Thomas Preis im WDR

„Dann schließen Apotheken und die Menschen sind traurig“

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Berlin -

Seit vier Jahren ist die Apotheke in Merkenich in dem gleichnamigen Kölner Stadtteil geschlossen. Für die WDR-Sendung „Aktuelle Stunde“ steht sie sinnbildlich für die mehr als 500 Apotheken, die in den vergangenen zwölf Jahren in Nordrhein-Westfalen geschlossen wurden. Wie klappt's noch mit der Apotheke? Dass am Ende nicht einmal ansatzweise die Antwort darauf gefunden wurde, lag auch an den Binsenweisheiten des Vorsitzenden des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, der als Experte geladen war.

Von einem Tag auf den anderen sei die Apotheke geschlossen worden, beklagt eine Einwohnerin in einem Einspieler gegenüber dem WDR. Nach wie vor müssten die rund 6000 Menschen im Stadtteil mit Bus und Bahn fahren, um ihre Medikamente zu besorgen. Trotz guter Verbindungen sei es ein Problem. „Wenn man wirklich krank ist, Fieber hat, dann möchte man so schnell wie möglich die Medikamente nehmen und nicht erst in der Weltgeschichte rumfahren“, sagt die Frau. Eine Rezeptsammelstelle als Notlösung wurde im vergangenen Jahr gerichtlich verboten.

Köln-Merkenich ist kein Einzelfall. In NRW schwinden immer mehr Apotheken. Standen im Jahr 2005 noch 4758 zur Verfügung, waren es Ende Juni 4237. Das sind rund 10 Prozent weniger. Damit befinde sich der Bestand auf dem Niveau von 1990, stellt WDR klar.

Doch woran liegt das? Das wollte die Moderatorin vom Vorsitzenden des Apothekerverbandes Nordrhein, Thomas Preis, wissen. Aus seiner Sicht sind die vielen Apothekenschließungen ein strukturelles Problem, wie es auch bei anderen Versorgern wie Lebensmittelgeschäften, der Post oder Ärzten der Fall sei. Apothekenstrukturen würden sich eben verändern. Wie und warum? Eine Erklärung blieb Preis schuldig.

Stattdessen verwies er auf „andere Wettbewerber im Internet“, die dafür sorgten, dass weniger Packungen in den Apotheken abgegeben werden. „Dann schließen Apotheken und die Menschen sind traurig“, so Preis' rürige Botschaft.

Daraufhin konfrontiert ihn die Moderatorin mit den Zuschriften der Zuschauer, wonach diese ihre Medikamente im Internet kaufen, weil sie den Eindruck haben, in Apotheken vor Ort immer die höchsten Preise anzutreffen. Preis zufolge ist das ein falscher Eindruck, außerdem verwies er in diesem Zusammenhang auf die Preisbindung bei Rx-Arzneimitteln.

„Der Apotheker ist gezwungen, wenn der Kunde gesetzlich versichert ist, das preiswerteste Medikament abzugeben“, erklärte er weiter. Manchmal sei das Preiswerte aber nicht das Richtige. „Das sagen uns auch die Menschen in der Apotheke“, so Preis. „Und da haben sie auch recht.“ Deshalb sei es im persönlichen Gespräch ganz wichtig zu klären, welches Arzneimittel das richtige ist. Nachfragen lohne sich immer in der Apotheke, so der Verbandsvorsitzende.

Das nächste Apotheken-Thema auf der To-do-Liste der Moderatorin: Ein Einspieler zeigt den Fall einer jungen Mutter, die für ihren fiebernden Sohn ein Antibiotikum in einer Apotheke holt. Nur durch Zufall liest sie die Packungsbeilage und stellt fest, dass das Medikament gar nicht für ein Kleinkind vorgesehen ist. „Es wunderte mich, dass dort nur etwas von Personen ab zwölf Jahren stand“, erzählt sie dem WDR. „Das hat mich stutzig gemacht.“

Zurück in der Apotheke stellte sich tatsächlich heraus, dass es bei dem abgegebenen Antibiotikum um ein Präparat für Erwachsene handelt, das für ein Kleinkind viel zu hoch dosiert ist. „Die Apothekerin wurde ein bisschen blass“, erinnert sich die Mutter. „Das war das erste Mal, dass er ein Antibiotikum bekommen hat, und dann direkt so eine Geschichte.“ Die Mutter habe ein Stück weit das Vertrauen in die Apotheke verloren, resümierte die Moderatorin. Dieser Fall sei außerdem nichts der Einzige. Es gebe eine weitere Zuschauer-Zuschrift, die einen ähnlich schwerwiegenden Fall schildere.

„Apotheke ist nachweislich der beste und sicherste Ort, um Arzneimittel abzugeben“, entgegnet Preis. Apotheker hätten Millionen Kundenkontakte täglich. Die geschilderten Fälle seien daher Einzelfälle. „Wenn so ein Fehler auftritt, ist es überhaupt nicht akzeptabel“, räumte er ein. Er empfahl allen Betroffenen, sich an die Apothekerkammer zu wenden, damit „wir ins Gespräch kommen und dann gegebenenfalls nacharbeiten“.

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