Embryotox

Schwangerschaft: Arzneimittel-Hotline für Apotheken

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Berlin -

Die Arzneimittelberatung von Schwangeren ist komplex. Das Institut Embryotox hilft nicht nur werdenden Müttern bei Fragen zur Medikation. Die Hälfte der Anfragen kommen aus Apotheken, Praxen, Kliniken und von Hebammen. „Wir wünschen uns ausdrücklich, dass Heilberufler oder Kliniken bei uns anfragen“, sagt Institutsleiter Professor Dr. Christof Schaefer.

Embryotox wurde vor 30 Jahren auf Initiative der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit gegründet. Eine Mitarbeiterin vermisste eine Anlaufstelle für Frauen, die Fragen zur Medikation während der Schwangerschaft haben. Das Institut entstand zunächst als Unterabteilung des Giftinformationszentrums. Zwei Mitarbeiter kümmerten sich in der Anfangszeit per Telefon um Anfragen.

Seit 2004 beauftragt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Embryotox mit Pharmakovigilanz-Aufgaben. Aus der Beratungseinrichtung wurde das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie Berlin. Seit 2012 gehört das Institut zur Charité. Ein Grund für den Wechsel war die Forschungstätigkeit. Denn die aktuell 28 Mitarbeiter beraten nicht nur, sondern beschäftigen sich auch mit Studien und aktuellen wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Zudem werden Doktoranden betreut. „Für die Beratung muss man bewerten können, welche Studie welches Gewicht hat. Viele Apotheker oder Ärzte glauben, dass die neueste Studie die absolute Wahrheit darstellt. So einfach ist es nicht“, so Schäfer. Die Daten müssten verglichen und interpretiert werden.

Täglich gehen rund 70 Anfragen ein. 95 Prozent davon werden von den angestellten Apothekern und Ärzten montags bis freitags direkt beantwortet. Ungewollt Schwangere, die Arzneimittel einnehmen, machten einen großen Teil der Anfragen aus. „Die Schwangeren und die Ärzte sind vor allem nach dem Contergan-Skandal sehr vorsichtig oder gar ängstlich geworden“, so Schäfer.

Vor zehn Jahren ging Embryotox online. Auf der Website und über eine App können sich Nutzer über hunderte Arzneimittel und Erkrankungen informieren. „Seit wir den Internetauftritt eröffnet haben, sind die einfacheren Anfragen zurückgegangen, die komplexeren dafür gestiegen.“ Weitere Aufgaben des Instituts sind Meldung und Beurteilung potentiell unerwünschter Nebenwirkungen an das BfArM. Zudem gibt es eine Zusammenarbeit mit den AOKen und der Techniker Krankenkasse (TK).

Das Institut ist Schäfer zufolge eine wichtige Institution. Fast alle Medikamente, die die Mutter einnehme, bekomme das Kind ab. „Das Kind kann sich bei Nebenwirkungen nicht melden und befindet sich besonders im ersten Trimenon in einer hochempfindlichen Differenzierungsphase, in der die Organe, wie zum Beispiel das Gehirn, Herz und Skelett angelegt werden“, sagt er. Nach dem ersten Trimenon gehe es um Wachstum und Reifung der Organe.

Zudem reichten die Informationen der Hersteller nicht aus: „Die Hinweise zur Schwangerschaft sind auf dem Beipackzettel häufig zu allgemein. Dort müssten differenzierte Angaben stehen“, sagt Schäfer. Den Großteil der Beratung machen mit einem Viertel Fragen zu Psychopharmaka aus. Der Anteil von Fragen zu Antirheumatika liege bei etwa 7 Prozent, nehme aber zu. „Uns bekümmert sehr, dass immer noch zu häufig Frauen im gebärfähigen Alter für psychiatrische Diagnosen und als Migräneprophylaxe die teratogene Valproinsäure verschrieben und nicht auf besser verträgliche Arzneimittel umgestellt wird.“

Finanziert wird das Institut von der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und dem BfArM. Forschungsprojekte werden von Drittmittelgebern unterstützt, zu denen Arzneimittelfirmen oder anderen Interessengruppen nicht gehören.

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