Debatte um Versandhandel

Alexa: Wer ist die Bedrohung?

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Berlin -

Wer bedroht die Apotheke vor Ort? Der Versandhandel, die Rabattverträge, Rx-Boni, die Digitalisierung oder der bequeme Patient? Und wie ist es um die Zukunft der Apotheken bestellt? Auf dem Arzneimittelforum des Kassendienstleisters GWQ ging es unter anderem darum, wie die Versorgung 2030 aussehen könnte.

Auch ein Jahr nach dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni ist der „Status quo nicht besonders intelligent“, so DocMorris-Vorstand Max Müller. Man wolle sich das Gesundheitswesen von Europa zurückholen, dabei habe sich Brüssel nie eingemischt und man selbst den Versand erlaubt. „Es besteht ein falscher Eindruck, denn niemand hat sich durch ein Hintertürchen Zugang verschafft.“ Seit 2009, also sieben Jahre, habe man über den Versand diskutiert, aber die Zeit nicht genutzt, um über die Vergütung zu sprechen. Heute könne man sich einer Debatte wie die Apotheke in Zukunft funktioniert, nicht mehr versperren.

Müller wies darauf hin, dass die Zahl der Apotheken zur Einführung des Versandhandels gestiegen ist und mit dem Verbot von Rx-Boni wieder abgenommen habe. Oder ist es doch die Digitalisierung? „Unsere Kinder wachsen damit auf, egal ob es uns gefällt oder nicht“, sagte Müller in Düsseldorf. Die Kunden setzen also den neuen Standard. Globalen Trends und Einflussfaktoren wie Demographie, Gesundheitsbewusstsein oder Verhalten geschuldet, ändere sich die Beziehung zum Kunden. „Das Web hört an der deutschen Grenze nicht auf, das mag so mancher bedauern, ist aber so“, so Müller. Man müsse daher das System zum Wohle des Kunden neu denken und vernetzen – unabhängig vom Vertriebsweg.

„Der Mensch ist bequem“, weiß auch Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer und Mitglied des ABDA-Bundesvorstandes. Dennoch müsse bei der Arzneimittellieferung ein regionaler Bezug vorhanden sein. Der Kunde und der Apotheker müssten zusammen kommen können – kein Problem bei einer Entfernung von etwa zehn Kilometern.

Der Versand ist für Kiefer nicht das Problem, sondern die unterschiedliche Wirkung der Preisbindung. „Das Sozialsystem fußt darauf, alle mitzunehmen, auch die letzten 10 Prozent. Die Gleichpreisigkeit ist das A und O.“ Als Lösung fällt ihm derzeit nur ein Rx-Versandverbot ein. Differenzierte Preismodelle von Versand- und Vor-Ort-Apotheken seien weder haltbar noch sozialpolitisch vertretbar. Vor allem bliebe die Frage offen, wem die gewährten Boni eigentlich zustehen. Kiefer zufolge müssen neue Vergütungsmodelle her, weg von einer einheitlichen Packungsvergütung. Für 2030 wünscht sich Kiefer: „Der Bürokratismus sollte sich in digitale Luft auflösen“.

„DocMorris genießt die Vorteile und die Apotheken gucken in die Röhre“, bestätigte Dr. Johannes Thormählen, Vorstand der GWQ. Aber ein Verbot sei eine Mauer. „Wir kommen um den Versandhandel nicht herum“, so der Kassenfunktionär. Nicht zuletzt weil es „die Heranwachsenden im ländlichen Raum auch leicht haben wollen“. Zudem sei der persönliche Kontakt nicht mehr so wichtig.

Man müsse beide Welten zusammenführen, denn es gebe weder genug Ärzte noch Apotheker, um den ländlichen Raum zu bedienen, so Thormählen. Andere Länder wären in der Telemedizin weit voraus. Der Markt biete mehr Player als nur die Offizinapotheken und den Versand. Ist also Amazon eine Gefahr? Müller hat keine Furcht vor dem Versandriesen. Der Druck auf das System nehme die Unbeweglichkeit. Man müsse die Kräfte bündeln, statt einen Flickenteppich zu bilden, gemeinsam müsse man eine 360°-Wende schaffen. „Eine Apotheke im ländlichen Raum kann wirtschaftlich alleine nicht bestehen.“

Die Schuld liege nicht im E-Commerce, wobei E mittlerweile bei einigen für „evil“ stehe, findet Müller. Städte würde zudem veröden, weil Gewerbeparks errichtet würden und zwar jeder einen Bäcker oder einen Apotheker in der Stadt haben möchte, aber niemand dafür zahlen wolle.

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