Konzerne verkaufen illegale Antibiotika Marion Schneider, 09.02.2018 15:41 Uhr
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Problematische Wirkstoffkombinationen: Britische Forscher fanden heraus, dass internationale Konzerne in Indien nicht zugelassene Antibiotika verkaufen. Foto: Udoy Chatterji / pixelio.de
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Untersucht wurde der Zeitraum 2007 bis 2012. Negativer Spitzenreiter war Abbott mit 18 Wirkstoffkombinationen, die nicht von der indischen Arzneimittelbehörde zugelassen sind. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Ein bis drei nicht zugelassene Wirkstoffkombinationen hatten Pharmakonzerne wie Bayer ... Foto: Bayer
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... Sanofi-Aventis ... Foto: Sanofi
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... und Novartis am Markt. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Antibiotikaresistenzen stellen eine zunehmende Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar, denn immer mehr Erreger sprechen nicht mehr auf die gewohnte Therapie an. Foto: Melissa Brower/CDC
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Antibiotika können Leben retten – wenn sie korrekt eingesetzt werden. Hier ein Überblick über die gängigen Antibiotika aus dem Apothekenalttag. Foto: NIAID
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Gentamicin wird aus Micromonospora purpurea gewonnen und gehört zu den Aminoglykosiden. Der Arzneistoff wirkt bakterizid. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Penicillin – ein Klassiker. Das Antibiotikum wirkt bakterizid, indem es die bakterielle Zellwandsynthese durch Blockade der Penicillin-bindenden-Proteine hemmt. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Charakteristisch ist der Betalaktam-Ring. Phenoxymethylpenicillin ist säurestabil und damit oral anwendbar. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Sultamicillin ist ein oral applizierbarer Ester aus Ampicillin und dem Betalaktamase-Inhibitor Sulbactam, der im Körper schnell in seine Komponenten zerfällt und bakterizid wirkt. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Amoxicillin wirkt gegen gram-positive und gram-negative Krankheitserreger. Die Substanz wird zum Beispiel bei Infektionen des HNO-Bereichs und im Rahmen einer Helicobacter-pylori-Eradikation eingesetzt. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Cefuroxim ist ein Betalaktam-Antibiotikum. Eine optimale Resorption wird bei einer Verabreichung unmittelbar im Anschluss an eine Mahlzeit erzielt. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Clindamycin wird vor allem bei Infektionen des Zahn- und Kieferbereichs verwendet. Die Substanz wird hauptsächlich hepatisch eliminiert. Medikamente, die als Enzyminduktoren in der Leber wirken, verkürzen die mittlere Verweildauer des Wirkstoffs im Körper. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Ciprofloxacin – aus der Gruppe der Fluorchinolone. Bekannt ist der Arzneistoff für seine Komplexbildung mit Metallionen, worauf bei der Beratung hingewiesen werden sollte. Foto: HEC Pharma
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Erythromycin ist ein Makrolidantibiotikum. Für die perorale Behandlung kommen entweder magensaftresistente Arzneiformen oder säurefeste Derivate in Frage. Außerdem ist die Substanz ein CYP3A4-Hemmer, der die Biotransformation einiger Arzneistoffe beeinflusst. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Der Arzneistoff ist pH-abhängig zersetzungsempfindlich. Im Sauren und im stark Basischen ist er instabil durch intramolekulare Katalyse. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Clarithromycin entfaltet seine antibakterielle Wirkung, indem es an die 50S-ribosomale Untereinheit sensitiver Bakterien bindet und die Proteinsynthese unterdrückt. Es ist hoch wirksam gegen aerobe und anaerobe grampositive und gramnegative Organismen. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Oxytetracyclin wirkt über die Hemmung der Proteinbiosynthese durch reversible Blockade der Bindungsstelle der Aminoacyl-tRNA an der 30S-Untereinheit des Ribosoms, wodurch die Elongation der Peptidkette unterbrochen wird. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Fosfomycin stört die Mureinsynthese der Bakterienzellwand und wirkt bakterizid. Es wird bei akuten unkomplizierten Harnwegsinfektionen bei Frauen angewendet. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Vancomycin wird oral eingesetzt bei Darmentzündungen und drei- bis viermal täglich eingenommen. Die Substanz zählt zu den Glykopeptid-Antibiotika. Foto: Riemser
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Cotrimoxazol ist eine Kombination aus Trimethoprim und Sulfamethoxazol im Mengenverhältnis von 1 zu 5, da dies für die Wirkungssteigerung gegenüber den Erregern im Körper optimal ist. Standarddosierung: zweimal täglich eine Tablette. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Tyrothricin wird als lokales Antibiotikum genutzt und kommt auch in den Halstabletten Dortihricin vor. Die hauptsächlich enthaltenen Tyrocidine bewirken eine Freisetzung von stickstoff- und phosphathaltigen Substanzen aus den Bakterienzellen, welche die osmotische Barriere der Zellmembran zerstören. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Das Polypeptid-Gemisch besteht aus Tyrocidinen und Gramicidinen. Die Gramicidin-Komponente führt zu einer Entkoppelung der Atmungskettenphosphorylierung. Grafik: Wikipedia
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Ofloxacin gehört zu der Gruppe der Fluorchinolone und wird sowohl topisch als auch systemisch eingesetzt. Wenn gleichzeitig andere Ophtalmika angewendet werden, sollten circa 15 Minuten Zeitabstand eingehalten werden. Augensalben sollten immer zuletzt angewendet werden. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Levofloxacin ist das S-(-)-Enantiomer des Racemats Ofloxacin und wirkt als Fluorchinolon-Antibiotikum auf den DNS-/DNS-Gyrase-Komplex und die Topoisomerase IV. Foto: Hecpharm
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Kanamycin gehört zu den Aminoglykoside und stellt ein Gemisch aus Kanamycin A, B und C dar (enthält aber hauptsächlich Kanamycin A). Die bakterizide Wirkung ist gewährleistet durch Störung der Proteinbiosynthese am bakteriellen Ribosom und durch die Translationshemmung. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Cefpodoxim kann am am besten vom Körper aufgenommen werden, wenn die Tablette mit einer Mahlzeit eingenommen wird. Das Betalaktam-Antibiotikum gehört zur Gruppe der Oralcephalosporine. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Cefixim wird bei Infektionen der oberen und unteren Atemwegen, der Harnwege und bei Haut- und Weichteilinfektionen eingesetzt. Der Arzneistoff hemmt die bakterielle Zellwandsynthese. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Doxycyclin wird zum Beispiel bei Infektionen des Urogenitaltrakts oder des HNO-Bereichs eingesetzt. Da der Arzneistoff zwei- und dreiwertige Kationen komlexieren kann, sollten Milchprodukte und magnesiumhaltige Antazida in einem zeitlichen Abstand von zwei bis drei Stunden eingenommen werden. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Fusidinsäure wirkt bakteriostatisch durch Hemmung der bakteriellen Proteinbiosynthese. Sie wirkt gegen eine Reihe von grampositiven Bakterien und gramnegativen Kokken auch aus dem Bereich der Anaerobier. Sie besitzt keine Aktivität gegen andere gramnegative Bakterien und gegen Pilze. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Moxifloxacin wirkt bakterizid durch Hemmung der beiden Typ-II-Topoisomerasen (DNS-Gyrase und Topoisomerase IV), die bei der Replikation, Transkription und Reparatur der bakteriellen DNS benötigt werden. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Metronidazol wird zum Beispiel bei Trichomonias und bakterieller Vaginose verwendet. Der Arzneistoff führt nach Elektronenübertragung auf seine Nitrogruppe zu DNA-Strangbrüchen, was den Zelltod bewirkt und damit einen antimikrobiellen Effekt hat. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Rifampicin bindet an die bakterielle RNA-Polymerase und hemmt somit die bakterielle Proteinsynthese. Der Arzneistoff wird insbesondere zur Therapie der Tuberkulose eingesetzt. Foto: Riemser
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Synergistischer Effekt: Polymyxin B ist ein zyklisches Lipopeptid, das die Zellwand gram-negativer Bakterien penetriert und so die Membran des Zytoplasmas destabilisiert. Neomycin ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum, das seine Wirkung auf die Bakterienzellen in erster Linie durch Hemmung von Polypeptidsynthese und -aufbau auf den Ribosomen entfaltet. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - Internationale Pharmakonzerne verkaufen in Indien nicht zugelassene Antibiotika. Das geht aus einer Studie hervor, die jetzt im „British Journal of Clinical Pharmacology“ veröffentlicht wurde.
Die Forscher der Queen Mary University of London und der Newcastle University untersuchten, wie viele und welche Antibiotika in den Jahren 2007 bis 2012 in Indien, den USA und Großbritannien verkauft wurden. In Indien waren 86 Formulierungen mit einem einzigen Wirkstoff (Single Drug Formulation, SDF) und 118 Formulierungen mit einer Wirkstoffkombination (Fixed Dose Combination, FDC) auf dem Markt.
Insbesondere letztere werden mit zunehmenden Resistenzen in Verbindung gebracht. In den USA und Großbritannien waren im gleichen Zeitraum nur fünf FDC zugelassen. „Der Verkauf von ungenehmigten, nicht überprüften Antibiotika untergräbt Maßnahmen in Indien, um die Resistenz gegen antimikrobielle Mittel zu kontrollieren“, so Hauptautorin Dr. Patricia McGettigan.
Nur 43 der 118 FDC waren von der indischen Arzneimittelbehörde CDSCO zugelassen. Der Rest wurde illegal verkauft – darunter auch viele problematische Verbindungen. Insgesamt 300 Millionen Einheiten solcher illegalen Kombinationen wurden in den Jahren 2011 bis 2012 verkauft, das entspricht einem einem Drittel aller verkaufter FDC. Die meistverkauften Kombinationen waren Amoxicillin/Clavulansäure, Ampicillin/Cloxacillin, Trimethoprim/Sulfamethoxazol und Ofloxacin/Ornidazol.
Besonders brisant: Auch internationale Pharmakonzerne verkauften nicht zugelassene FDC. Die 118 Wirkstoffkombinationen wurden in Form von über 3300 Markenarzneimitteln verkauft. Unter den 476 Herstellern waren auch zwölf internationale Konzerne, unter anderem Abbott, AstraZeneca, Baxter, Bayer, Eli Lilly, GSK, Merck & Co., Novartis, Pfizer, Sanofi-Aventis und Wyeth. Der zwölfte Konzern wird in der Studie nicht genannt. Insgesamt gab es 20 nicht zugelassene FDC, die von den Konzernen vertrieben wurden. Spitzenreiter war Abbott mit gleich 18 illegalen FDC. Die anderen Hersteller verkauften jeweils ein bis drei nicht zugelassene FDC.
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