Dispensierrecht

Laumann: Keine Arzt-Konkurrenz für Apotheker

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Berlin -

Bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente sollten Hausärzte nach Ansicht von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nicht mit Apotheken gleichgestellt werden. „Die arzneimittelrechtlichen Regelungen zur Abgabe von Medikamenten haben sich seit Jahrzehnten auch in Notsituationen bewährt“, sagte Laumann. Das gelte insbesondere auch für die Präsenzapotheke.

Bislang dürfen nur Apotheker Medikamente an Patienten abgeben – aber damit will der Deutsche Hausärzteverband Schluss machen. Auch Ärzte sollten verschreibungspflichtige Arzneimittel ausgeben dürfen, damit „die Ressourcen besser genutzt werden, gerade auf dem Land“, hatte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gesagt und eine Reform des Arzneimittelrechts gefordert. Die Frage, welche Arzneimittel in Arztpraxen vorgehalten werden könnten, ließ Weigeldt demnach offen. Ein komplettes Sortiment bereitzuhalten, sei jedenfalls nicht das Ziel, so Weigeldt. „Wir können und wollen die Apotheken nicht ersetzen.“

Laumann warnte vor einer Konkurrenz zwischen Ärzte und Apotheken:„Wir brauchen die Apotheke vor Ort, genauso wie wir den Hausarzt vor Ort benötigen“, sagte er. Beide Professionen sollten nicht gegen-, sondern miteinander arbeiten. „Für mich steht aber fest: Arzneimittel sind Waren besonderer Art und gehören in die Hand des Apothekers!“, fügte er hinzu. Laumanns Positionierung ist auch deshalb interessant, weil seine Amtsvorgängerin Barbara Steffens (Grüne) sich häufiger für ein Dispensierrecht im Notdienst stark gemacht hatte.

Hintergrund des Streits war eine Andeutung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beim Deutschen Apothekertag in München, Apothekern das Impfen zu erlauben. Damit hat er die ABDA in eine schwierige Position gebracht: Spahns Angebot ablehnen können die Apotheker nicht, aber darauf eingehen auch nicht. Das würde die Ärzte nur noch heftiger provozieren. Die ABDA hat sich zuletzt stets vorsichtig zum Impfen in Apotheken verhalten. Dagegen sprechen sich der Bundesverband der Apothekenkooperationen (BVDAK) und die Kooperation Gesund leben für Impfungen in der Apotheke aus.

Weigeldt hatte erklärt: „Die Apotheker können beim Impfmanagement wichtige Aufgaben übernehmen, beispielsweise indem sie die Patienten auf bestehende Impflücken hinweisen“, sagte er. Die Impfung selbst müsse jedoch ohne Wenn und Aber bei einem Arzt durchgeführt werden. Es sei der falsche Ansatz, die Verantwortung auf immer mehr Schultern zu verteilen, sagte Weigeldt weiter. In der FAZ hatte e dann ein eingeschränktes Dispensierrecht für Ärzte ins Gespräch gebracht.

Der SPD-Gesundheitsexperte Professor Dr. Karl Lauterbach unterstützt die Forderung: Gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) macht sich Lauterbach für die notwendige Gesetzesänderung stark: „Eine Möglichkeit für Hausärzte, selbst Medikamente an Patienten abzugeben, ist grundsätzlich zu begrüßen. Über eine dafür notwendige Rechtsänderung werde ich mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprechen.“ Es gebe viele Situationen, in denen die Versorgung der Patienten durch eine entsprechen Reform verbessert werden könnte. „Das gilt etwa bei Hausbesuchen, in Pflegeeinrichtungen und für Schmerzpatienten“, sagte Lauterbach gegenüber der NOZ.

Die Möglichkeit müsse aber eingeschränkt werden, so Lauterbach: „Hausarztpraxen dürfen auf keinen Fall zu Apotheken werden. Ein Apothekensterben wäre fatal für die Versorgungssicherheit der Menschen gerade auf dem Land.“ Mehr Flexibilisierung für Ärzte müsse daher „einhergehen mit der Stärkung der Apotheken, etwa durch eine höhere Vergütung von Beratungsleistungen“, so Lauterbach. „Es geht um ein Gesamtpaket.“

Die Grünen lehnen die Forderung dagegen ab. „Bei circa 50.000 zugelassenen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, von denen ein großer Teil auch noch vor Ort vorrätig gehalten wird, können nicht einfach Hausärzte einen Teil dieser Versorgung übernehmen“, so Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik. „Gerade bei Mehrfachmedikationen ist für Patienten auch die pharmazeutische Kompetenz unverzichtbar, welche Apotheker im dezidierten Studium erlernen.“

Die strikte Trennung von Verschreibung und Abgabe solle die Patienten vor ökonomischen Interessen bei der Behandlung schützen. „Der Veterinärbereich mit den Antibiotikaresistenzen zeigt uns ja die negativen Folgen. Die Abgabe von Medikamenten durch Ärzte sollte sich daher auch in Zukunft nur auf Fälle beschränken, in denen dies im Patienteninteresse ist. Dies würde beispielsweise bedeuten, den Entlassungsprozess von Patienten aus dem Krankenhaus zu überarbeiten. Zusammenarbeit ist das Zauberwort.“

Auch Kai Vogel, Gesundheitsexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbz), ist skeptisch: „Der Vorschlag mag zwar praktisch klingen, ist aber in der Praxis kaum zu verwirklichen.“ Die sehr hohen rechtlichen Vorgaben für Apotheken aus Gründen der Arzneimittelsicherheit würden Arztpraxen überfordern, sagte er gegenüber der NOZ. „Es wäre viel mehr im Sinne der Patienten, wenn Ärzte und Apotheker ihre Zusammenarbeit stärken würden, statt gegeneinander zu arbeiten.“

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