Lieferengpass

Massen- und Einzelimport: Wer haftet?

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Berlin -

Grippeimpfstoffe sind knapp, den Engpass überbrücken sollen Importe aus dem europäischen Ausland. Aber wer haftet für die importierten Vakzine, die in Deutschland nicht zugelassen sind? Für Einzelimporte nach § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) gelten klare Regeln. Aber wie sieht es bei Importen nach Allgemeinverfügung aus?

Bei einer Arzneimittelbestellung nach § 73 ist im Sinne des AMG die abgebende Apotheke der Importeur und übernimmt somit die Haftung. Die Apotheke muss prüfen, ob das zu importierende Arzneimittel gegen § 5 AMG – bedenkliche Arzneimittel – oder § 8 AMG – Vortäuschung einer nicht eintretenden Wirkung beziehungsweise Irreführung – verstößt. Im Zweifelsfall liegt die straf- und zivilrechtliche Verantwortung für den Import bei der Apotheke. Diese muss die pharmazeutische Qualität in Bezug auf beispielsweise Reinheit, Gehalt und Identität des importierten Arzneimittels gewährleisten und nach dem Produkthaftungsgesetz für Schäden des Verbrauchers haften.

Der Apotheker muss dem Patienten oder Arzt über die ihm bekannten Risiken aufklären. Dazu schreibt die ADBA: „Da die Gefährdungshaftung des pharmazeutischen Unternehmers bei Einzelimporten nicht gilt, hat sich der Apotheker über das einzuführende Arzneimittel eingehend zu informieren oder ein ihm bekanntes Risiko dem Arzt oder Patienten mitzuteilen, da er sonst haftbar gemacht werden kann.“

Dem Vernehmen nach soll für „Massenimporte“ aus Sicht von Amtsapothekern das Gleiche gelten. So wurde ein Apotheker ausführlich von seinem Amtsapotheker belehrt, dass das volle Haftungsrisiko auf Seite der Apotheke liege. Impfschäden inklusive. Ein Risiko, das Apotheker verständlicherweise nicht tragen wollen.

In einigen Allgemeinverfügungen ist zu lesen: „Die Pflicht der staatlichen Chargenprüfung nach § 32 AMG bleibt unberührt.“ Darin heißt es: „Die Charge eines Serums, eines Impfstoffes oder eines Allergens darf unbeschadet der Zulassung nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie von der zuständigen Bundesoberbehörde freigegeben ist.“ Zuständige Behörde ist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Doch eine Chargenfreigabe für die importierten Vakzine wird nicht durchgeführt.

Die Behörde bietet lediglich an „den Status der behördlichen Chargenfreigabe von einzelnen Impfstoffchargen zu überprüfen“. Dies erfolgt mit Hilfe der Datenbank der europäischen amtlichen Arzneimittelkontrolllaboren (Official Medicines Control Laboratories, OMCL), die alle geprüften und freigegebenen Gripeimpfstoffchargen der einzelnen europäischen Behörden erfasst. Apotheken können per Mail unter Angabe der Charge, der Impfstoffbezeichung und des Herkunftslandes eine Auskunft darüber erhalten ob es eine Chrgenfreigabe in Europa gibt.

Das Ladensamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) Berlin hat für Influvac Tetra und Vaxigrip Tetra mit französischer Aufmachung eine Allgemeinverfügung erteilt. Die Vakzine dürfen nach erfolgter staatlicher Chargenfreigabe mit französischer Kennzeichnung und Gebrauchsinformation in Verkehr gebracht werden, wenn diese von Kohlpharma in Deutschland geliefert werden. Liegt die Haftung also bei dem Importeur? Dazu kann das LAGeSo keine „allgemeingültige Aussage machen“. Die Haftungsfrage bleibt unbeantwortet, eine „länderübergreifende Abstimmungsrunde, eine Kommunikation auf Bundesebene“ sei nötig. „Das kann lange dauern, bei offenem Ergebnis.“

Zumindest Kohlpharma zieht sich nicht aus der Verantwortung: Formaljuristisch – also unter dem Vorbehalt, dass Ware kommt – liege die Haftung beim Importeur. Kennzeichnen darf Kohlpharma die Impfstoffe jedoch in diesem Fall nicht. Zwar besteht eine Sondergenehmigung für die Einfuhr, aber eine Parallelzulassung wie sonst beim klassischen Reimport hat Kohlpharma nicht.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verweist auf die Landesbehörden: „Bezüglich eines Anspruches auf Entschädigung wegen eines Impfschadens kommt es nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Infektionsschutzgesetz einzig darauf an, ob jemand durch eine Schutzimpfung, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Es hängt daher jeweils von der Empfehlung der zuständigen Landesbehörde ab, ob auch Impfstoffe darunter fallen, die unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG importiert wurden oder die gemäß § 79 Abs. 5 AMG aufgrund einer Gestattung durch die zuständigen Behörden befristet in Verkehr gebracht sowie abweichend von § 73 Abs. 1 AMG importiert wurden.“ Für Impfschäden haftet also im Rahmen der Daseinsvorsorge der Staat – auch beim Ausruf des Versorgungsmangels.

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