Protonenpumpenhemmer

Bild: Magensäure-Blocker verdoppeln Krebsrisiko

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Berlin -

Mangel an Vitamin B12 und Magnesium sowie Demenz sind nur einige unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die mit Protonenpumpenhemmern (PPI) in Verbindung gebracht werden können. Erst im Sommer wurde den Wirkstoffen ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko zugesprochen. Nun die nächste Hiobsbotschaft: Laut Bild sollen PPI das Risiko für Magenkrebs verdoppeln.

Grundlage für die Schlagzeile ist eine im Fachmagazin „Gut“ veröffentliche Studie. Hierbei handelt es sich um die Zeitschrift der British Society of Gastroenterology, die sich der Gastroenterologie und Hepatologie widmet. Forscher der Universität von Hongkong und des University College London untersuchten den Zusammenhang zwischen der Langzeitanwendung von PPI und einem erhöhten Risiko, an Magenkrebs zu erkranken. Die Probanden wurden zuvor aufgrund einer Helicobacter-Infektion mit einer Triple-Therapie behandelt. Das Stäbchenbakterium ist ein Risikofaktor für die Entstehung von Magenkrebs.

Die Studie basiert auf der landesweiten Gesundheitsdatenbank von Hongkong. Einbezogen wurden Erwachsene, die zwischen 2003 und 2012 eine ambulante Clarithromycin-basierte Dreifachtherapie erhalten hatten. Verglichen wurde mit einer Population, die anstelle des PPI einen H2-Blocker gegen die Säureproduktion erhalten hatte. Die Wissenschaftler beobachteten die Probanden, bis diese entweder an Magenkrebs erkrankten, starben oder im Dezember 2015 das Studienende erreichten. Im Durchschnitt wurden die Teilnehmer über etwa 7,5 Jahre betreut.

Während des Beobachtungszeitraums wurden etwa 5 Prozent – 3271 Teilnehmer – über etwa drei Jahre mit einem PPI behandelt. Etwa 21.800 Probanden nahmen einen H2-Blocker ein. Insgesamt erkrankten 153 Studienteilnehmer nach vorangegangener Triple-Therapie an Magenkrebs. Der durchschnittliche Zeitabstand zwischen Eradikation von Helicobacter pylori und Krebsdiagnose betrug etwa fünf Jahre.

Das Ergebnis der Forscher: Die Einnahme von PPI konnte mit einem um mehr als das Doppelte (2,44) erhöhten Risiko für Magenkrebs in Verbindung gebracht werden – trotz Eradikationstherapie.

Das Risiko unter PPI nimmt mit der Dauer der Therapie zu. Es steigt laut Studie um mehr als das Fünffache nach einem Behandlungszeitraum von einem Jahr, auf mehr als das Sechsfache nach zwei Jahren und auf mehr als das Achtfache nach drei Jahren. Auch die Häufigkeit der Anwendung spielt laut Studienautoren eine Rolle. Wer täglich ein PPI einnimmt, hat im Vergleich zur einmal wöchentlichen Behandlung ein vierfaches Risiko, an Magenkrebs zu erkranken.

Eine eindeutige Ursache für dieses Ergebnis ist laut Studienautoren nicht zu nennen, Ärzte sollten jedoch bei einer Langzeitbehandlung Vorsicht walten lassen. Die plausibelste Erklärung ist den Forschern zufolge, dass diejenigen Probanden, die PPI als Langzeittherapie erhalten, kränker sind als Patienten, die die Arzneimittel nicht verschrieben bekommen.

Bild zitiert Pharmakritiker Professor Dr. Gerd Glaeske: „Ganz wichtig bei Reflux-Krankheiten ist immer eine Diagnose vom Arzt. Ohne ärztlichen Rat sollten die Mittel, die man frei in der Apotheke kaufen kann, nicht öfter als dreimal im Jahr für je maximal 14 Tage genommen werden!“ Unter ärztlicher Beteiligung sei eine längere Einnahme möglich.

PPI sind indiziert zur Behandlung von verschiedenen Ulzera und Helicobacter pylori im Rahmen der Triple-Therapie, zur Prophylaxe und Therapie von gastrointestinalen Ulzera durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Refluxkrankheit und Ösophagitis sowie dem Zollinger-Ellison-Syndrom. Sie verhindern die Sekretion der Magensäure durch eine spezifische Hemmung der Protonenpumpe. Die verminderte Freisetzung der Magensäure ist reversibel. Die Wirkstoffe sind säureempfindlich und daher mit einem magensaftresistenten Überzug versehen. Daher können sie erst im Dünndarm resorbiert werden.

Die jeweiligen Prodrugs gelangen über den Blutkreislauf an die Belegzellen im Magen und werden dort durch die Säure in ihre eigentliche Wirkform überführt. Durch Bindung an die H+/K+-ATPase wird die Protonenpumpe an der Freisetzung der Magensäure irreversibel gehemmt. Die lange Wirkdauer beruht auf der Neubildung der H/K-ATPase, die etwa ein bis drei Tage in Anspruch nimmt.

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