Schwangerschaftsvertretung

Babypause für die Chefin

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Berlin -

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein gesellschaftliches Thema – und bei 70 Prozent Frauenquote auch in den Apotheken relevant. Wer als Apothekenleiterin schwanger werden will, muss sich rechtzeitig um eine Vertretung kümmern. Kammern und Behörden machen normalerweise keinen Ärger. Schwieriger ist es mitunter, einen passenden Ersatz für sich selbst zu finden.

Der rechtliche Rahmen ist klar: Bekommt eine Apothekeninhaberin ein Kind, ist das ein anerkannter Grund, um sich länger als drei Monate vertreten zu lassen. Unter besonderen Umständen, etwa bei Alleinerziehenden, könne die Pause sogar über ein Jahr hinaus genehmigt werden, sagt Klaus Laskowski, Justiziar der Bayerischen Landesapothekerkammer.

Sollen aber Apothekerassistenten oder Pharmazieingenieure einspringen, muss die Apothekerin der Aufsichtsbehörde im Zweifelsfall hieb- und stichfest nachweisen, dass sie trotz rechtzeitiger und ernsthafter Bemühungen keinen Apotheker als Vertretung finden konnte. Wirtschaftliche Aspekte werden dabei nicht berücksichtigt.

Wer – wie viele kleinere und mittlere Apotheken – keinen passenden Kandidaten in den eigenen Reihen hat, muss sich extern nach einem Vertretungsapotheker umsehen. Vertrauen spielt dabei eine Rolle, aber auch die Vergütung und die Attraktivität des Arbeitsplatzes können entscheidend sein. „Es hängt viel vom eigenen Standort ab“, sagt die Inhaberin einer Apotheke am Stadtrand von Berlin. Im Stadtzentrum sei es kein Problem, einen Vertreter für die Leitung zu finden – Apotheken in Randbezirken müssten dagegen meist mit der Bezahlung hochgehen.

Ideal sei, den Vertreter aus dem eigenen Team oder aus dem Bekanntenkreis zu rekrutieren, gerade wenn es um vertrauliche Dinge wie zum Beispiel um die Buchführung gehe. „Ich hatte Glück und kannte jemanden für meine Vertretung, als ich Mutter geworden bin“, sagt sie. Die Genehmigung sei kein Problem gewesen.

Ihr Tipp: Man dürfe sich schon vor der Elternzeit nicht unersetzlich machen, sondern müsse auch lernen, Arbeit zu delegieren. Insgesamt sei es gut, das Kinderkriegen etwas länger zu planen – auch wenn sie das selber nicht getan habe.

Ein weiteres Problem: Die auf ein Jahr befristeten Stellen sind oft unbeliebt. Während Angestellte länger bleiben wollen, wollen sich professionelle Vertretungsapotheker nicht über Monate hinweg binden, um ihre Bestandskunden nicht zu verlieren. Ein Jahr lang Vertretung, das komme nicht infrage, sagt Waltraud Gerlach-Braun von der Vertretungsvermittlung Approtime. Doch auch kürzere Schwangerschaftsvertretungen, etwa über zwei Monate, würden selten gebucht.

„Ich vermute, dass Selbstständige eher versuchen, Approbierte in Teilzeit einzustellen“, sagt Gerlach-Braun. Denn auch nach der Schwangerschaft könnten Apothekerinnen mit Kind nicht rund um die Uhr in der Apotheke stehen. Eine weitere Erfahrung, die sie gemacht hat: „Die Selbstständigen stecken zurück.“ Inhaberinnen blieben oft bis kurz vor der Entbindung in der Apotheke und fingen nach zwei Monaten wieder an zu arbeiten, so Gerlach-Braun.

„Viele Inhaberinnen, die Mütter werden, suchen sich keine offizielle Vertretung“, weiß auch Dr. Kerstin Kemmritz, Apothekerin in Berlin und Vorstandsmitglied im Berliner Apotheker-Verein (BAV). Denn ein Approbierter sei teuer. Außerdem könne man seine Leitungsaufgabe auch mit Kind wahrnehmen: „Leitung heißt nicht hundertprozentige Anwesenheitspflicht“, sagt Kemmritz.

Um Mütter und Väter zu entlasten, schlägt sie vor, für Eltern den Kammerbeitrag für mindestens ein Jahr nach Geburt des Kindes anzupassen. Derzeit muss der volle Beitrag gezahlt werden – als Berechnungsgrundlage gilt der Umsatz. „Der ändert sich nicht, aber ich habe Mehrausgaben von 2000 bis 3000 Euro im Monat für einen Angestellten, der mich vertritt“, sagt Kemmritz. Das werde von der Kammer nicht berücksichtigt.

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