Festbeträge

Patienten drohen höhere Zuzahlungen

, Uhr
Berlin -

Zum 1. April treten neue Festbeträge in Kraft, den Apotheken drohen Lagerwertverluste und Diskussionen mit den Kunden. Denn von den mehr als 70 Millionen GKV-Patienten müssen viele mit einem Anstieg der gesetzlichen Zuzahlungen zu rezeptpflichtigen Arzneimitteln rechnen. Wo bisher keine Zuzahlungen anfallen, können dann fünf bis zehn Euro pro verordnetem Medikament fällig sein, die von den Apotheken für die Krankenkassen eingezogen werden, teilt der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit.

Vom Absenken der Festbeträge, die eigentlich Erstattungshöchstbeträge sind, versprechen sich die Krankenkassen laut DAV jährliche Einsparungen in Höhe von 105 Millionen Euro. Senken die pharmazeutischen Hersteller ihre Preise nicht parallel ab, kann plötzlich eine Zuzahlungspflicht für die Patienten entstehen. Nach Berechnungen des DAV nehmen die Zuzahlungen für Arzneimittel, die Krankenkassen ihren Versicherten in den Apotheken abverlangen, bereits seit Jahren zu: Im Jahr 2017 waren es schon mehr als 2,1 Milliarden Euro.

Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) warnt vor den Wirkungen der neuen Festbeträge: „Die Erstattungshöchstgrenzen bei Arzneimitteln, die unter Festbetragsgruppen fallen, sinken von Jahr zu Jahr“, kritisiert Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BAH. Dies habe auch Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung. „Die immer niedrigeren Preise haben zur Folge, dass Arzneimittelhersteller nicht mehr wirtschaftlich zum Festbetrag produzieren können. Deshalb werden die Arzneimittel oftmals aufzahlungspflichtig oder müssen im schlechtesten Fall vom Markt genommen werden und stehen der Patientenversorgung nicht mehr zur Verfügung“, warnt Kortland.

Für 30 Gruppen werden zum 1. April die Preise angepasst, für Infliximab wird erstmals ein Festbetrag festgesetzt. Außerdem werden elf Gruppen mangels Besetzung aufgehoben. Für Infliximab wird ein Abschlag von 22 Prozent auf das Original Remicade (Janssen) fällig. Bei den Biosimilars müsste Biogen den Preis für Flixabi um rund 13 Prozent absenken, um Patienten eine Aufzahlung zu ersparen. Bei Remsima von Mundipharma liegt die Differenz bei 4 Prozent. Pfizer liegt mit Inflectra bereits heute unter dem künftigen Festbetrag.

Der Wirkstoff Infliximab wird laut BAH bei schweren Krankheitsverläufen eingesetzt, bei denen eine konventionelle Therapie nicht mehr anschlägt, etwa bei rheumatoider Arthritis und Morbus Crohn. „Obwohl die Gesetzliche Krankenversicherung 2017 ein Rekordplus von 28 Milliarden Euro verzeichnete, spart sie mit der aktuellen Festbetragsabsenkung weiter. Das ist nicht nachvollziehbar“, so Kortland.

Zeitgleich zu den kassenübergreifenden Festbetragsanpassungen treten laut DAV zum 1. April auch kassenspezifische Rabattverträge neu in Kraft, die dazu führen können, dass Patienten sich von ihrem gewohnten Präparat auf ein neues Medikament umstellen müssen. So haben die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) nach eigenen Angaben mehr als 100 Wirkstoffe mit mehr als zwei Milliarden Euro Umsatz pro Jahr vergeben, darunter der Magensäurehemmer Pantoprazol und das Schmerzmittel Metamizol. Auch die DAK Gesundheit hat Verträge zum 1. April geschlossen. Die Techniker Krankenkasse (TK) hatte bereits zum 1. März mehr als 100 Fachlose in Rabattverträgen für die Versorgung ihrer Versicherten vergeben. Durch die Umstellung auf ein anderes Rabattarzneimittel kann sich auch die Zuzahlungshöhe ändern.

Der G-BA legt fest, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge eingeführt werden. Der Festbetrag wird dann vom GKV-Spitzenverband festgelegt und ist der Betrag, den die Kassen maximal für das Arzneimittel bezahlen. Übersteigen die Kosten für das Präparat diese Erstattungsgrenze, zahlt der Patient entweder die anfallenden Mehrkosten oder erhält ein gleichwertiges Arzneimittel ohne Zuzahlung. Vor diesem Hintergrund gleichen die Hersteller die Preise ihrer Arzneimittel meist dem Festbetrag an. Den Apotheken drohen dann Lagerwertverluste.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte