Arztstempel

Retaxfalle Betriebsstättennummer

, Uhr aktualisiert am 16.07.2015 16:24 Uhr
Berlin -

Die neuen Pflichtangaben auf dem Arztstempel machen den Apotheken weiter zu schaffen. Weil nicht alle Ärzte ihre Vornamen und Telefonnummern auf das Rezept drucken, drohen neue Retaxationen. Einige Kassen gehen sogar davon aus, dass die Betriebsstättennummer (BSNR) im Arztstempel angegeben sein muss. Weil es hierzu widersprüchliche Angaben gibt, könnten die Apotheker erneut mit den Kassen aneinander geraten.

Zum 1. Juli ist eine Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) in Kraft getreten. Seitdem müssen im Arztstempel zusätzlich der Vorname des Arztes und eine Telefonnummer angegeben sein. Doch viele Praxen ließen die Übergangsfrist seit Dezember ungenutzt verstreichen. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat zumindest mit den Ersatzkassen eine Friedenspflicht von zusätzlich drei Monaten vereinbart, damit die Ärzte ihre Software umstellen oder sich korrekte Stempel besorgen können.

Uneins sind sich die Beteiligten aber darüber, was der Arztstempel enthalten muss. Laut AMVV müssen der vollständige Name des Arztes, die Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik des Verordners einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme angegeben werden. Der Bundesmantelvertrag der Ärzte sowie regionale sogenannte Stempelordnungen sehen dagegen auch in der BSNR eine Pflichtangabe.

Einzelne Kassen wünschen sich daher zusätzlich die BSNR im Arztstempel – und wollen Rezepte ohne diese Angabe nicht akzeptieren. Gegenüber einem Apotheker aus Baden-Württemberg kündigte die Bahn BKK Retaxationen an, sollte die BSNR fehlen. Mittlerweile erklärte die Kasse auf Nachfrage, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt habe. Man bestehe nicht auf die BSNR im Stempel und werde nicht retaxieren. Im Gegenteil: Die Bahn BKK sei in dieser Hinsicht sehr kulant, sagte ein Sprecher.

Mit strengen Kassen könnte der Apotheker ein Problem bekommen, weil die verordnende Ärztin aus Bayern eine Änderung ihres Arztstempels ablehnt. Sie stützt sich auf eine Mitteilung ihrer Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Die hatte ihre Mitglieder über die Änderung der AMVV informiert und alle Pflichtangaben aufgelistet – ohne BSNR. „Die Betriebsstättennummer muss Teil des Rezeptes sein, aber nicht im Stempel“, sagte eine Sprecherin. Die Nummer sei keinesfalls ein verpflichtendes Element im Arztstempel.

Die Verordnungsberatung der KVB teilte dagegen mit, dass das Informationsschreiben jetzt aktualisiert und erweitert werden soll. Zwar sei die Betriebsstättennummer gemäß AMVV keine Pflichtangabe, so die Leiterin der Verordnungsberatung, Dr. Elfriede Burker. Gemäß der Gesamtverträge müsse die Betriebsstättennummer im Vertragsstempel jedoch enthalten sein, teilte Apothekerin Burker mit.

Ein Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erklärt, dass die BSNR an anderer Stelle des Rezeptes zwingend aufzuführen sei. „Von daher ist es nicht entscheidend, dass die Betriebsstättennummer im Vertragsarztstempel auftaucht“, so ein Sprecher. Die konkreten Inhalte des Arztstempels würden allerdings regional zwischen KVen und Krankenkassen geregelt.

Die Stempelordnung der KV Thüringen etwa nennt die neunstellige Hauptbetriebsstättennummer als Pflichtangabe. Auch laut einer Information der KV Baden-Württemberg muss die Angabe zusätzlich im Stempel stehen. Die Apotheker können sich dagegen darauf berufen, dass für ihre Abrechnung nur die AMVV verbindlich ist und nicht irgendwelche Mantelverträge oder Stempelordnungen der Ärzte.

Tatsächlich steht die BSNR auch ohne Stempel sogar zweimal auf dem Rezept: Unten rechts ist sie schon vorgedruckt, wenn der Arzt die Blankorezepte bestellt. Die Praxis druckt die BSNR dann bei der Verordnung erneut in das dafür vorgesehene Feld unterhalb der Nummer der Krankenkasse. Im Stempel wäre die Nummer dann zum dritten Mal aufgeführt.

Retaxationen wegen der BSNR drohen Apotheken schon heute, wenn die Angaben auf dem Rezept voneinander abweichen: Eine Berliner Apotheke blieb bei gefälschten Rezepten auf den Kosten sitzen, weil die Nummer des Stempels nicht mit der auf dem Rezeptvordruck übereinstimmte. Aus Sicht der AOK hätte dies in der Apotheke erkannt werden müssen. Dieser Einschätzung stimmte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) zu.

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