Machtkampf in der Union

Asyl-Streit: Spahn, Söder, Seehofer contra Merkel

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Berlin -

In der Union tobt ein Machtkampf um die Ausrichtung der Flüchtlingspolitik. Erstmals muss Kanzlerin Angela Merkel (CDU) um ihre Mehrheitsfähigkeit in den eigenen Reihen kämpfen. Im CDU-Präsidium verweigerte nach Presseberichten als einziger Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Merkel die Gefolgschaft. Klar gegen Merkel stellten sich Innenminister Horst Seehofer und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU).

Spahn will das Flüchtlingsthema in der Fraktion zur Abstimmung stellen. Der Streit um die Asyl-Politik eskalierte in der Union zu einem ernsthaften Machtkampf. Die CDU- und CSU-Bundestagsabgeordneten kamen zu getrennten Sondersitzungen zusammen. Dafür wurde die laufende Sitzung des Bundestages unterbrochen. Das geschieht nur in seltenen Fällen.

Nach Informationen der Bild-Zeitung rücken Innenminister Seehofer und Bayerns Ministerpräsident Söder nicht von ihrer Forderung ab, bereits in anderen EU-Ländern registrierte Migranten an den deutschen Grenzen zurückzuweisen. Im Gegenteil: Die CSU setzt Merkel ein Ultimatum, droht sogar mit einem Alleingang. Sollte es keine Einigung geben, wolle er notfalls per Ministerentscheid handeln und dazu am Montag den Auftrag des CSU-Vorstandes einholen, sagte Seehofer. Ein beispielloser Vorgang. Damit steht die Union nicht vor einer Machtprobe, der Streit könnte sich zu einer Regierungskrise ausweiten.

Die Bild-Zeitung zitiert Ministerpräsident Söder mit den Worten: „Wir sind im Endspiel um die Glaubwürdigkeit. Die Menschen haben die Geduld verloren. Die CSU steht. Wir müssen jetzt beweisen, dass wir für unsere Haltung stehen.“ Ein anderer CSU-Abgeordneter wird so zitiert: „Die Kanzlerin bittet um Vertrauen und Geduld. Wir haben weder Vertrauen noch Geduld.“

Schon in der Fraktionssitzung am Dienstag war der Streit zwischen Seehofer und Merkel offen ausgebrochen. Teilnehmer berichteten von einer dramatischen Lage für Merkel. Eine Abstimmung über Seehofers Asyl-Plan konnte nur knapp vermieden werden. Es habe eine klare Mehrheit gegen Merkel gestanden, hieß es.

Aus der CDU-Spitze erhält Merkel aber immer noch Rückhalt. Merkel hatte dort einen Zeitplan für eine Einigung im Asyl-Streit vorgelegt: Parteigremien am kommenden Montag, danach Fraktionssitzung, bilaterale Verhandlungen mit anderen EU-Ländern bis zum Europäischen Rat am 28. und 29. Juni, danach erneute und abschließende Bewertung. Spahn trug im CDU-Präsidium diese Linie nicht mit. Er sagte laut Presseberichten, die Diskussion werde am „falschen Ort“ geführt, das Thema gehöre in die Fraktion: „Nur dort sitzt die Union zusammen und nur dort kann sie zusammengehalten werden…“

Nach letzten Berichten hat Merkel für ihren Zeitplan in der Sondersitzung bei den CDU-Bundestagsabgeordneten breite Zustimmung für ihren Verfahrensvorschlag bekommen. Insbesondere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble habe in der Sitzung „mit großer Verve“ die Zukunft und den Bestand Europas beschworen, berichtet die Deutsche Presseagentur aus Teilnehmerkreisen.

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