Schön alt zu sein reicht leider nicht Silvia Meixner, 06.05.2018 13:53 Uhr
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Die Einrichtung der Hof-Apotheke aus dem Jahr 1912 steht unter Denkmalschutz. Foto: Rats-Apotheke Bad Mergentheim
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Die Hof-Apotheke in Bad Mergentheim hat sozusagen „Postkartenlage“, denn sie befindet sich im rechten der „Zwillingshäuser“ am historischen Marktplatz, die zu den Wahrzeichen der Stadt gehören. Foto: Rats-Apotheke Bad Mergentheim
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In der Rats-Apotheke finden Kunden die gewohnte Betreuung aus der Hof-Apotheke, die Ende Juni schließt. Foto: Rats-Apotheke Bad Mergentheim
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Die Offizin der Rats-Apotheke in Bad Mergentheim in Baden-Württemberg. Foto: Rats-Apotheke Bad Mergentheim
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Auch die Nord-Apotheke in Gießen schließt für immer. Apothekerin Ingrid Quambusch hätte gern noch ein paar Jahre weitergemacht, aber sie kann ihren Mietvertrag nicht verlängern.
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Sehr alt und sehr stabil: Diese Ziehschränke stehen zum Verkauf.
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Für viele ist das Apothekensterben nur eine Zahl – hier ist die Geschichte der Berliner Apothekerin Anja Rotman, die nach fast neun Jahren Selbstständigkeit Anfang des Jahres schließen musste. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Am 15. Januar übergab Anja Rotman die Schlüssel an ihren Vermieter. Dann war die Wieland-Apotheke in Berlin nach 115 Jahren Geschichte. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Die schöne Einrichtung stammte noch aus dem Gründungsjahr und wird an eine Arztpraxis verkauft. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Anja Rotman sagt: „Eine kleine Apotheke rechnet sich einfach nicht.“ Jahrelang stand sie quasi nonstop in der Offizin, machte so gut wie nie Urlaub, Foto: APOTHEKE ADHOC
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„Es gab viele Tränen hier.“ In fast neun Jahren hatte sie sich eine treue und begeisterte Stammkundschaft aufgebaut. Foto: APOTHEKE ADHOC
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In einem leeren Regal hielt am Ende nur noch ein kleiner Deko-Engel Wache. Foto: APOTHEKE ADHOC
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„Ich hatte immer von einer netten, kleinen Kiez-Apotheke geträumt“, sagt Rotman. Eine, in der man die Kunden noch kennt, weiß, wer gerade Großmutter geworden ist und wer demnächst ein Baby bekommt. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Auch das kleine Labor wurde geräumt. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Für die Zukunft ist Anja Rotman optimistisch. „Ab 1. Februar arbeite ich als Angestellte in einer Berliner Apotheke.“ 25 Stunden pro Woche. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Ihre Devise: „Man muss immer optimistisch sein! Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Anja Rotman vor einem Foto aus ihren Anfangstagen in der Wieland-Apotheke in Berlin. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Das Ende kam auch hier: Nach 304 Jahren musste Merten Thurmann im vergangenen Jahr seine Einhorn-Apotheke in Lippstadt schließen. Foto: Einhorn-Apotheke
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Von den Kunden verabschiedete er sich unter anderem via Traueranzeige. Foto: Einhorn-Apotheke
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„Ich bin im Rentenalter und habe einfach keine Lust mehr auf den Kampf mit den Krankenkassen und auf eine Politik, die uns im Stich lässt“, sagt der 65-Jährige. Die Politik hat das auch schriftlich. Sie schweigt. Foto: Einhorn-Apotheke
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Dabei wünschte sich der Apotheker nur eines: „Dass die Menschen nachdenken.“ Foto: Einhorn-Apotheke
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Wenn er von seiner schönen Apotheke berichtet, gerät er ins Schwärmen: „Die Ausstattung ist 180 Jahre alt, das ist ein Highlight in Lippstadt! Wir haben neugotische Schnitzereien aus Rosenholz, es gibt in ganz Deutschland keine gleichwertigen Schnitzereien. Foto: Einhorn-Apotheke
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Anlässlich des 300. Geburtstages hatte der Apotheker noch eine Festschrift zusammengestellt. Foto: Einhorn-Apotheke
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Da strahlte dieser Abschluss noch allen Zuversicht aus. Foto: Einhorn-Apotheke
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Enthalten ist zum Beispiel dieses Zitat, dass auch den Innenraum der Apotheke zierte. Foto: Einhorn-Apotheke
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Zudem gab es Bilder der alten Präparate, ... Foto: Einhorn-Apotheke
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... Bilder von alten Gerätschaften wie dieser Rezepturwaage mit Mörser und Pillenbrett, ... Foto: Einhorn-Apotheke
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... die alte Gründungsurkunde von 1712, ... Foto: Einhorn-Apotheke
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... die Approbationsurkunde des alten Apothekers von 1817, ... Foto: Einhorn-Apotheke
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... alte Holzstandgefäße ... Foto: Einhorn-Apotheke
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... oder auch diese alten Utensilien aus der Rezeptur. Foto: Einhorn-Apotheke
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Nach 419 Jahren musste auch die schöne Rats-Apotheke in Oldenburg schließen, weil sich kein Nachfolger fand. Foto: Torsten Werner
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Auch Apotheker Peter Niemeyer suchte monatelang vergeblich einen Filialleiter für seine zweite Apotheke – am 18. Mai musste er seine Löwen-Apotheke im hessischen Frankenau schließen. Foto: Kloster-Apotheke
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Mit dem Problem des Fachkräftemangels ist er nicht allein – in vielen Regionen suchen Apotheker händeringend nach Personal. Foto: Kloster-Apotheke
Berlin - Nach zehn Jahren schließt Apotheker Ulrich Doerner zum 30. Juni die Hof-Apotheke in Bad Mergentheim. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass eine Apotheke in einem Kurort in Baden-Württemberg in einem Haus von 1780 nicht eleganter und wirtschaftlich besser liegen könnte. Auf den zweiten Blick offenbaren sich die Probleme des 21. Jahrhunderts.
Die Apotheke hat sozusagen „Postkartenlage“, denn sie befindet sich im rechten der „Zwillingshäuser“ am historischen Marktplatz, die zu den Wahrzeichen der Stadt gehören. Gemeinsam mit dem imposanten Verkehrsamt im linken Haus ist es ein architektonischer Blickfang des Kurortes. Und genau da beginnen die Probleme, denn schön alt bedeutet für Menschen des 21. Jahrhunderts eben oft, dass es ganz schön schwierig sein kann, an den gewünschten Ort zu gelangen. „Ältere Menschen und Kunden mit Kinderwägen kommen nicht über die Stufen“, sagt Doerner.
Die Summe einzelner Probleme hat den Apotheker bewogen, den auf zehn Jahre geschlossenen Pachtvertrag nicht zu verlängern. „Unser Hauptarzt hat im vergangenen September geschlossen, weil er keinen Nachfolger fand“, listet er auf. „Wir haben keine Parkplätze, das ist heute wichtiger denn je für die Kunden. Und in einer neuen Einkaufs-Mall, die rund 400 Meter von uns entfernt ist, hat eine Apotheke eröffnet. Der Konkurrenzkampf in Bad Mergentheim ist in den vergangenen Jahren zunehmend härter geworden.“
Er hat lange überlegt, ob er den Pachtvertrag verlängern soll, die wirtschaftlichen Aspekte haben ihn schließlich überzeugt, künftig nur noch seine ein paar Gehminuten entfernte Rats-Apotheke zu betreiben. Den Abschied sieht er mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Es hat sich gezeigt, dass viele Kunden lieber in die Apotheke gehen, wo der Chef ist.“ Und da auch ein Chef sich nicht zweiteilen kann, hatte er oft 70-Stunden-Wochen.
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