Claudia Knaus

Die PTA mit der schwarzen Seele

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Berlin -

Apotheken verbinden viele Menschen mit bestimmten Vorstellungen: Apotheker und PTA stecken in reinlichen, weißen Kitteln, alles ist geordnet und sauber. Vor allem durch die einheitliche Kleidung tanzt in der Offizin äußerlich kaum ein Teammitglied aus der Reihe. PTA Claudia Knaus ist da ganz anders: Sie bringt mehr als nur einen Hauch Gothic in die Apotheke und steht zu ihrem außergewöhnlichen Aussehen.

Von ihren Kollegen und wohl auch den meisten anderen Apothekenangestellten hebt sich Knaus deutlich ab. In ihrer ländlichen Heimat in der Nähe von Sinsheim in Baden-Württemberg fällt sie sofort auf. In ihrer Apotheke, der Schloss-Apotheke in Angelbachtal, haben sich inzwischen aber nicht nur die Kollegen und der Chef an das Styling der PTA gewöhnt, sondern auch die Kunden.

Dabei brachten die Kunden ihr zunächst sehr viel Skepsis entgegen. Knaus ordnet sich selbst der Gothic-Kultur und der Cosplay-Bewegung zu. Als Cosplay wird eine bestimmte Art der Verkleidung bezeichnet. Die Kostüme und die Schminke orientiert sich dabei an Figuren aus den japanischen Comics, den Mangas. Für die PTA bedeutet das, dass sie zumeist stärker als ihre Kolleginnen geschminkt ist. Ihre aufwendigen Verkleidungen hebt sie sich für ihre Freizeit auf.

Seit 13 Jahren ist Knaus nun schon in der Schloss-Apotheke, wo sie auch ihr Praktikum absolvierte. Am Anfang mieden einige Kunden sie noch. Sie hielten sie für eine Anhängerin des Satan-Kultes, zumal sie sich in ihrer Praktikumszeit auch in der Apotheke noch auffälliger kleidete. „Die Kunden dachten dann, ich hätte ihre Arzneimittel verhext“, erzählt Knaus heute. So extrem verkleidet würde sie heute nicht mehr in der Offizin arbeiten. Damals bekam sie hingegen schnell Spitznamen wie „die Leiche“ oder „Teufelsanbeterin“.

Auf die Idee zur PTA-Ausbildung kam sie dank ihrer Zwillingsschwester. In der Schulzeit machte diese ein Praktikum in der Apotheke. Von den Erzählungen war Knaus sofort angetan. „Arzneimittel und das Pharmazeutische haben mich aber schon immer interessiert“, erzählt Knaus. Gleich nach der Schule machte sie daher eine Ausbildung zur PKA und entschied sich ein Jahr später, PTA zu werden.

Am Job fasziniert sie vor allem die Vielfalt. Im Gespräch mit Kunden oder auch in der Rezeptur könne sie sich entfalten, selbst wenn sie ihr Hobby hier natürlich nicht so ausleben kann, wie sie es gerne würde. Doch das sei es allemal wert. „Man erlebt jeden Tag etwas anderes. Da kann man Bücher drüber schreiben“, so Knaus. Einen anderen Beruf als den der PTA kann sie sich heute gar nicht mehr vorstellen.

Seit sie zwölf ist, ist Knaus „Grufti“ und war dann jahrelang in der schwarzen Szene verwurzelt. Das sei heute nicht mehr ganz so extrem. „Ich habe aber immer noch eine schwarze Seele“, so Knaus. In der Woche würde sie ihren Stil schon als normal bezeichnen, ihr Hobby lebt sie erst am Wochenende so richtig aus. „Ich ziehe mich so an, wie ich mich fühle.“

In der Vergangenheit nutzte sie hin und wieder Halloween und Fasching, um sich als „Grufti“ auch mal in der Apotheke zeigen zu können. Mit Perücke, viel Schminke und der passenden Kleidung kam sie zu diesem besonderen Anlässen beim Chef und den Kunden gut an. Im Alltag sei das hingegen nicht denkbar. Trotzdem versuche sie, über ihr Erscheinungsbild etwas von ihrer Persönlichkeit zu zeigen. In der Apotheke tragen alle ihren Kittel offen. Somit ist die Kleidung durchaus zu sehen. Geschminkt und mit einer außergewöhnlichen Frisur oder einer Mütze fällt Knaus hinter dem HV-Tisch auch ohne pinke Haare und Gothic-Look auf.

Doch selbst wenn Knaus in der Apotheke optisch aus der Reihe fällt, stehe ihr Chef zu hundert Prozent hinter ihr. Das sei von Anfang an so gewesen, daher fühle sie sich an ihrem Arbeitsplatz auch sehr gut aufgehoben. „Er sagt, ich soll so bleiben, wie ich bin“, erzählt Knaus. Auch die Kollegen nehmen ihr zufolge keinen Anstoß an dem etwas anderen Hobby der PTA.

Wenn sie sich am Wochenende zum Ausgehen fertig macht, trägt Knaus immer eine andere Perücke. Daher sind ihre Haare mal schwarz, mal braun oder blond. Wenn es zum Stil ihrer Kleidung passt, hat sie auch weiße, pinke oder türkisfarbene Haarteile parat. Diese Verkleidungen und ihre äußeren Merkmale, wie eine zierliche Figur und große Augen, sorgen dafür, dass man Knaus ihr Alter nicht ansieht.

Tatsächlich ist die PTA bereits 37 Jahre alt und wird von den meisten Menschen viel jünger geschätzt. In Clubs wird sie daher oft von 18-Jährigen angesprochen. Ist sie mit ihrer Zwillingsschwester unterwegs, wird diese auch schon mal für ihre Mutter gehalten. Die Partnersuche wird Knaus somit nicht gerade erleichtert.

„Ich bin selbst noch ein Kind“, sagt Knaus über sich. Das werde sich auch nicht mehr ändern, wenn sie die Grenze zur 40 überschritten hat. Außerdem sagt sie: „Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um Mutter zu werden.“ Sie kümmere sich lieber als fünffache Tante um Nichten und Neffen, ohne die ganze Verantwortung für eigene Kinder tragen zu müssen. Aus ihrer eher pessimistischen Sicht werden Kinder ohnehin in keine schöne Welt hineingeboren.

Ihr Hobby hat Knaus bisher noch nicht zu Geld gemacht. Zwar habe sie sich in der Vergangenheit in einer Modelkartei registrieren lassen und auch schon mit vielen Fotografen zusammengearbeitet. Eine Gage ist dabei aber noch nicht für sie herausgesprungen. „Ich bin ja kein Topmodel“, meint Knaus. „Ich kann doch kein Geld dafür verlangen, dass ich fotografiert werde.“ Es sei einfach ihr Hobby; wenn sie kostenlos schöne Fotos bekomme, reiche ihr das.

Einen Traum hat sie aber dann doch: Ihr Hobby und ihren Job verbinden und einmal auf dem Titelblatt der Apotheken Umschau sein. „Das wäre so schön!“ Dass sich der Verlag darauf einlässt, scheint jedoch unwahrscheinlich. Dafür hat Knaus bereits an einer Kampagne der ABDA mitgewirkt. Auf großen Leinwänden zeigte sie mit ihrem Foto, dass auch in den Apotheken nicht jeder einem bestimmten Stereotyp entsprechen muss.

Und als „Grufti“ Weihnachen feiern? Das geht, auch wenn Knaus der Weihnachtszeit nicht viel abgewinnen kann. „Ich bin eigentlich kein Weihnachtsfan, da ich die Zeit nicht genießen kann. Zu viel Hektik, Stress und die Geschenke-Kauferei finde ich auch nicht so toll. Aber ich freue mich, wenn ich bei meiner Familie sein kann und meine Lieben um mich habe.“

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