Tod nach intramuskulärer Injektion

500.000 Euro Schmerzensgeld nach septischem Schock

, Uhr
Berlin -

Tod nach fehlerhafter Injektion: Weil ein Hausarzt einem Patienten Solu-Decortin (Prednisolon, Merck) und Diclofenac mehrmals als intramuskuläre Injektion verabreicht hat, kollabierte der 50-jährige Patient. Der Mann verstarb aufgrund des Behandlungsfehlers. Der Mediziner wurde zur Zahlung von 500.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt.

Der Mann wurde aufgrund von akuten Rückenschmerzen verursacht durch einen langjährig bestehenden Bandscheibenvorfall von seinem Hausarzt behandelt. Der Mediziner injizierte dem Patienten innerhalb einer Woche viermal das Kortikoid und Diclofenac gleichzeitig in die Gesäßmuskulatur. Zu Hause kollabierte der Mann aufgrund eines schweren septischen Schocks und wurde mit Schüttelfrost, Atemschwierigkeiten und Schmerzen als Notfall in ein Krankenhaus aufgenommen. Dort musste der Patient sofort intensivmedizinisch behandelt werden, wie das Oberlandesgericht Celle mitteilt.

Infolge des Kollaps und eines multiplen Organversagens erlitt der Betroffene eine weitgehende Körperlähmung. Die Sepsis konnte auf einen sogenannten Spritzenabzess zurückgeführt werden. Der Mann musste mehr als ein Jahr künstlich beatmet werden – ohne Aussicht auf Besserung. Am Ende eines langen Leidensweges stand schließlich der ärztlich begleitete Freitod. Der Mann hinterlässt eine Frau und drei minderjährige Kinder. Die Erbengemeinschaft hatte den Mediziner vor dem Landgericht Lüneburg (LG) aufgrund eines Behandlungsfehlers zu Schmerzensgeld verklagt.

Das LG wertete die Behandlung des Mediziners als grob fehlerhaft und forderte einen Schadenersatz in Höhe von einer halben Million Euro. Die intramuskuläre Injektion der Arzneimittel widersprach aus Sicht eines beratenden Sachverständigen des LG dem fachlichen medizinischen Standard und den gängigen Leitempfehlungen. Solu Decortin sollte intravenös oder infundiert werden, eine intramuskuläre Gabe sollte nur in Ausnahmesituationen erfolgen, so die Fachinformation. Diclofenac sollte intraglutäal injiziert werden und die Patienten im Anschluss mindestens eine Stunde aufgrund des Risikos für anaphylaktische Reaktionen überwacht werden.

Der Arzt hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt – erfolglos. Das Oberlandesgericht hatte die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Das OLG Celle bestätigte das Urteil des LG. Es handele sich um einen groben Behandlungsfehler. Dabei käme es nicht darauf an, ob der Patient vorab den Injektionen zugestimmt habe. Denn eine kontraindizierte Behandlung sei nicht durch eine Einwilligung gerechtfertigt, so das OLG. „Dass der dramatische Krankheitsverlauf ungewöhnlich und nicht vorhersehbar gewesen sei, stehe der Haftung des Hausarztes ebenfalls nicht entgegen.“

Auch das zugesprochene Schmerzensgeld hält das OLG für angemessen. Schließlich müsse das extreme Leiden des Verstorbenen berücksichtigt werden. Dabei sei die Dauer des Leidensprozesses unerheblich. Schließlich habe der Patient den Freitod nur gewählt, um sein Leiden zu beenden.

Der Bundesgerichtshof hat laut OLG eine Beschwerde des Arztes gegen die Nichtzulassung der Revision durch die Richter in Celle mit dem Beschluss vom 12. März zurückgewiesen. Das Urteil ist somit rechtskräftig.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte