Hilfstaxe

Kein rascher Schiedsspruch in Sicht

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Berlin -

Mit Blick auf die Schiedsstellen-Verhandlungen über die neue Hilfstaxe drängt der Herstellerverband Pro Generika auf einen raschen Kompromiss. Sonst drohten bei den lebenwichtigen Zytostatika Lieferengpässe, weil versorgungskritische Generika so unter enormen Kostendruck gerieten und sich Anbieter vom Markt zurückziehen könnten. „Dafür hat die Schiedsstelle nun eine Mitverantwortung“, so Pro Generika. Allerdings ist kein schneller Schiedsspruch in Sicht. Die Verhandlungen habe gerade erst begonnen.

Die Schiedstelle und Leitung von Dr. Rainer Hess hat ihre Arbeit inzwischen aufgenommen. Der Austausch der schriftlicher Stellungnahmen von GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband (DAV) läuft aber gerade erst an. Noch liegen nicht alle Schreiben vor. Erste Verhandlungstermine wurden allerdings bereits verabredet.

Es ist aber keineswegs sicher, dass die Schiedsstelle bis zum Jahresende zu einem Spruch kommt. Die Materie ist kompliziert. Von Hess ist bekannt, dass er zunächst versucht, einen Kompromiss zu vereinbaren. Bei den letzten Verhandlungen über den Retax-Deal gab es sogar vier Anläufe. Die Gespräche zogen sich über Monate hin. Im Fall der Hilfstaxe sieht das Gesetz zudem keine Frist für den Schiedsspruch vor.

Ende August waren die Verhandlungen zwischen DAV und GKV-Spitzenverband über die Hilfstaxe gescheitert. Pro Generika kritisiert nun, dass dadurch zwei Regelungsinstrumente die Preise für onkologische Generika „in die Zange“ nehmen: Erstens müsse die Schiedsstelle eine Lösung finden und zweitens schrieben zeitgleich viele Krankenkassen Rabattverträge für lebenswichtige Generika zur Behandlung von Krebserkrankungen aus. Damit gerieten Generika „unter enormen Kostendruck“.

Der Spruch der Schiedsstelle werde voraussichtlich zu einem „spürbaren Absenken der Erstattungspreise für viele in der Apotheke zuzubereitenden lebenswichtigen Generika führen“, fürchtet der Verband. Außerdem seien einige Krankenkassen bereits vorgeprescht und hätten Rabattverträge mit pharmazeutischen Herstellern für diese Krebsarzneien ausgeschrieben, die bereits zum Oktober starten sollten.

Auf der anderen Seite gebe es wegen der „komplex und anspruchsvollen“ Herstellung nur wenige Anbieter. „In der Vergangenheit ist es daher, wie bei dem Wirkstoff 5-Fluorouracil, bereits zu Versorgungsengpässen bei Krebspatienten gekommen. Der Preisdruck hatte dazu geführt, dass Hersteller sich aus der Versorgung zurückziehen mussten und die verbliebenen Unternehmen den Bedarf nicht decken konnten“, so pro Generika und weiter: „Ausgerechnet solche lebenswichtigen Generika geraten nun unter massiven Kostendruck.“

Versorgungssicherheit in Deutschland könne es aber langfristig nur geben, wenn nicht nur für die Kassen der Einkauf von Arzneimitteln „wirtschaftlich“ sei, sondern sich auch deren aufwändige Herstellung, die umfassende Qualitätsüberwachung und die Lagerhaltung für die Unternehmen wirtschaftlich darstellten.

Mit dem Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) hatte die Bundesregierung Ausschreibungen für die Zyto-Versorgung verboten. Stattdessen können die Kassen auf der einen Seite mit den Herstellern der Wirkstoffe Rabattverträge abschließen. Auf der anderen Seite wurden DAV und Kassen vom Gesetzgeber beauftragt, die Hilfstaxe neu zu verhandeln.

Die gegenwärtige Hilfstaxe bildet im Prinzip den Einkaufspreis der Wirkstoffe und den „Arbeitspreis“ für die Dienstleistung des Apothekers ab. Bei generikafähigen Wirkstoffen wird der Preis des zweitgünstigsten Einkaufspreises als Berechnungsgrundlage gewählt. Darauf gibt es unterschiedliche Rabatte und Abschläge. Der Arbeitspreis für die Apotheker schwankt je nach Art der Zubereitung zwischen 39 und 81 Euro. Seitenlang geregelt wird in der Hilfstaxe der Umgang mit den Verwürfen, deren Abrechnung mit den Rabattverträgen ausgeschlossen wurde. Das alles lag auf dem Verhandlungstisch und muss neu geregelt werden.

Der DAV und die Zyto-Apotheker hatten in den Verhandlungen auf eine Erhöhung der Hilfstaxe gesetzt. Zudem sollte in Anlehnung an das Apothekenhonorar für die Handlingkosten ein prozentualer Zuschlag von circa 3 Prozent eingeführt werden. Das lehnt der GKV-Spitzenverband ab.

In NRW, Schleswig-Holstein und Hamburg haben sich die Kassen unterdessen zusammengetan und wollen mit Pharmaherstellern Verträge über zahlreiche Wirkstoffe für die Krebstherapie schließen. Diese sollen schon ab Oktober greifen. Die AOK Rheinland/Hamburg hat im Namen aller Kassen in den entsprechenden KV-Gebieten einen Lieferauftrag zu sogenannten Open-House-Verträgen bekanntgemacht. Zu den geforderten Zielpreisen dürfen die Hersteller dann mit den Kassen abrechnen. Die Verträge sind nicht exklusiv, jeder Hersteller kann – auch später noch – zu den geforderten Konditionen beitreten.

An den Open-House-Verträgen beteiligt sind neben der federführenden AOK Rheinland/Hamburg die AOK NordWest, Barmer, Techniker, DAK-Gesundheit, KKH, die beiden anderen Ersatzkassen HKK und HEK, der BKK-Landesverband Nordwest, IKK Nord sowie die IKK classic, die Knappschaft und die SVLFG als landwirtschaftliche Krankenkasse.

Beim Deutschen Apotherktag in Düsseldaorf hatte DAV-Chef fritz Becker die Kassen dafür kritisiert, dass sie die vom Gesetzgeber eingeräumte dreimonatige Übergangsfrist „schamlos“ ausgenutzt hätten. Apotheker, die trotzdem versorgt hätten, riskierten „gnadenlos“ auf Null retaxiert zu werden. „Man bringt die Apotheker um ihre Arbeitsleistung und den teuren Wareneinsatz, nur um auf den letzten Metern ein paar Euro einzusparen“, so Becker.

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