Tipps und Tricks

Dronabinol in der Praxis

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Berlin -

Die Abgabe und Verarbeitung von Dronabinol spaltet die Apothekenwelt: Während viele Apotheken mittlerweile Routine in der Praxis haben, herrscht bei anderen noch immer große Unsicherheit. Für all jene, die noch Fragen und Klärungsbedarf haben, gab es auf der Expopharm einen Workshop.

Vielen Apothekenmitarbeitern stockt der Atem, sobald ein Dronabinol-Rezept auf dem HV-Tisch landet, doch auch bei „alten Hasen“ können Fragen aufkommen. Die Apotheker Dr. Christian Ude und Dr. Ralf Schabik teilten ihre Erfahrungen aus der Praxis, ebenso wie PTA Vanessa Leicht, die mit praktischen Tipps zu Herstellung und Verarbeitung zur Seite stand. Dr. Michael Hörnig vom DAC/NRF gab zudem Einblicke in theoretische Grundlagen und Dr. Jasmin Popp, Fachreferentin für medizinische Information bei Bionorica Ethics, half mit wichtigen Hinweisen in Bezug auf die Dronabinol-Herstellung.

Da Hartfett und Neutralöl häufig umstritten seien, komme häufiger auch die Nachfrage nach anderen Grundlagen, erklärte Leicht. Dies sei grundsätzlich möglich, jedoch handle es sich dann nicht mehr um eine NRF-Vorschrift und die Plausibilität müsse von der herstellenden Apotheke selbst geprüft werden. Hörnig bestätigte dies: Zwar darf grundsätzlich von den bewährten NRF-Rezepturen abgewichen werden, jedoch sollte man dem verordnenden Arzt am besten vermitteln, NRF-Rezepturen zu verordnen, da Dronabinol-Rezepturen sehr komplexe Vorschriften haben. Die Verordnung einer NRF-Rezeptur erleichtert der Apotheke die Herstellung enorm. Viele Ärzte würden sich noch immer scheuen, Dronabinol zu verordnen. Ärzte müssten generell die „Angst vor der Substanz verlieren“, gab Schabik zu bedenken.

Bei der Herstellung von Dronabinol-Tropfen gibt es im Wesentlichen zwei Gefahren: Zum einen kann es durch Oxidation zu einer Verfärbung der Lösung kommen, zum anderen kann durch Eintritt von Wasser eine Trübung entstehen: Bereits wenige Tropfen reichen aus. Daher sollte auf das Wasserbad beim Schmelzen des Harzes nach Möglichkeit verzichtet werden. Besser geeignet ist das Erhitzen mit dem Fön. Doch auch dabei gibt es etwas zu beachten: Der Kolben der Spritze sollte vorher etwas zurückgezogen werden, da sich die Substanz bei Erwärmung ausdehnt und es sonst zu Verlusten kommen kann, erklärte Leicht.

Wichtig bei der Verordnung sei die Angabe der Dosis in Milligramm, erklärte Popp. Die Dosierung richtet sich im Grunde nach dem Patienten und seinen Beschwerden: Benötigte Stärke und Wirkdauer können sehr individuell sein. Aus der Praxis ist bekannt, dass Ärzte auch vom NRF abweichende Konzentrationen wie 10 mg/ml oder 50 mg/ml, verordnen. Tendenziell seien niedriger dosierte Zubereitungen jedoch weniger stabil, gab Popp zu bedenken.

Die Startdosierung beträgt in der Regel zwei bis drei Tropfen einer Lösung mit 25 mg/ml Dronabinol – das entspricht ungefähr 1,7 bis 2,5 mg Dronabinol. Der Vorteil der Tropfen bestehe in der individuellen Dosierbarkeit, erklärte Popp. Wenn keine Nebenwirkungen auftreten, könne schneller aufdosiert werden, sonst vorsichtiger. Jeden zweiten bis dritten Tag kann die Dosierung gesteigert werden. Es kann helfen, den Patienten tagesaktuell notieren zu lassen, wie er sich nach der Einnahme und im Tagesverlauf fühlt.

Gemeinsam mit dem Arzt kann die Dosis dann entsprechend justiert werden. Das sei zwar ein ziemlich großer Aufwand, lohne sich jedoch für den Imagegewinn, erklärte Schabik. Eine Aufdosierung ist solange möglich, bis der Patient gut eingestellt ist oder die Nebenwirkungen nicht mehr tolerierbar sind. Ein Ausschleichen sollte nach gleichem Schema schrittweise erfolgen, sodass keine Entzugserscheinungen auftreten.

Bei einer Einzelgabe empfiehlt es sich, die Dosis abends zu nehmen, damit eventuelle Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel über Tag nicht zu Beeinträchtigungen führen. Für die Einnahme der Tropfen sollten diese nicht in Wasser gegeben werden, da sie sich wie ein Film am Glas entlangziehen und so nicht die gewünschte Dosis aufgenommen wird, erklärte Schabik. Besser geeignet sei die Einnahme auf einem Stück Brot oder etwas Zucker.

Beim Herstellen von Dronabinol-Kapseln stellt neben dem Erwärmen der Substanz häufig auch das Einfüllen in die Leerkapseln eine Herausforderung dar: Die Spritzen zum Überführen der Flüssigkeit seien oft schwer kontrollierbar. Besser geeignet sei häufig eine Einmalpipette, riet Leicht. Hörnig erklärte den Vorteil der Kapseln: Aufgrund der schützenden Kapselhülle seien sie weniger anfällig als Tropfen.

Das Missbrauchspotential für Dronabinol-Zubereitungen ist ebenfalls immer wieder ein Thema. Laut Schabik ist das jedoch unbegründet. Viel größer sei das Potential bei synthetischen Subtanzen. Auch Ude pflichtete dem bei: Der Missbrauch sei „schwer überschaubar“. Auch die Fahrtüchtigkeit mit Dronabinol sei immer noch ein „riesiges Problem“, erklärte Schabik. Er empfahl, Patienten immer eine Kopie des Rezepts mitzuführen, damit es nicht zu Missverständnissen bei Verkehrskontrollen kommt. Schwieriger werde es, sobald etwas passiere: Denn viele Versicherungen machten immer noch Probleme. Dabei sei das Thema bei den weitaus mehr Fentanyl-Patienten ebenso präsent.

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