Apothekenkontrolle

„Wir kommen nicht im Kampfanzug“

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Berlin -

Steht die Revision an, steigt die Aufregung in der Apotheke. Auch wenn die regelmäßige Überwachung durch den Pharmazierat zum Alltag gehört, ist sie eine Stresssituation für das Team. Wer lässt sich schon gerne kritisieren? „Wichtig ist, den Apotheker nicht vor den Kopf zu stoßen“, sagt Pharmazierat Christian Bauer. Eskalationen sind Pharmazieräten zufolge zwar selten, Beleidigungen müssen die Kontrolleure mitunter aber einstecken.

Apotheken bereiten sich in der Regel gut auf die Revision vor. „95 Prozent arbeiten sehr ordentlich“, sagt Bauer, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) ist. Wichtig bei der Prüfung sei die Wortwahl. „Wenn ich einen Kritikpunkt finde, gebe ich direkt einen Lösungsvorschlag.“ Pharmazieräte müssten dem Inhaber Auffälligkeiten gut erklären. „Man muss versuchen, ein gewisses Verständnis auf beiden Seiten zu wecken.“

Verschärft sich eine Diskussion zu einem Streit, sollten Pharmazieräte die Debatte nicht zu ernst nehmen, so Bauer. „Man muss sich ein ‚Om‘-Gefühl zulegen.“ Er selbst sei bereits bei Kontrollen beleidig worden. „Dass man persönlich angegangen wird und Ausdrücke fallen, kommt vor.“ Wichtig sei, situationsbedingt zu reagieren. Die Kammer Saarland als Aufsichtsbehörde empfiehlt ihren Pharmazieräten, in solchen Situationen zu schweigen, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. Eine allgemeine Handlungsempfehlung ist das laut Bauer aber nicht, der es persönlich je nach Einzelfall anders handhabt: „Ich verbitte mir die Wortwahl oder weise den Apotheker daraufhin, dass er zu weit gegangen ist.“ Notfalls würden Maßnahmen wie Geldbußen ausgesprochen.

Bauer verweist auch darauf, dass es zwischen Pharmazierat und Apotheker manchmal einfach nicht „menschelt“. Dann komme Psychologie ins Spiel, sagt er. Jeder Kontrolleur habe seinen eigenen Stil, jede Revision laufe individuell ab. „Wichtig ist, in diesen Situationen sachlich zu bleiben.“ Den Inhabern müsse jedoch klar sein, dass die Überwachung von Apotheken gesetzlich vorgeschrieben ist. „Das müssen sie erdulden.“

Handgreiflichkeiten hat Bauer noch nie erlebt – und auch nicht davon gehört. „In den Apotheken geht es gesittet zu. Wir kommen nicht im Kampfanzug.“ Doch nicht immer gelingt die Revision ohne Zwischenfälle. Zuweilen kommt es vor, dass ein Pharmazierat aus der Apotheke geworfen wird. Der Inhaber bricht die Revision ab, macht von seinem Hausrecht Gebrauch – muss dann aber natürlich mit den Folgen leben.

Rüdiger Balasus, Pharmazierat in Baden-Württemberg, kennt solche Vorfälle nicht. Wie ein Streit ende, hänge auch vom Pharmazierat ab, sagt der Inhaber der Aachtal-Apotheke in Volkertshausen. „Ich sehe mich als Berater.“ Fehler und Probleme müssten erklärt werden. Immerhin änderten sich die gesetzlichen Anforderungen an Apotheken schnell. Pharmazieräte könnten durch ihr Auftreten eine Eskalation vermeiden: „Wenn ich spüre, dass der Apotheker nervös wird, muss ich ruhig bleiben.“

Auch in Schleswig-Holstein kommen Ausfälle selten vor. Im Protokoll könne die Apotheke direkt Widerspruch einlegen. „Das habe ich selbst aber noch nie erlebt“, sagt ein Pharmazierat. „Ich habe noch nie Polizeischutz gebraucht“, scherzt er. Seine Devise: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“ Ihm zufolge kommt es auch darauf an, ob der Pharmazierat ein Offizin- oder Amtsapotheker ist. „Das Verständnis für die Situation zwischen Inhabern ist größer.“ Eskalationen mit Pharmazeuten, die als Fachangestellte in Gesundheitsämtern tätig sind, kämen häufiger vor.

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