Konversions- oder Reparationstherapien

Bundesregierung: Homosexualität ist keine Krankheit

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Berlin -

Immer wieder flammt die Diskussion über sogenannte Konversions- oder Reparationstherapien zur „Heilung“ von Homosexualität auf. Zuletzt hatte Gero Winkelmann, Präsident des Bundes Katholischer Ärzte (BKÄ), mit seiner Aussage, dass er Homosexualität mit Globuli „heilen“ wolle, kritische Reaktionen ausgelöst. Auf eine entsprechende Anfrage der Fraktion Die Linke stellt nun die Bundesregierung klar, dass Homosexualität „keine Krankheit ist und daher auch keiner Behandlung bedarf“. Verbieten will die Bundesregierung Angebote zu Konversions- oder Reparationstherapien derzeit aber nicht.

Der Bundesregierung sei der Respekt der geschlechtlichen Vielfalt ein wichtiges Anliegen, heißt es in der Antwort. Die Bundesregierung bekräftige im zwischen CDU, CSU und SPD geschlossenen Koalitionsvertrag, dass alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei und sicher leben können sollen – mit gleichen Rechten und Pflichten. Gleichzeitig verurteile die Bundesregierung Homosexuellen- und Transfeindlichkeit und betone, „dass sie entschieden jeder Diskriminierung entgegen wirken wird“.

Im Einklang mit dem Weltärztebund und der Bundesärztekammer (BÄK) vertrete die Bundesregierung eindeutig die Auffassung, „dass Homosexualität keine Krankheit ist und daher auch keiner Behandlung bedarf“. Der Weltärztebund stelle in seiner Entschließung von 2013 klar fest, dass es unethisch für Ärzte sei, sich an sogenannten Konversions- oder Reparationstherapien zur Behandlung von Homosexualität zu beteiligen.

Einen Zusammenhang zwischen Angeboten von Konversions- oder Reparationstherapien zur rechten politische Szene gibt es laut Bundesregierung nicht. Ihr lägen keine Erkenntnisse über die Aktivitäten der von den Linken genannten Vereine, ihre etwaige internationale Vernetzung oder ihre Vernetzung mit der neonazistischen oder sogenannten „rechtspopulistischen“ Szene vor. Auch sei der Bundesregierung nicht bekannt, ob andere Organisationen sogenannte Konversions- und Reparationspseudotherapien anbieten oder dafür werben.

 

Die Bundesregierung unterstütze durch ihre enge Zusammenarbeit mit den Ländern, wissenschaftlichen Einrichtungen sowie Nichtregierungsorganisationen die gesamtgesellschaftlichen Bemühungen, die Akzeptanz von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen zu fördern. Im Rahmen der jeweiligen Ressortzuständigkeit würden einzelne Verbände, wie der Bundesverband Trans*, das Jugendnetzwerk Lambda, der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren, der Dachverband Lesben & Alter, die Deutsche Aidshilfe sowie zahlreiche lokale und überregionale Nichtregierungsorganisationen durch Projektförderungen aus dem Bundeshaushalt in ihrer Arbeit gestärkt.

Einen wichtigen Beitrag hierzu leiste auch das 2015 gestartete Bundesprogramm „Demokratie leben!“ Diese gesamtstaatlichen Aktivitäten sollten dazu beitragen, dass sich lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen in ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität angenommen und akzeptiert fühlen und damit keine Veranlassung sehen, Angebote sogenannter Homo-Heilung und Konversionspsychotherapien in Anspruch zu nehmen.

„Da Homosexualität keine Krankheit ist, kommen schon aus diesem Grund Leistungen der Krankenbehandlung nach § 27 Absatz 1 Satz 1 SGB V nicht in Betracht“, schreibt die Bundesregierung: „Eine Konversionstherapie ist keine Leistung, die zulasten der GKV in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht und abgerechnet werden darf.“ Die zulässige ärztliche Behandlung bei der Diagnose „ichdystone Sexualorientierung“ beziehe sich auf die Behandlung einer begleitenden psychischen oder Verhaltensstörung, nicht aber auf die Änderung der Richtung der sexuellen Orientierung. Den Krankenkassen lägen aktuell keine Hinweise vor, dass falsch dokumentierte Behandlungen stattfänden, die gegen diese Regelungen verstießen und zu einer Abrechnung von sogenannten „Konversionstherapien“ führen.

Auf die Frage der Fraktion Die Linke, ob die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung von „Konversionstherapien“ sowie ihrer Bewerbung erwägt, antwortet sie wie folgt: „Die Bundesregierung setzt beim Schutz junger Menschen vor unangemessenen und gegebenenfalls für sie schädlichen Therapie- und Beratungsangeboten insbesondere auf die frühzeitige sachgerechte Aufklärung und Information.“ Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) unterstütze dies im Auftrag der Bundesregierung durch die Bereitstellung verschiedenster Informationen, die junge Menschen in ihrem Selbstwertgefühl und in der Entwicklung ihrer sexuellen Identität stärkten.

Sexualität sei integraler Bestandteil von körperlicher und seelischer Gesundheit. Die Medien und Maßnahmen der BZgA motivierten zur Akzeptanz und Toleranz unterschiedlicher Lebensstile, Lebensentwürfe und sexueller Orientierungen. Durch Aufklärungsmedien, wie die Broschüre „Heterosexuell? Sexuelle Orientierung und ComingOut“ werde das Selbstbewusstsein von Menschen jeder sexuellen Orientierung gefördert.

Abwarten will die Bundesregierung die Erfahrungen in Malta. Dort gilt seit Dezember 2016 der „Affirmation of Sexual Orientation, Gender Identity and Genderexpression Act“. Hiernach sind „Konversionstherapien“ sowohl für „Fachleute“ als auch für jedermann untersagt. Bei Verstößen können laut Bundesregierung eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr verhängt werden: „Soweit der Bundesregierung bekannt, ist Malta das erste europäische Land, das ein solches Verbot erlassen hat. Da das Gesetz erst seit gut einem Jahr in Kraft ist, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse zu Erfahrungen vor, die in Malta aufgrund dieses Gesetzes gesammelt werden konnten.“

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