er hatte gehört, dass ein weiterer Einrichter im Apothekenmarkt pleite gegangen ist. Er liebäugelt deshalb mit einem Investment bei der Shop-Apotheke.

Judith Williams findet die Idee „Apotheke“ insgesamt ein bisschen schmuddelig. „Wenn da so Pornofilme im Schaufenster laufen können, ich weiß ja nicht.“ Das wäre tragisch, wenn das Konzept daran scheitern sollte, dass irgendein Idiot in München mit seinem iPhone eine Apotheke lahmgelegt hat. Aber das Geschäft ist schnell und brutal.

So wie Carsten Maschmeyer. Der wurde hellhörig, als er erfuhr, dass ein Apotheker nach einer Zyto-Ausschreibung 86 Arztpraxen versorgen darf. Aber dann sickerte während der Sendung durch, dass Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) diesen ganzen Quatsch mit den Zyto-Ausschreibungen verbieten will. Der Apotheker erklärte den Investoren, dass das für die Versorgung, den Markt und damit letztlich seine Geschäftsidee letztlich gut sei.

Nur Barmer-Chef Dr. Christoph Straub ließ telefonisch ausrichten, dass er Gröhe jetzt nicht mehr lieb habe. Das Leben ist eben kein Bundessozialgericht. Die Kassen konnten trotz redlichem Bemühen auch nicht verhindern, dass die Politik den Hungerlohn der Apotheker für Rezepturen in einen Imbisslohn verwandeln möchte. Die Pharmahersteller kämpfen noch für ihre Anliegen – auch hier sind die Kassen nicht besonders zufrieden mit Gröhe.

Aber zurück in die Höhe des Löwen. Maschmeyer interessiert sich immer für Skaleneffekte. Eine Apotheke, schön und gut. Aber was ist mit 1000 Apotheken? Oder 10.000? Die Kunde vom Fremdbesitzverbot traf ihn wie eine Finanzvertriebsgesellschaft. Er sagte ab. Keine Kette, keine Kohle. Außerdem hat er bis zu seiner Zwangsexmatrikulation mal Medizin studiert und daher von Natur aus nicht das beste Verhältnis zu Apothekern. „Ich bin raus.“

Das Verhältnis zwischen den beiden Berufsgruppen wird seit einiger Zeit zusätzlich strapaziert – durch den Medikationsplan. Seit dem 1. Oktober haben Patienten Anspruch darauf, hier geht’s zum Faktencheck. Das BMG beeilte sich noch zu twittern: „Apotheker sind verpflichtet, den #Medikationsplan auf Wunsch eines Patienten zu aktualisieren, wenn sich die Medikation ändert.“ Danke BMG! #BTW17

Was die Apotheker erst mal nicht so oft auf den Plan schreiben müssen, ist ASS Heumann. Wegen möglicher Probleme bei der Teilbarkeit gab es einen Rückruf. Das ist aber nicht der Grund, warum der Hersteller in diesem Jahr zum ersten Mal seit 35 Jahren nicht zur Expopharm kommt. Aber keine Sorge: Viele andere kommen, sogar ein paar Neue.

Schwabe ist wieder dabei, diesmal aber mit neuem Marketingleiter. Stada ist auch da, aber ohne einen langjährigen Geschäftsführer. Und die Vertriebsfirmen werden auch zusammengelegt: Aus 4 mach 2. Alliance ist nicht da und bei Alliance sind vielleicht bald auch viele Mitarbeiter im Servicecenter nicht mehr da: „Warten auf die Guillotine“, lautet die wenig euphorische Devise.

In der Schweiz haben sich Apothekenkundinnen beschwert. Sie fühlten sich gedemütigt, als sie die Pille danach kaufen wollten. Wenn sich das wirklich so zugetragen hat, ist der Ärger berechtigt. Und wie immer strahlen Einzelfälle auf alle ab. Also: Besonders nett sein am Wochenende!

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