Unwort 2017

Unangefochten: Das Honorargutachten

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Berlin -

Die Apotheker haben einen eindeutigen Favoriten bei der Wahl des Unworts des Jahres 2017: Honorargutachten. Das Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) besagt im Kern, dass die Apotheker bislang viel zu viel Honorar erhalten haben. Wenig überraschend hat es das Beratungsunternehmen „2hm“ auf den zweiten Platz bei der Unwort-Umfrage geschafft. Den dritten Platz auf dem Podium teilen sich der „Pfusch-Apotheker“ und „Kontigentartikel“.

Honorargutachten (28 Prozent)
Das Entsetzen war groß: „Bösachten“, „Schlechtachten“ stöhnten die Apotheker, als immer mehr Details aus den Berechnungen von 2hm bekannt wurden. Einige Annahmen erscheinen in der Tat zweifelhaft. Man wird sehen, was die Politik aus der Vorlage macht. In Vergessenheit geraten wird das Honorargutachten leider nicht.

2hm (18 Prozent)
Die Gutachter. Vor der Beauftragung durch das Bundeswirtschaftsministerium kaum jemandem in der Branche bekannt, dann mit einem aufwändigen und trotzdem bruchstückhaft wirkenden Fragebogen an die Apotheken herangetreten. Das Werk wird die Debatte in den kommenden Wochen und Monaten beherrschen, ob die Apotheker sich das eingestehen oder nicht.

Kontingentartikel (13 Prozent)
Lieferengpässe verursachen im Versorgungsalltag viel Aufwand und Ärger. Besonders unerfreulich ist es, wenn sie auch noch Geld kosten. Die Großhändler haben Listen mit Kontingentartikeln erstellt, die von der Rabattierung ausgenommen sind. Für eine gerechte Verteilung, ist ja klar…

Pfusch-Apotheker (13 Prozent)
Peter S. aus Bottrop muss sich vor Gericht verantworten, weil er jahrelang Krebspatienten mit gepantschten Sterilrezepturen betrogen haben soll. Das Verfahren wird im neuen Jahr fortgeführt, die Vorwürfe wiegen sehr schwer. Nie zuvor dürfte es ein Apotheker geschafft haben, das Ansehen seines gesamten Berufsstandes so geschädigt zu haben, wie der „Pfusch-Apotheker“ aus Bottrop. Seine „Protz-Villa“ war im Sommer sogar auf dem Titel der Bild-Zeitung.

Rx-Versandverbot
Dass Hermann Gröhe (CDU) in einer neuen großen Koalition weiterhin Bundesgesundheitsminister sein wird, ist sehr fraglich. Sollte er das BMG verlassen, dürfte auch das Rx-Versandverbot endgültig ausziehen. Aber auch sonst wird es schwer. Vermutlich müssen sich die Apotheker von diesem zähen Versprechen der Union verabschieden und neue Wege suchen.

Kassennachschau
Betriebsprüfung ist schon kein schönes Wort für eine unschöne Sache. Aber wenn im neuen Jahr die Mitarbeiter des Fiskus auch noch unangekündigt und mit weitreichenden Befugnissen aufkreuzen und den Betrieb stören dürfen, wird es bestimmt noch viel lustiger.

Medizinalhanf
So viel, wie über Cannabis, die Abgaberegeln, Dokumentation und Beschaffung von Medizinalhanf gestritten wurde, könnte man fast meinen, die Debatte drehe sich um Homöopathie.

Finanz-QMS
Zur Kassennachschau gehört der Begriff Finanz-QMS. Die Apotheken müssen nämlich aufschreiben, wann sie wem gesagt haben, was er wo aufschreiben muss. Endlich ein neuer Ordner im Regal und Team-Abende mit Finanz-QMS-Runden.

Sicherstellungszuschlag
Ausländischen Versandapotheken einen Vorteil zugestehen und dann Apotheken auf dem Land mit einem Sicherstellungszuschlag subventionieren? Klingt total logisch.

Skonto-Prozess
Mit diesem Ausgang des Verfahrens hatte wohl kaum jemand gerechnet: Der BGH entscheidet, dass die Großhändler ihre Marge auch komplett für Rabatte zur Verfügung stellen dürfen, wenn sie es können. Ironie der Geschichte: Wenig später erscheint das Honorargutachten mit der Forderung, die Rabattierung massiv einzuschränken.

Naturschutz-Apotheker
Die FDP hat den Wiedereinzug in den Bundestag geschafft und das ohne maßgebliche Unterstützung der Apotheker. Denn die hatte Parteichef Christian Lindner vorab gründlich vergrault. Ein geflügeltes Wort: Man dürfe Apotheker nicht unter Naturschutz stellen. Wie er das wohl gemeint hat?

Bienen-Projekt
Es fühlt sich nicht unnatürlich an, dass Amazon seine ersten Gehversuche im deutschen Apothekenmarkt mit Hilfe der Bienen-Apotheken in München macht. Der Konzern wird es beim Bienen-Projekt nicht belassen, so viel ist sicher.

Hüffenhardt
Manchmal werden Orte zum Synonym. Hüffenhardt steht für ein angeblich innovatives Versorgungskonzept, das aus Sicht der Behörden leider den Makel hat, gegen verschieden Gesetze und Vorschriften zu verstoßen. Aber immerhin war DocMorris mal wieder in allen Zeitungen. Und Hüffenhardt auch endlich einmal.

Arge Parezu
Die großen Ersatzkassen wollten auch mal ganze große Rabattverträge mit Zyto-Apotheken schließen. Also haben sie sich zur „Arbeitsgemeinschaft Parenterale Zubereitungen“, Kampfname „Arge Parezu“, zusammengeschlossen. Das Problem: Der Gesetzgeber hatte sich da schon entschieden, den Spuk zu beenden. Die Kassen erteilten trotzdem die Zuschläge, drohten den Apothekern ohne Exklusivvertrag mit Retaxationen und mussten das Ganze dann nach wenigen Monaten wieder einstampfen. Für die Patienten, ihre Onkologen und die versorgenden Apotheken war der doppelte Wechsel zwar furchtbar, die Kassen zogen es trotzdem durch.

Bonus-Deckel
Natürlich ist es ungerecht, dass nur ein Teil der Apotheken Boni gewähren darf und andere nicht. Die SPD wollte deshalb gedeckelte Boni für alle zulassen. Das Problem: Viele Apotheken können schon von ihrer derzeitigen vollen Marge nicht leben.

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