Hautalterung

Gentechnik fürs Kosmetikregal

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Berlin -

Apothekenkosmetik ist ein wichtiger Teil des täglichen Geschäftes. Die Sortimente sind ausufernd: Die Hersteller übertreffen sich gegenseitig dabei, für jeden Kunden das passende Produkt zu entwickeln. In der Zukunft könnte das System noch komplizierter werden: Wissenschaftler wollen Kosmetika entwickeln, die maßgeschneidert sind und einen direkten Einfluss auf die genetischen Vorgänge der Haut nehmen. Das Ziel dabei: eine dauerhafte Verjüngung der Haut.

In der Kosmetikbranche hat ein Umdenken begonnen. Die Wissenschaftler in den Laboren der Hersteller unternehmen enorme Anstrengungen, um die Prozesse des Hautalterns besser zu verstehen und gezielt Substanzen zu entwickeln, die diese Prozesse beeinflussen. Immer wieder trifft man dabei auf alte Bekannte aus der Pharmazie, die Effekte auf die biologischen Prozesse der Haut haben.

Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Aknemittel Tretinoin. Schon in den 1980er Jahren hatte man dessen positive Wirkung auf Falten bemerkt. Doch erst seit kurzem ist klar, dass das Retinoid die biologischen Abläufe der Haut tatsächlich verändert: Das auch als Vitamin-A-Säure bekannte Molekül stimuliert dermatische Fibroblasten und fördert die Produktion von Prokollagen. Dadurch kann es die negativen Effekte von UV-Licht zum Teil umkehren.

Neue Erkenntnisse gibt es auch zu Hyaluronsäure, einem wichtigen Bestandteil der extrazellulären Matrix im Bindegewebe. In der pharmazeutischen Praxis wird das Glykosaminoglykan bislang vor allem wegen seiner stark wasserbindenden Eigenschaften verwendet, etwa in Nasensprays und Augentropfen.

Doch Forscher der University of Michigan um Dr. Frank Wang konnten zeigen, dass Hyaluronsäure unmittelbar die de-novo Synthese von Kollagen stimuliert. Sie injizierten das Mittel Frauen im Alter zwischen 70 und 80 Jahren und stellten fest, dass die Form von Fibroblasten mechanisch verändert wurde. Dadurch kam es zur Aktivierung eines Signalwegs, der die Kollagen-Neubildung ankurbelt.

Bislang konnte der Effekt allerdings nur nachgewiesen werden, wenn Hyaluronsäure direkt in die Hautpartie injiziert wurde. Nichtsdestotrotz bewerten die Forscher diese Erkenntnis als sehr wertvoll: „Es zeigt uns, dass Fibroblasten auch in höherem Alter ihre Funktion nicht vollständig verlieren“, sagt Wang.

Die bislang gewonnenen Erkenntnisse zum biologischen Alterungsprozess der Haut sind nach Meinung sowohl von Wissenschaftlern als auch von Konzernen aber nur der Anfang. Die Zukunft der Kosmetika sehen viele in der Genforschung. Die genetischen Grundlagen der Hautalterung werden derzeit intensiv erforscht.

Daran beteiligen sich auch die großen Firmen für Apothekenkosmetik: Der Eucerin-Hersteller Beiersdorf untersucht beispielsweise den Einfluss von UV-Strahlen auf die Genexpression. Pierre Fabre, Hersteller der Marke Avène, besitzt ein Forschungszentrum, in dem sowohl pharmazeutische und dermokosmetische Forschung betrieben werden. Dabei geht es vor allem um die biologische Steuerung von Hautmolekülen.

Procter & Gamble (P&G) hat gemeinsam mit dem Massachusetts General Hospital in einer Studie mit 225 Probanden unterschiedlichsten Alters die Gen-Expressionsmuster und die mikrobielle Zusammensetzung untersucht und miteinander verglichen. Auch unterschiedliche Hautstellen der Teilnehmer wurden untersucht.

Aus den Daten konnten die Forscher genaue Aussagen treffen, welche Gene in welchem Alter und unter welchen Bedingungen aktiviert sind und welche Effekte sie haben. So kann mittlerweile bewiesen werden, warum Haut ab dem 50. Lebensalter die Fähigkeit verliert, Feuchtigkeit zu speichern: Die entsprechenden Gene sind schlicht nicht mehr aktiv.

Dies schafft Angriffspunkte für Stoffe und Methoden, die die Expression genau dieser Gene beeinflussen. Für jedes Lebensjahrzehnt könnten eigene, genau auf die biologischen Prozesse des Körpers abgestimmte Produkte entwickelt werden. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte dadurch sogar eine dauerhafte Verjüngung der Haut möglich werden.

Verschiedene Unternehmen bieten schon heute personalisierte Kosmetik an. Beim Start-Up GeneU aus Großbritannien kann der Kunde zunächst einen DNA-Test der Haut durchführen lassen. Dabei wird festgestellt, ob die Haut Kollagen schnell oder langsam abbaut und inwieweit die Hautzellen in der Lage sind, mit oxidativem Stress umzugehen. Basierend auf den Ergebnissen würden genau abgestimmte Inhaltsstoffe zu einer Creme zusammengestellt, so das Unternehmen.

Die positiven Effekte seien wissenschaftlich belegt, sagt GeneU. Dermatologen hätten in einer 12-wöchigen placebo-kontollierten Doppelblind-Studie sehr gute Ergebnisse bei den teilnehmenden Probanden festgestellt. Die Teilnehmerinnen hätten um bis zu 30 Prozent weniger Falten als vorher aufgewiesen.

Die Ergebnisse der Studie sind allerdings ebenso wenig veröffentlicht wie die Substanzen, mit denen das Labor die Produkte herstellt – was von anderen Forschern als unseriös kritisiert wird. Der Ansatz ist außerdem bislang eher den besser betuchten Kundinnen und Kunden vorenthalten. Rund 600 Britische Pfund kosten DNA-Test und ein zweiwöchiger Vorrat des individuell hergestellten Produktes, die Anschlussversorgung liegt bei etwa 250 Pfund.

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